"Wir haben die russische Seite bereits darüber informiert." Am Sonntag hatte Russland die ukrainischen Streitkräfte aufgefordert, ihre Waffen in der östlichen Stadt niederzulegen. Die Bundesregierung kündigte an, dass sie der Ukraine erneut Defensivwaffen liefern werde. Diese sollen nicht mehr aus Bundeswehr-Beständen kommen.

Die Hafenstadt Mariupol mit ihren ursprünglich 400.000 Einwohnern gehört zu den am heftigsten von Russland bombardierten Städten bei der am 24. Februar begonnenen Invasion des Nachbarlandes. Seit Tagen gibt es neben schweren Kämpfen auch Berichte über fehlendes Wasser sowie den Mangel an Nahrung und Strom in der Stadt. Wereschtschuk sagte, dass am Sonntag weitere 7000 Menschen aus attackierten ukrainischen Städten in Sicherheit gebracht werden konnten, davon die Hälfte aus Mariupol. Am Montag sollten 50 Busse in die Stadt geschickt werden. Die Stadtverwaltung hatte am Wochenende angegeben, dass Frauen und Kinder nach Russland verschleppt würden. Der griechische Generalkonsul von Mariupol, Manolis Androulakis, verglich die Lage mit der in Guernica, Leningrad oder Aleppo, die durch den Krieg komplett zerstört worden seien.

Die Gespräche zwischen der Ukraine und Russland über einen Waffenstillstand sind nach Angaben des Sprechers des Präsidialamtes in Moskau, Dmitri Peskow, bislang ohne größeren Durchbruch geblieben.

RUSSISCHE ANGRIFFE AUCH AUF KIEW


In der Nacht auf Montag haben die russischen Truppen auch ihre Angriffe auf Kiew fortgesetzt. Ein Einkaufszentrum und Wohngebäude seien von russischem Beschuss getroffen worden, teilten die Behörden in der Hauptstadt mit. Dabei seien mindestens vier Menschen getötet worden. Das britische Verteidigungsministerin berichtete unter Berufung auf einen geheimdienstlichen Lagebericht von heftigen Kämpfen nördlich von Kiew. Der russische Vormarsch stecke aber weiter 25 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt fest.

Die Ukraine und westliche Länder sprechen von einem russischen Angriffskrieg. Russland bezeichnet sein Vorgehen dagegen als Spezialoperation zur Zerstörung militärischer Stützpunkte und zur Demilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine. In dem Krieg sollen nach Angaben der Ukraine und aus westlichen Sicherheitskreisen bereits mehrere Zehntausende Menschen gestorben sein. Eine unabhängige Überprüfung der Opferzahlen und der Lage ist derzeit nicht möglich.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Sonntag in einer Rede per Videoschaltung vor dem israelischen Parlament gefordert, dass sein Land ein modernes Luftabwehrsystem gegen Raketenangriffe erhalten solle, wie es Israel habe (Iron Dome). Außerdem forderte er Israel auf, sich den westlichen Sanktionen gegen Russland anzuschließen.

Selenskyj hatte vergangene Woche auch im Bundestag mehr militärische Unterstützung gegen die russischen Angriffe erbeten. Weitere Lieferungen würden sich an dem orientieren, was Deutschland bereits geliefert habe, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Bisher waren dies Panzerfäuste und Flugabwehrraketen. Er verwies auf Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, die gesagt habe, dass man entsprechende Waffen direkt bei Rüstungskonzernen bestellen könne. Lambrecht hatte erklärt, dass aus Beständen der Bundeswehr kein weiteres Material geliefert werden könne. Wie viel Geld die Bundesregierung für solche Waffenkäufe für die Ukraine ausgeben will, sagte der Regierungssprecher nicht. Die EU-Außenministerinnen und -minister wollten am Montag grünes Licht dafür geben, dass weitere Waffen im Umfang von 500 Millionen Euro für die Ukraine beschafft werden können.

USA, G7 UND EU PLANEN NEUE SANKTIONSRUNDE


Die Staaten der Europäischen Union wollen laut EU-Diplomaten diese Woche mit US-Präsident Joe Biden über ein Ölembargo gegen Russland beraten. "Wir arbeiten an einer fünften Runde von Sanktionen, und es werden einige neue Vorschläge gemacht", sagte ein hochrangiger EU-Diplomat. Allerdings betonte Regierungssprecher Hebestreit, dass die Bundesregierung weiter der Meinung sei, dass man derzeit auf Ölimporte aus Russland nicht verzichten könne. Ein gegen die russische Ölindustrie verhängtes Embargo würde nach Einschätzung des Präsidialamtes in Moskau die Energie-Balance in Europa erheblich beeinträchtigen. Geplant sind am Donnerstag in Brüssel ein Nato- und ein G7-Gipfel bevor der zweitägige EU-Gipfel beginnt. US-Präsident Biden sollte am Freitag nach Polen weiterreisen.

rtr