Wären die Schlangen vor den Friseurläden ein Maßstab dafür, dass es mit der Wirtschaft wieder bergauf geht, wäre eine Erholung nicht mehr fern. Weit vor Wiedereröffnung am Montag standen die Kunden in langen Reihen vor den Salons. Doch ist ein Friseurbesuch eher fürs persönliche Wohlbefinden und weniger für die wirtschaftliche Gesamtentwicklung usschlaggebend. Bedeutender ist hier die Autoindustrie. Vor den Autohäusern wurden Schlangen bislang nicht gesichtet. Ob sich das nach dem Autogipfel ändert?
Derweil geht das Auf und Ab an den weltweiten Börsen weiter. Bereits Ende vergangener Woche verzeichneten der Dow Jones und die Nasdaq Kursverluste. Für viele Investoren kommt die Gegenbewegung allerdings nicht überraschend. Trotz miserabler Konjunkturdaten hatte der S & P 500 im April knapp 13 Prozent, der Dow Jones etwas mehr als elf Prozent zugelegt. Damit hatten die Indizes ihre vorangegangenen Verluste zwar nicht wettgemacht. Allerdings erholten sie sich deutlich von ihren Tiefständen. Beim DAX ist das Bild ganz ähnlich. Ob es sich aktuell lediglich um eine normale Korrektur nach Kursgewinnen oder aber um einen kräftigen Schub in Richtung alter Tiefs handelt, ist noch nicht entschieden.
Erstes Medikament eingeführt
Ein wichtiger Faktor wird sein, ob es eine zweite Welle an Neuinfektionen gibt und wann ein Impfstoff zur Verfügung steht. Geht es nach US-Präsident Donald Trump, soll dieser bereits bis Ende des Jahres gefunden sein. Nicht immer wurden seine Prophezeiungen jedoch auch wahr. Eingeführt wurde in den USA ein Medikament von Gilead, das die Covid-19-Erkrankung verkürzen soll. Per Sonderzulassung der US-Arzneimittelbehörde kann das Mittel jetzt verabreicht werden. Eine offizielle Genehmigung gibt es allerdings noch nicht.
Mit entscheidend für den weiteren Verlauf der Börsen bleibt auch das Verhältnis zwischen den USA und China. Aktuell werden die Spannungen wieder größer. Die US-Regierung ist sich sicher, dass das Coronavirus aus einem chinesischen Labor stammt. Die Chinesen wehren sich und fordern Beweise für die Behauptung. Egal, wer letztlich recht hat. Was einem ohnehin verunsicherten Markt aktuell gerade noch fehlt, ist eine Eskalation im Zwist der beiden großen Volkswirtschaften. Donald Trump steckt in der Zwickmühle: Sicher ist ihm an einer Aufklärung gelegen. An weiteren Spannungen dürfte er jedoch wenig Interesse haben. Diese würden die US-Börse zusätzlich belasten, Trump aber braucht Argumente, um im November wiedergewählt zu werden. Viele potenzielle Wähler kommen zudem aus der von ihm präferierten Ölbranche. Diese braucht dringend seine Unterstützung: Die Industrie liegt am Boden. Speziell die Fracking-Branche kann nur bei deutlich höheren Preisen profitabel arbeiten. Nicht ausgeschlossen, dass der negative Ölpreis kein Ausrutscher bleibt und sich die Krise weiter verschärft.
Hart trifft der Ölpreis auch die ohnehin schwer angeschlagene Luftfahrtbranche. Treibstoff ist für sie einer der größten Kostenblöcke. Lange vor dem Verfall des Ölpreises sicherten sich die Gesellschaften daher ab. Jetzt, da die meisten Flieger ohnehin am Boden bleiben, müssen sie auch noch die hohen Preise für den Treibstoff bezahlen. Investorenlegende Warren Buffett hat bereits die Reißleine gezogen und sich von seinen Luftfahrtbeteiligungen getrennt. Auch bei der Lufthansa geht es darum, die Weichen zu stellen. Staatsbeteiligung oder Schutzschirmverfahren stehen zur Debatte.