Trotz stark steigender Inflationsdaten aus den USA nehmen die Indizes weiter Fahrt auf. Die Teuerungsrate in Übersee ist auf ein Niveau gestiegen, das es seit 13 Jahren nicht mehr gab. Ausgegangen wird allerdings immer noch davon, dass es sich lediglich um einen kurzfristigen Effekt handelt. Nach dem Ende des Lockdowns rechnen viele Experten mit Nachholeffekten beim Konsum. Das könnte die Preise kurzfristig antreiben, sich jedoch nicht nachhaltig auf die Inflation auswirken.
Und so scheint an der Börse immer noch die Sonne. Einer der Gründe für den weiteren Anstieg ist vor allem der, dass die Zentralbanken weiterhin an der ultra- lockeren Geldpolitik festhalten. Marktbeobachter gehen davon aus, dass die Notenbank in den USA am Mittwoch (nach Redaktionsschluss) nicht an der Zinsschraube drehen wird. Denn noch steht die konjunkturelle Erholung in den USA nicht auf sicheren Füßen. Und höhere Zinsen kann sich das Land auch aufgrund der hohen Verschuldung schlicht nicht leisten.
Eine kurzfristige Besserung im Verhältnis zwischen den G-7-Ländern, zu denen auch die USA gehören, und China scheint sich indes nicht abzuzeichnen. In der Abschlusserklärung des Treffens die- ser Staaten hieß es, dass man mit harter Hand gegen Menschenrechtsverstöße und unfaire Handelspraktiken vorgehen will. Ob es mal wieder bei Absichtserklärungen bleibt oder ob tatsächlich etwas unternommen wird, bleibt abzuwarten. Schließlich ist das wirtschaftliche Interesse der meisten Staaten groß, dass sich das Verhältnis nicht weiter abkühlt.
Zocker nehmen Kleinstwerte ins Visier
Einer gibt die Marschroute vor, die an- deren folgen: Auf der Plattform Reddit verabreden sich aktuell Spekulanten, um kleine Werte mächtig anzutreiben. Beste Beispiele: Windeln.de, Baumot oder Adler Modemärkte. Mit Kommentaren wie "To the Moon" oder "Wenn nicht jetzt, wann dann?" werden Teilnehmer der Plattform angestachelt, Aktien zu kaufen. Die allermeisten Titel sind extrem illiquide, sodass schon geringe Umsätze ausreichen, um große Kursschwankungen auszulösen. So lag der Kurs von Windeln.de Anfang Juni noch bei 0,85 Euro. Vier Tage später schloss der Aktienkurs bei 5,46 Euro. Doch es geht auch immer wieder schnell bergab. Zocker, die zu spät eingestiegen sind, haben dann das Nachsehen. Viele von ihnen verlieren schnell die Nerven, steigen zu früh aus und realisieren dann hohe Verluste.
Entscheidend für einen kurzfristigen Erfolg ist also nicht das Geschäftsmodell. Vielmehr werden die Titel durch Mundpropaganda angeheizt.
Schon einmal ins Visier der Spekulanten geraten ist Biofrontera: Mit seinem Listing in den USA zog der Titel bereits vor Monaten das Interesse der Reddit-Jünger auf sich. Jetzt laufen auch die Geschäfte wieder besser, sodass die Aktie erneut in den Fokus rücken könnte.
Ein anderer Fall ist Deutsche Familienversicherung: Zu Recht ist der Kurs zuletzt kräftig unter die Räder gekommen. Doch der größere Wettbewerber Lemonade aus den USA steht aktuell hoch in der Gunst der Zocker in Übersee. Wird hier eine Analogie hergestellt, kann das den Kurs des deutschen Versicherers ganz schnell antreiben.
Beim insolventen Ex-Handelsriesen Arcandor liegen milliardenschwere Verlustvorträge. Der Börsenwert beträgt hingegen lediglich noch rund acht Millionen Euro. Der Großaktionär Scherzer & Co versucht, diese Reserven zu heben. Auch das ist heißer Stoff für harte Spekulanten. Aber Vorsicht: Es kann immer auch in die andere Richtung gehen.