China erhöht den Druck: Heimische Tech- und vor allem Bildungsunternehmen bekommen aktuell die harte Hand der Machthaber zu spüren. So verordnete die Kartellbehörde etwa dem Internetkonzern Tencent eine hohe Geldstrafe wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens. Das Unternehmen soll zudem exklusive Musiklizenzrechte aufgeben. Die Aktie steht auf den Verkaufslisten der Anleger momentan ganz weit oben.

Noch härter als die Technologiewerte trifft es private chinesische Bildungsunternehmen: Binnen kürzester Zeit ging es mit dem Kurs der New Oriental Education & Technology Group um mehr als 50 Prozent nach unten. In Deutschland sackte er innerhalb eines Monats von 7,40 auf 1,40 Euro ab. Investoren sprechen von Schockwellen, die geradezu eine Panik im Markt ausgelöst hätten. Am Wochenende veröffentlichte die Regu lierungsbehörde ein Papier, in dem sie ankündigte, die Lehrpläne für private Bildungseinrichtungen fundamental verändern zu wollen. Peking will Firmen bestrafen, die mit Bildung viel Geld verdienen und an die Börse gehen. So wird es künftig börsennotierten Unternehmen untersagt, Kapital zu beschaffen, um dieses dann in Firmen zu investieren, die akademische Pflichtfächer unterrichten.

Damit folgt China einem altbekannten Muster: Das Land fördert zwar Innovationen und Wettbewerb stark, doch wer zu groß wird, bekommt die Macht der Regierung zu spüren. Zahlreiche Technologieunternehmen, wie der Fahrdienstvermittler Didi, hatten dies erfahren müssen. Erst vor Kurzem ist er in den USA an die Börse gegangen, und eigentlich standen die Ampeln auf Grün. Bis die chinesische Regierung eingriff. Ihr war der Börsengang ohnehin ein Dorn im Auge. Sie fürchtet, dass Didi gezwungen werden könnte, Daten herausgeben zu müssen. Zudem ärgert sie die Preissetzungsmacht des Unternehmens im eigenen Land. Die Konsequenz: Für Neukunden wurde die App in China gesperrt, weitreichende Untersuchungen sind angekündigt. Es ist nicht mal ausgeschlossen, dass der Börsengang in den USA wieder rückgängig gemacht werden muss. Anleger sollten momentan trotz der hohen Kursverluste mit Neuanlagen in chinesische Unternehmen noch vorsichtig sein. Besonders betroffen scheinen Dickschiffe wie Alibaba und eben auch Tencent zu sein, deren Marktdominanz der Politik nicht gefällt.

Große Hürde noch nicht genommen


Derweil weiß der Deutsche Aktienindex noch nicht so genau, in welche Richtung er sich bewegen soll. Nachdem es zunächst so aussah, als ob es lediglich eine Frage der Zeit sei, wann er die 15 000-Punkte-Marke wieder unterschreitet, startete er nur kurze Zeit später ein starkes Comeback. Auch dank der Europäischen Zentralbank, die ungeachtet steigender Preise und einer sich weiter erholenden Wirtschaft an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhält.

Dazu kommt, dass es bei den Unternehmen fundamental gut aussieht: Bislang gab es im zweiten Quartal kaum Enttäuschungen. Auch das Auftaktviertel des zweiten Halbjahresabschnitts sollte sehr gut ausfallen. Vor allem Dienstleister profitieren vom Ende des Lockdowns.

Und doch sollten sich Anleger nicht zu früh freuen. Weltweit steigen in vielen Ländern die Inzidenzzahlen wieder. Wie schnell sich das neue Freiheitsgefühl ändern kann, erfahren soeben die Mallorca-Urlauber. Ab sofort müssen Nichtgeimpfte wieder in Quarantäne. Erst wenn die alten Bestmarken im DAX nachhaltig überschritten sind, dürfte es wieder schneller bergauf gehen.