Der DAX hat also tatsächlich die nächste runde Marke geknackt: Über 16 000 Punkte ging es. Und das mitten im August, einem Monat, der eigentlich nicht in dem Ruf steht, für Börsianer besonders ertragreich zu sein. Im Gegenteil: Der August und insbesondere der September sind üblicherweise schwache Börsenmonate, die Aktienmärkte neigen dann oft zu Kursverlusten. Aber das eben nur im statistischen Schnitt. Und darauf hat der DAX in diesem Jahr keine Rücksicht genommen. Auch nicht darauf, dass der Anstieg auf das neue Allzeithoch ausgerechnet auch noch am Freitag, dem 13. gelang. So oder so: Jetzt ist sie also gefallen, die psychologisch wichtige Marke von 16 000 Punkten - der deutsche Leitindex hat sich damit seit seinem Corona-Tief nahezu verdoppelt.
Starke Berichtssaison
In den USA wiederum ist die Berichtssaison so gut wie beendet. In den zurückliegenden fünf Wochen haben rund 90 Prozent der Unternehmen des S & P 500 berichtet - und das Fazit fällt positiv aus. Was den Umsatz angeht, haben 86 Prozent der Unternehmen besser abgeschnitten als erwartet, bei den Gewinnen waren es gar 88 Prozent. Das aggregierte Umsatzwachstum beläuft sich auf 26,5 Prozent und das aggregierte Gewinnwachstum auf 107 Prozent. "Das ist dermaßen beeindruckend, dass wir die jüngste US-Berichtssaison als äußerst solide abhaken können", schreibt dazu die österreichische Raiffeisenbank.
Insbesondere die zuvor besonders gebeutelten Industrieunternehmen und der Sektor des zyklischen Konsums stechen laut Raiffeisenbank mit Wachstumsraten von 660 und 470 Prozent hervor. Allerdings gilt es zu bedenken, dass sich die Zahlen des Vergleichszeitraums im vorigen Jahr auf extrem niedrigem Niveau befanden.
Alles gut also? "Im Gegensatz zu früheren Haussen ist derzeit von Euphorie keine Spur. Eine spekulative Blase ist ebenso nicht zu erkennen", heißt es in einer Analyse der LBBW. Positiv wirken sicherlich die konjunkturstützenden Maßnahmen der Regierungen und Zentralbanken und die überwiegend über den Erwartungen ausgefallene Berichtssaison zum zweiten Quartal. Es gibt allerdings auch Punkte, die nachdenklich stimmen. Viele Volkswirtschaften scheinen die Wachstumsspitze mittlerweile überschritten zu haben. Die Industrieproduktion wird trotz hoher Nachfrage vielfach durch knappe Transportkapazitäten und Vorleistungsgüter ausgebremst. Außerdem ist die Inflation nach wie vor hoch, und gerade in den USA steigen die Löhne deutlich an, was im schlimmsten Fall zu einer Lohn-Preis-Spirale führen könnte.
Chaos in Afghanistan
Problematisch könnte schließlich auch noch die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan werden. So dürfte eine neue Flüchtlingswelle zu erwarten sein, die gerade Europa wieder vor große Herausforderungen stellen wird. Das könnte auch die rekordfreudigen Indizes DAX und Euro Stoxx belasten. Schließlich haben geopolitische Risiken auch an den Börsen immer wieder eine wichtige Rolle gespielt.
Trotzdem bleibt die Erwartung deutlich überdurchschnittlicher Wachstumsraten für dieses und das kommende Jahr bestehen. Der IWF geht von einem Weltwirtschaftswachstum in Höhe von sechs Prozent im laufenden Jahr und 4,9 Prozent 2022 aus.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com