Allerdings hängt der US-chinesische Handelskonflikt weiter wie ein Damoklesschwert über den Emerging Markets. Ohne eine durchgreifende Befriedung ist keine nachhaltige Aktienerholung in Asien und Lateinamerika möglich.

Der Dollar hat seinen Schrecken für die Emerging Markets verloren



Die Dollar-Abwertung gegenüber den asiatischen und lateinamerikanischen Währungen wirkt wie Balsam auf die Wirtschaftskraft der Emerging Markets. Ihr Schuldendienst auf die mehrheitlich in US-Dollar aufgenommenen Kredite verbilligt sich und zeitgleich nimmt das Interesse, wegen höherer US-Zinsen bei gleichzeitigen US-Währungsgewinnen Kapitalflucht nach Amerika zu betreibenden, rapide ab. Im Gegenteil, über Währungsgewinne ist es zu Kapitalzuflüssen mit Kursgewinnen an den Aktienmärkten Asiens und Südamerikas von gut sieben Prozent seit Jahresbeginn (Basis MSCI Emerging Markets Index) gekommen.



Erwartungen zukünftiger Zinssenkungen der Fed sprechen weiterhin für einen vergleichsweise schwachen, Schwellenländer-freundlichen US-Dollar. Ohnehin verfolgt Amerika mit dieser Geldpolitik eigennützige Ziele. Man will die Schwellenländer nicht gegen die USA aufbringen und in die Hände Chinas, dem neuen "Erzfeind" Amerikas, treiben. Washington kennt die zunehmende geostrategische Bedeutung der Region und will nicht zuletzt deren zunehmende Kaufkraft für seine Exportgüter nutzen.



Mit der Fremdhilfe der Fed müssen die Notenbanken der Schwellenländer keine eigenen Maßnahmen gegen ihre Währungsabwertung betreiben. Sie können eine geldpolitisch mindestens neutrale Haltung an den Tag legen, was bereits in Leitzinssenkungen in Indien zum Ausdruck kommt.



Auf Seite 2: Keine Sippenschaft mehr in den Schwellenländern





Keine Sippenschaft mehr in den Schwellenländern



Grundsätzlich haben die Emerging Markets einen hohen qualitativen Reifegrad erreicht. Früher noch hätten die (wirtschafts-)politischen Probleme in der Türkei oder Argentinien alle Schwellenländer mit dem Krisenvirus angesteckt. Mittlerweile jedoch differenzieren die weltweiten Anleger scharf und betrachten die jeweilige nationale Wirtschafts- und Finanzpolitik sehr genau.

Auf den ersten Blick ist die Konjunkturstimmung in den Schwellenländern laut Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe zwar angeschlagen. Bei genauerer Betrachtung bietet sich jedoch ein zweigeteiltes Bild.



In Indien sorgen eine stabile Binnenkonjunktur, Infrastrukturmaßnahmen und die Aussicht auf eine Wiederwahl der wirtschaftsfreundlichen Regierung unter Premierminister Modi im Mai für gute Stimmung, während auch in Brasilien der neugewählte Präsident Bolsonaro mit wieder zunehmender Haushaltsdisziplin, Bekämpfung der Korruption und der Nutzung der Rohstoffeinnahmen für den Aufbau einer nennenswerten Industrie positiv eingeschätzt wird.

In China ist zwar unverkennbar, dass der wirtschaftliche Erholungsprozess auch wegen des Handelskonflikts an Kraft verliert. Der Aufbau einer modernen und innovativen Binnenkonjunktur ist eben aufwendiger als nur die Drehbank der Welt zu sein. Das belastet aufgrund der immer engeren Handelsverflechtungen mit anderen asiatischen Volkswirtschaften wie Südkorea die gesamte asiatische Wirtschaftsregion. Allerdings hat die Regierung in Peking den Ernst der Lage bereits erkannt und arbeitet über gezielte Steuersenkungen zur Stabilisierung der Konsumnachfrage dagegen.

Bringt das chinesische Jahr des Schweins Asiens Schwellenländern Glück?



Das größte Wirtschaftsrisiko geht vom lähmenden US-chinesischen Handelskonflikt aus. Fatal wäre eine weitere sadomasochistische Runde Zoll-Ping-Pong ab 1. März, die nicht nur dem anderen, sondern auch einem selbst Schaden zufügt. Wenig ermutigend ist in diesem Zusammenhang ein Interview von US-Präsident Trump vom 7. Februar. Demnach hat Trump nicht vor, Chinas Staatschef Xi Jinping noch vor Ablauf der Frist im Handelsstreit Anfang März zu treffen. Auf die Frage, ob denn zumindest für irgendwann im März eine Zusammenkunft vorgesehen sei, antwortete Trump "Noch nicht. Vielleicht. Wahrscheinlich zu früh, wahrscheinlich zu früh." Trump scheint die aktuelle Wirtschaftsverlangsamung in China zu genießen und streut Salz in die chinesischen Wunden, um Peking vermeintlich gefügiger für einen Handels-Deal zu machen.

Allerdings muss auch China in puncto Daten- und Patentschutz sowie Öffnung seiner Beteiligungsmärkte deutliche Selbstkritik üben. Auch wenn Trump durch seine "herzhafte" Außendarstellung allen handelspolitischen Unmut auf sich zieht, besteht kein Zweifel, dass China auf dem Weg zu einer gewollten globalen Industrie- und Technologiedominanz eine eindeutige "China First"-Politik betreibt. Immerhin trifft sich nächste Woche in Peking erneut eine hochrangige Verhandlungsrunde, um handelspolitische Fortschritte zu erreichen.

Der tatsächliche Abschluss eines Handelsabkommens würde wie eine Bombe einschlagen und die Aktienmärkte der asiatischen Schwellenländer in die Höhe treiben. Diese politische Bringschuld muss jedoch erst erfüllt werden und dies bitte zügig.

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Asien oder Lateinamerika?



Zwar glänzt Brasiliens Aktienmarkt als einer der Top-Performer unter den Schwellenländern auch wegen einer gefestigten Rohstoffpreisentwicklung, die bei einem Abebben des Handelskonflikts weitere Dynamik aufnimmt und dann ebenso anderen rohstoffreichen Emerging Markets wie Russland zugutekommt.



Doch muss der neue brasilianische Staatspräsident Bolsonaro erst noch beweisen, wie viel Substanz hinter seinen Wirtschaftsambitionen steckt, die er im Wahlkampf vollmundig versprochen hat.

Im direkten Fundamentalvergleich trumpft eher Asien auf. In Indien und Indonesien werden längst konsumstarke Binnenmärkte aufgebaut. Zahlreiche Unternehmen aus China, Südkorea und Taiwan haben mittlerweile Spitzenpositionen in Zukunftsbranchen wie Internet, Elektromobilität und Digitalisierung inne, die dort im Vergleich zu Südamerika auf deutlich fruchtbaren Nährboden treffen. In Asien setzt man konsequent auf Standortverbesserung.

Hiervon kann insbesondere der Aktienmarkt Chinas profitieren, dessen schnell voranschreitende Marktreife in einem geplanten Ausbau der Anteile Chinas im MSCI Emerging Markets Index im August 2019 zum Ausdruck kommt. Die hiermit verbundene stärkere Beteiligung ausländischer und institutioneller Investoren über Indexfonds (ETFs) verleihen dem zuvor von Privatanlegern dominierten Markt mehr Stabilität.



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Nicht zuletzt sind Aktien der Schwellenländer im Vergleich zu den USA, Eurozone und Deutschland bewertungstechnisch mit deutlich niedrigerem Kurs-Gewinn-Verhältnis ausgestattet. Das verleiht ihnen grundsätzlich Nachholpotenzial. Der Begriff "Schwellenländer" passt ohnehin nicht mehr wirklich.





Die abnehmende Risikoaversion der Anleger zu Schwellenländern zeigt sich ebenso in einer klar rückläufigen Aktien-Volatilität.



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Marktstimmung - Es muss politisch geliefert werden



Die bislang noch unsichere Gemengelage lädt nervöse Anleger nach der jahresanfänglichen Entspannungs-Rallye zu Gewinnmitnahmen bei Aktien ein.

Nachdem in puncto Brexit-Frage bei der Parlamentsabstimmung gegen eine Verschiebung des Austrittstermins votiert wurde, scheint der Widerstand gegen diese Option allmählich zu bröckeln. Das gäbe der EU und Großbritannien Zeit, an einer "kreativen" Lösung der nordirischen Grenzfrage als offensichtlich heilige Kuh zu arbeiten. Allerdings steckt der Karren tief im Dreck. Gesichtswahrende Lösungen werden immer schwieriger zu erreichen sein.

Mit Blick auf die politischen Störmanöver gewinnen die Konjunkturängste in der Eurozone an Traktion. Die EU-Kommission hat ihre Wachstumsprojektion für 2019 von 1,9 auf 1,3 Prozent wegen markanter Reibungsverluste in Deutschland und Italien gesenkt. Zwar ist die Konjunkturlage besser als die -stimmung. Das zeigen auch die robusten deutschen Exportzahlen für 2018. Allerdings trübt zu viel schlechte Stimmung früher oder später auch die tatsächlichen Konjunkturdaten ein. Die Politik sollte schnellstmöglich liefern, damit nicht ohne Not das Rezessionswort in Mode kommt.

Immerhin, die Gleichung "Schwächere Konjunktur = ultralockere Geldpolitik" ist ein wichtiger Punkt auf der Habenseite der Aktienbörsen. Die Liquiditätshausse ist alles andere als tot.

Aus Sentimentsicht ist die Lage konstruktiv. Bei anhaltender Vorsicht signalisiert die gesunkene Absicherungsneigung institutioneller Anleger und eine Investitionsquote der US-Fondsmanager auf dem höchsten Niveau seit Oktober 2018 durchaus Zukunftsoptimismus. Auch der von Citigroup veröffentlichte Macro Risk Index als Maß für Risikostimmung an den Finanzmärkten - Indexwerte von größer als 0,5 deuten auf zunehmende Risikoabneigung und Werte kleiner als 0,5 auf steigende -freude hin - legt mit einem Umschwung aus dem Bereich "Risikoabneigung" in Richtung "Risikofreude" von 0,86 zu Jahresbeginn auf einen aktuellen Indexwert von rund 0,52 eine nachlassende Scheu vor Aktien nahe.



Charttechnik - Nervös



Charttechnisch trifft der DAX bei fortgesetzter Korrektur auf die erste Haltelinie bei 10.929 Punkten. Darunter befinden sich die nächsten Unterstützungen bei 10.780 und 10.387. Setzt sich die Erholung fort, trifft der Index bei 11.217 und 11.372 auf erste Widerstände. Können diese überschritten werden, trägt die Erholung bis zu den Barrieren bei 11.519 und 11.696. Erst oberhalb der Marke bei 11.600 Punkten verlässt der DAX den Abwärtsmodus.

Der Wochenausblick für die KW 7 - Keine Impulse von der Konjunkturfront



In China unterstreicht der sich beschleunigende Einbruch der Im- und Exportdaten die konjunkturellen Reibungsverluste aus dem Handelskonflikt mit den USA.

Aber auch in den USA schwächelt der Konjunkturoptimismus der Kleinunternehmen laut der National Federation of Independent Business. Dieses nicht einwandfreie Konjunkturbild findet Unterstützung durch erneut rückläufige Inflationsdaten, die die Entspannungspolitik der Fed unterstützen.

In der Eurozone und Deutschland deuten die immerhin stabilen BIP-Zahlen für das IV. Quartal nicht auf Rezession hin.

Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: https://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128

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Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank.