Aber das Mini-Plus um 0,2 auf 96,8 Punkte fiel überraschend gering aus. Es ist der dritte Anstieg in Folge - was unter Fachleuten als konjunkturelle Trendwende gilt. Ifo-Präsident Clemens Fuest warnte jedoch: "Die dritte Infektionswelle und Engpässe bei Vorprodukten dämpfen die Erholung der deutschen Wirtschaft." Die Bundesregierung blickt inzwischen positiver auf die Konjunktur, bleibt aber vorsichtiger als viele Ökonomen.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier legt seine Prognose für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) am Dienstag dem Kabinett vor. Für 2021 erwarte er 3,5 Prozent Wachstum und für nächstes Jahr 3,6 Prozent, sagte eine mit der Sache vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Im Januar war die Regierung nur von plus 3,0 Prozent für dieses Jahr ausgegangen. Die führenden Forschungsinstitute trauen der Wirtschaft sogar 3,7 Prozent Wachstum zu, das sich 2022 auf 3,9 Prozent beschleunigen dürfte.
INDUSTRIE BRUMMT - ABER VORPRODUKTE WIE CHIPS SIND KNAPP
Massive Lieferkettenprobleme belasten derzeit das Verarbeitende Gewerbe. "Die Industrie boomt, hat aber Probleme bei den Vorprodukten", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe zu Reuters. "45 Prozent der Industriefirmen klagen über Probleme - so viele wie nie zuvor." Engpässe gebe es etwa bei Halbleitern, aber auch mit vielen anderen Produkten. "Da ist Sand im Getriebe bei der Beschaffung, und zwar über fast alle Branchen hinweg." Dabei verbesserte sich die Auftragslage der Betriebe weiter, auch die Kapazitätsauslastung sprang deutlich auf 86,2 Prozent und liegt damit erstmals seit knapp zwei Jahren wieder über dem langfristigen Durchschnitt.
Wohlrabe sagte, die Exporterwartungen der Industrie seien weiter gestiegen. "Sie will auch mehr Leute einstellen." Der exportabhängige Sektor profitiert vom anziehenden Welthandel, wobei vor allem die Weichen in den beiden weltgrößten Volkswirtschaften USA und China auf Aufschwung stehen. Beide Länder sind auch die wichtigsten Abnehmer von Waren "Made in Germany". Von der Belebung im Verarbeitenden Gewerbe profitieren auch viele Dienstleister. "Die Logistik läuft im Schatten der Industrie sehr gut", sagte Wohlrabe. "Klassische Bereiche wie Gaststätten und Touristik leiden aber nach wie vor unter Corona-Beschränkungen."
Ökonomen hatten sogar mit einem Anstieg des Info-Index auf 97,8 Punkte gerechnet. Die Manager beurteilten ihre Lage zwar günstiger als im März, blickten aber skeptischer auf die Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate. Dies könnte Experten zufolge auch mit dem Infektionsschutzgesetz zusammenhängen, das die Service-Branche bremsen dürfte. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer unterstrich allerdings: "Die mittlerweile zügigen Impfungen machen aber Hoffnung, dass es mit dem Handel und anderen Dienstleistungen bald nach oben geht." Richtig Schwung sei ab Ende Mai zu erwarten. "Trotz guter Stimmung wird die Wirtschaft wohl weiter durchhängen, auch wegen Lieferkettenproblemen", sagte der Chefökonom vom Bankhaus Lampe, Alexander Krüger. "Entscheidend für den Konjunkturausblick bleiben rasche globale Impferfolge."
OPTIMISMUS BEI DIENSTLEISTERN
Im Dienstleistungssektor trübte sich die Stimmung im April erneut etwas ein. "Auch der zuletzt aufkeimende Optimismus ist wieder verschwunden", führten die Ifo-Experten aus. Im Handel zog das Geschäftsklima zwar leicht an - auch wegen der besseren Lage etwa von Autohändlern. Aber was den Blick in die Zukunft angeht, nahm der Pessimismus merklich zu, wie das Institut mitteilte. Am Bau verschlechterte sich demnach die Stimmung der Betriebe. "Auch hier berichteten viele Unternehmen von Materialknappheit."
Ökonomen rechnen nach einem Corona-bedingten BIP-Rückgang zum Jahresauftakt 2021 für das laufende zweite Quartal mit spürbarem Wirtschaftswachstum. Nach einem Minus von 2,5 Prozent erwartet Krämer für das Frühjahr ein Plus in gleicher Höhe. Derzeit stehen die meisten Mittelständler zwar besser da als noch im Herbst 2020, wie aus einer Umfrage der DZ Bank hervorgeht. Die Lage ist demnach aber weiter angespannt, was sich an der anhaltend hohen Kurzarbeit zeigt.
rtr