Der DAX ist eine Erfolgsgeschichte, daran besteht kein Zweifel. Seit seinem Start im Jahr 1988 kletterte der Index im Durchschnitt pro Jahr um rund 9,4 Prozent. Ende 1987 wurde der Index auf 1000 Punkte normiert - rund 28 Jahre später leuchten in Frankfurt 12.000 Zähler auf. Aber es geht noch besser. Der MDAX kletterte einer Analyse der LBBW zufolge um 11,7 Prozent p.a., wurde ebenfalls auf 1000 Punkte normiert und steht inzwischen bei rund 21.000 Zählern.



Bereits dieser kleine Vergleich zeigt, dass die zweite Reihe in Deutschland nicht unterschätzt werden darf. In den vergangenen Jahren haben sich viele Unternehmen im Mid Cap-Index als Weltmarktführer in ihrer Branche eine hervorragende Ausgangslage erarbeitet und profitieren nun entsprechend stark von der Abwertung beim Euro. Diese Entwicklung ist natürlich nicht neu, die Gemeinschaftswährung befindet sich bereits seit Sommer vergangenen Jahres auf Tauchfahrt gegenüber dem Dollar. Inzwischen wurden die besseren Absatzchancen in den Kursen eingepreist. Das Problem: Mit einem KGV von 19 liegt der Index nicht nur deutlich über dem 16-Jahres-Durchschnit von 14, sondern ist so teuer wie nie zuvor.

Euro als Zünglein an der Waage

Immerhin haben sich die Gewinnerwartungen zuletzt stabilisiert, vor allem aufgrund der günstigen Wechselkursveränderung. Hier lauert natürlich auch eine Gefahr. Inzwischen rechnen sehr viele Analysten beim Währungspaar Euro/Dollar mit Notierungen unter der Parität. Eine zügige Euro-Aufwertung hat hingegen kaum jemand auf dem Radar. Dabei wäre dies aus technischer Sicht nicht überraschend. Schließlich notiert der Euro an der Unterseite eines seit 2007 bestehenden Abwärtskanals, der bereits während des Crashs in 2008 und 2010 bestätigt wurde. Auch die Differenz von zuletzt bis zu minus 17 Prozent zur 200-Tage-Linie entspricht dem Niveau von 2008 und 2010. Damals kam es nach einer ähnlich kräftigen Abwertung zu einer ebenso dynamischen Erholung. Sollte sich die Geschichte wiederholen, müssten die Gewinnerwartungen deutlich reduziert werden.

Extremwerte weisen inzwischen auch andere Kennzahlen auf. Einer Analyse der Commerzbank zufolge erreichten zuletzt gut 30 Prozent der MDAX-Mitglieder neue Bewertungshöchststände beim Kurs-Buchwert-Verhältnis. Auch die Saisonalität spricht eher gegen eine Fortsetzung der Rally. Ähnlich wie in den USA neigen die Mid Caps auch in Deutschland in den Wintermonaten häufig zu einer Outpferformance, ab dem Frühsommer fahren Anleger hingegen meistens mit Blue Chips besser.

Das Fundament bekommt Risse

Flankiert wird die Ausgangslage von einer ausgereizten Markttechnik, die für eine Konsolidierung spricht. Mit dem Sprung über die Schwelle von 20.000 Punkten wurde zwar eine wichtige psychologische Hürde genommen. Zugleich hat sich der Index aber mit bis zu 24 Prozent sehr weit von seiner langfristig richtungsweisenden 200-Tage-Linie entfernt. Ähnliche Niveaus wurden seit Einführung 1996 nur 2003 und 2009 gemessen. In beiden Jahren erfolgte der Anstieg aber auf eine vorherige, scharfe Kurskorrektur und kann daher nicht mit der aktuellen Ausgangslage verglichen werden.

Eine Auswertung der 50 Indexmitglieder kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Mit Rhön-Klinikum, Gerry Weber, Klöckner und Südzucker notieren nur vier Titel noch unter ihrer 200-Tage-Linie. Eine weitere Verbesserung ist kaum noch möglich. Ermüdungserscheinungen sind bereits im kurzfristigen Horizont zu erkennen. Nachdem kürzlich noch nahezu alle MDAX-Aktien ihren Monatsmittelwert behaupteten, fiel der Wert zuletzt auf 24 Indexmitglieder. Die Marktbreite nimmt also allmählich ab und Investoren ziehen sich zurück.

Lediglich auf rein charttechnischer Basis ist bisher nur eine Seitwärtsbewegung zu sehen und noch kein Verkaufssignal. Der steile Aufwärtskanal ist intakt, der überkaufte Zustand könnte sich somit auch auf eine sanfte Art abbauen und nicht über Kursverluste. Sollten Gewinnmitnahmen einsetzen und fällt der Index per Tagesschluss unter die 21-Tage-Linie bei 20.540 Punkten, könnte eine größere Abwärtsbewegung einsetzen. Die Unterseite eines noch sehr unzuverlässigen Aufwärtskanals verläuft im Bereich der horizontalen Unterstützung bei 20.000 Punkten, die nächste relevante Nachfragezone liegt erst bei 18.550, darunter wäre sogar Luft bis zur 17.000er-Marke.

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Insgesamt betrachtet überwiegen die Argumente für eine Atempause. Um von einer Korrektur zu profitieren, bieten sich Put-Optionsscheine an. Entsprechende Papiere werden derzeit aber mit einer recht hohen Volatilität von mehr als 20 Prozent taxiert - der 12 Monats-Durchschnitt liegt bei 14 Prozent. Knock out Bear-Papiere sind hingegen kaum von der Vola betroffen, hier besteht nur das Risiko, einen Totalverlust zu erleiden, wenn der Basispreis erreicht wird. Es empfiehlt sich daher, auch zur Depotabsicherung, einen nicht zu aggressiven Schein zu nehmen. Die WKN HY7QNC bietet bei einem Basispreis von 24.687 Punkten und einem Knock out-Level von 24.580 einen Hebel von 5,1.



Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. www.index-radar.de