Deutschland baut eine neue Autobahn. Darauf sollen jedoch keine Autos fahren, sondern Daten. Schrittweise bindet die Bundesregierung Arztpraxen, Krankenhäuser und Apotheken an diese Datenautobahn an. Am Ende sollen alle über die sogenannte Telematikinfrastruktur vernetzt sein. Patientendaten, Diagnosen und verschriebene Medikamente sind dann für alle Beteiligten sichtbar.

Die Anbindung vor Ort richten zugelassene Dienstleister ein, zum Beispiel Compugroup. Das Unternehmen aus Koblenz hat drei Produkte im Angebot und seit Anfang des Baus 2018 bis zum Ende des ersten Quartals rund 46.000 Installationen in Arztpraxen vorgenommen. Compugroup ist hierzulande klar Marktführer. Das zeigt auch der Aktienkurs, der in den letzten zwölf Monaten um mehr als 55 Prozent zugelegt hat.

In diesem Jahr steht die Anbindung der rund 20.000 Apotheken sowie der knapp 2.000 Kliniken auf dem Plan. Compugroup kann noch einiges an Bestellungen erwarten, wenn auch nicht mehr so viele wie im vergangenen Jahr. Das schreckt Anleger bislang nicht. Das Unternehmen ist in 56 Ländern vertreten und macht damit auch in Märkten mit anderen Produkten Geschäfte, die bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland voraus sind.

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung über die Digitalisierung des Sektors in 17 Ländern sieht Deutschland sogar fast schon als Schlusslicht auf Platz 16. Wenn sich auch hierzulande Videosprechstunden wie in Israel oder Kanada etablieren und das elektronische Rezept wie geplant ab 2020 kommt, dürfte Compugroup mit den anderswo etablierten Produkten auch hier ganz vorn mit dabei sein.

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Wachstum mit Export


Seit dem Jahr 2007 hat sich das Exportvolumen des industriellen Gesundheitswesens nach Angaben des Wirtschaftsministeriums auf rund 57 Milliarden Euro fast verdoppelt. Auch deshalb setzen Medizinzulieferer wie Sartorius auf Auslandsmärkte. Nordamerika und Asien sind Schwerpunkte der Wachstumsstrategie des Göttinger Laborausrüsters. Zum fulminanten Umsatzwachstum von fast 17 Prozent auf 436 Millionen Euro im ersten Quartal trug der nordamerikanische Markt mit einem Plus von knapp 25 Prozent überdurchschnittlich bei. Der Grund war vor allem die Sparte Bioprocess Solutions, die Geräte zur Produktion von Medikamenten herstellt. Die Effizienz von der Planung bis zur Produktion geht ebenfalls mit der Digitalisierung einher, Sartorius tüftelt fleißig an der Vollautomatisierung der Wirkstoffherstellung.

Erst Anfang Mai hat der Konzern eine neue Software auf den Markt gebracht, die das Design von Wirkstoffexperimenten effizienter gestalten soll. Die neuen Produkte machen teils wett, dass Sartorius eine exklusive Vertriebspartnerschaft bei sogenannten Zellkulturmedien mit dem Schweizer Pharmazulieferer Lonza aufgekündigt hat - aber nur teilweise: Konzernchef Joachim Kreuzburg rechnet damit, dass sich das Wachstum im Jahresverlauf etwas reduzieren dürfte. Anleger sind bislang aber optimistisch geblieben und rechnen mit einer Anhebung der Prognose.

Eben auch, weil Sartorius wie andere heimische Medizintechnikunternehmen zu den innovativsten weltweit zählt. Nur die Wettbewerber in den USA halten mehr Patente als die heimische Industrie. Ein Drittel des jährlichen Branchenumsatzes von 85 Milliarden Euro machen die Firmen mit Produkten, die nicht älter als drei Jahre sind. Oft sind sie Technologieführer.

Ein weiteres Beispiel hierfür ist Carl Zeiss Meditec. Am Standort München entwickelt der Hersteller von augen­medizinischen Geräten Software für die Vernetzung - etwa die Plattform "Forum", auf der Daten gesammelt und Untersuchungsergebnisse diverser Geräte in Praxen und Kliniken zu finden sein werden. Das soll Augenärzte bei der Therapieentscheidung unterstützen. Vor allem aber begeistern digitale Sehhilfen für Chirurgen von Carl Zeiss, sie haben das Wachstum in der kleineren Sparte Mikrochirurgie zum Abheben gebracht.

Bis die neuen Entwicklungen vollumfänglich beim Patienten ankommen, dürften noch ein paar Jahre vergehen. Aber Anleger können sich mit den Branchenaktien einen Platz auf der Überholspur sichern.

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Investor-Info

Compugroup
Vernetzt vorn


Bei der Umsetzung des E-Health-Gesetzes, des Fahrplans für die Digitalisierung des Gesundheitswesens, hat sich der Spezialist für Medizintechniksoftware eine marktführende Position gesichert. Das Potenzial dürfte sich mittelfristig mit der Digitalisierung zeigen. Kurzfristig ist bereits mit höherer Profitabi­lität zu rechnen. Die Jahresprognose des Unternehmens ist mit fünf Prozent Umsatzwachstum konservativ. Zugreifen.

Sartorius
Gut gelöst


Das noch recht junge MDAX-Unternehmen ist fulminant ins neue Jahr gestartet: Der Umsatz stieg um knapp 17 Prozent, im Segment Bioprozesse ging es sogar um 21 Prozent voran. Zugleich verbesserte sich die Marge. Aktuell gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich das Wachstum abschwächen könnte. Dass Sartorius die Exklusivität mit dem Kooperationspartner Lonza aufgegeben hat, könnte leicht bremsen. Der Auftragseingang ist jedoch so hoch, dass eine Anhebung der Prognose nach dem zweiten Quartal wahrscheinlich ist.

Carl Zeiss Meditec
Laserscharf


Bei der Tochter des Messtechnikkonzerns Carl Zeiss überprüft das Management bereits offiziell das mittelfristige Margenziel von 14 bis 16 Prozent. Für das laufende Geschäftsjahr 2018/19 hat Carl Zeiss Meditec die Erwartung bereits auf einen Wert zwischen 15 und 17,5 Prozent angehoben. Neue Produkte etwa in der Laserchirurgie treiben das Geschäft. Im ersten Halbjahr erhöhten sich die Einnahmen um knapp neun Prozent. Der Gewinn stieg überproportional um mehr als 30 Prozent.