Sagenhafte Aussichten: Auf 1,3 Billionen Dollar soll sich der Chipmarkt bis 2030 mehr als verdoppeln. Bei den kleinsten Strukturen werden dann physikalische Grenzen erreicht. Wie sie überwunden werden können und wie Anleger größtmöglich profitieren
Zwei Nanometer, etwas kleiner als die DNA-Helix einer Zelle und viel kleiner als Viren: Auf diese Dimension wurden Transistoren, die kleinsten Einheiten auf Chips, inzwischen geschrumpft. Auf einen fingernagelgroßen Halbleiter passen 50 Milliarden davon. Mehr und kleinere Transistoren auf der gleichen Chipfläche, die weniger Strom verbrauchen und mehr leisten: Das ist technologischer Fortschritt. Gordon Moore, Mitgründer des Branchenriesen Intel, sah schon 1965 voraus, dass sich die Anzahl der Transistoren auf einem Chip jedes Jahr verdoppeln werde; inzwischen sind Dimensionen erreicht, in denen die Verdopplung nach dem sogenannten Moore’schen Gesetz drei Jahre und länger dauert. Vor allem weil sich die Konzerne bei der anspruchsvollen Gratwanderung der Miniaturisierung der kleinsten Einheiten nun physikalischen Grenzen nähern.
Kleinere Transistoren, viel höhere Kosten
Sogenannte Drei-Nanometer-Chips werden in den modernsten Smartphones verbaut. Sie verbessern die Rechen- und Speicherleistung und die rasante Auswertung von gewaltigen Datenmengen mit künstlicher Intelligenz (KI) in der Cloud. Der Chipauftragsfertiger Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) tastet sich bereits in die 1,4-Nanometer-Dimension vor. Zwei Nanometer kleine Chips haben IBM, TSMC und Samsung Electronics bereits vorgestellt. Auch Intel ist mit seinem A18-Chip seit Kurzem zurück in diesem Wettbewerb. Die Chipfertigung im Nanobereich kostet Milliarden, und der Aufwand steigt exponentiell: Bei Zehn-Nanometer-Chips sind es nach Schätzungen von McKinsey 174 Millionen Dollar für die Entwicklung, 1,7 Milliarden für die Fertigung; bei fünf Nanometern 540 Millionen in der Entwicklung, 5,4 Milliarden in der Produktion. IBM lässt bei Samsung und TSMC fertigen. Als Marktführer produziert TSMC rund 90 Prozent der fortschrittlichsten Chips mit kleinsten Transistoren.
Der Schlüssel in die Genomdimension
Möglich ist die Reise in die Dimensio- nen von Genomen in der Chipwelt nur mit den komplexen Maschinen des Lithografiespezialisten ASML. Um kleinste Strukturen, die sich bei 1,5 Nanometern der Größe von Atomen nähern, auf die Siliziumscheiben für Chips zu übertragen, nutzen die Niederländer extrem kurzwelliges UV-Licht (EUV). Konkurrenten muss der Weltmarktführer in diesem obersten Segment der Lithografie nicht fürchten. Die Eintrittshürden, sind, ähnlich wie bei der Fertigung der modernsten Chips, sehr hoch. ASML entwickelt die Technologie seit mehr als zehn Jahren in einer Allianz mit dem Maschinenbauer Trumpf und dem Optikspezialisten Zeiss. Dabei wurden und werden die beteiligten Firmen von Kunden finanziell unterstützt, weil die Branche vom EUV-Potenzial überzeugt ist. Ähnlich ist es auch bei TSMCs künftiger Chipfabrik (Fab) in Dresden. Der Auftrags- fertiger hält 70 Prozent der Anteile, die Kunden Bosch, Infineon und NXP Semiconductor jeweils 10 Prozent. Die neuen Maschinen von ASML sollen ab 2025 in großer Anzahl verfügbar sein. 2002 investierten die Niederländer 3,3 Milliarden Euro — rund 15 Prozent des Umsatzes — in die Entwicklung der Maschinen, die ab 2025 auch die Massenfertigung der Zwei-Nanometer-Chips ermöglichen sollen.
Nanometerwelt der Chips
Eine Million Nanometer sind ein Millimeter. Mit extrem kurzwelligem UV-Licht (EUV) werden auch die Strukturen von Zwei-Nanometer-Transistoren auf Silizium übertragen.
Größe einer Fingerkuppe
Milliarden von Transistoren, zehn Nanometer klein, passen auf diesen Chip
Transistor
Die kleinste Einheit auf Chips, zwei Nanometer sind jetzt auch möglich
Viren
messen im Schnitt 14 Nanometer und sind um ein Viel- faches größer als die kleinsten Transistoren
DNA-Doppelhelix
das Genom einer Zelle, ist etwas größer als die kleinsten der heutigen Transistoren
Gartenameise
Die Länge ihrers Körpers variiert zwischen drei und fünf Millimetern. Das entspricht drei bis fünf Millionen Nanometern
Bis 2025 soll Intels Chipfertigungstechnologie auf Augenhöhe mit TSMC sein
TSMC, Intel, SK Hynix, Micron und Samsung haben die Maschinen, die pro Stück mehrere Hundert Millionen Dollar kosten, bereits geordert. ASML setzt darauf, dass sich der globale Chipmarkt bis 2030 von rund 600 Milliarden auf 1,3 Billionen Dollar mehr als verdoppelt. Der Konzern hat einen Auftragsbestand von mehr 40 Milliarden Dollar und investiert bis 2025 vier Milliarden, um den technologischen Vorsprung zu wahren. Intel hatte die Niederländer — anders als TSMC und Samsung — 2007 unterschätzt und setzt erst seit Kurzem mit Milliarden für neue Fabs auf die EUV-Technologie. Der Konzern hofft, in Rekordzeit, möglichst schon 2025, technologisch mit TSMC auf Augenhöhe zu sein. Die Amerikaner wollen an zwei Fronten Marktanteile zurückerobern: bei Chips für Computer und Netzwerkrechner (Server) von AMD und Nvidia, als Auftragsfertiger von TSMC und Samsung. Chef Pat Gelsinger, der viele von Intels prägenden Chiparchitektu ren mitentwickelt hat, räumte dafür am Firmensitz im kalifornischen Santa Clara mit vielen Traditionen auf. Unter anderem beschloss er, das Design und die Fertigung von Halbleitern konzernintern zu trennen. So muss keiner der Bereiche auf den anderen Rücksicht nehmen.
Wie Intel-Rivale AMD nun auch KI-Primus Nvidia angreift
Der nach Umsatz deutlich kleinere Konkurrent AMD hat seine Chipfertigung schon lange an TSMC ausgelagert. Seit Jahren jagt der Konzern, der auf die gleiche Grundarchitektur wie Intel setzt, dem größerem Wettbewerber bei PCs und Servern Marktanteile ab. An der Börse ist AMD inzwischen sogar mehr wert als der Nachbar aus Santa Clara. Die jüngst von AMD vorgestellte erste Familie von KI-Chips für Server, die den bisher von Nvidia dominierten neuen Wachstums- markt ins Visier nimmt, kommt gut an. AMD setzte 2022 rund 23,6 Milliarden Dollar um und schätzt das Marktpotenzial für KI-Chips auf ein Vielfaches: rund 400 Milliarden Dollar. Diese Chance will sich auch Intel nicht entgehen lassen. Jüngst stellte der Konzern KI-Chips für PCs vor, die für Server dürften bald folgen. Doch Analysten trauen dem weltweit wertvollsten Halbleiterkonzern Nvidia, dessen begehrter KI-Chip Umsatz und Gewinn kräftig anschiebt, zu, seine Dominanz zu verteidigen. Dank KI-Chips soll sich der Erlös im Geschäftsjahr bis Januar 2024 auf 59 Milliarden Dollar knapp verdoppeln, der Nettogewinn um das 3,3-Fache auf 30,6 Milliarden zulegen. Im neuen Jahr soll sich der Trend fortsetzen. Nvidia liefert mehr als 90 Prozent der Hochleistungsgrafikchips und entwickelte 2006 mit Cuda eine Software, um die auf die schnelle Verarbeitung großer Datenmengen ausgelegte Architektur seiner Chips in neue Märkte zu übertragen: das Schürfen von Kryptowährungen, das Metaverse und jetzt eben KI. Entwickler nutzen Cudas 250 Softwarebibliotheken. Das erhöht die Eintrittsbarrieren für Konkurrenten deutlich.
Moat-Könige mit hohen Margen
ASML, TSMC und Nvidia prägen den Fortschritt in der Chipentwicklung und sind auf neue Trends gut vorbereitet. Sie verfügen über nachhaltige Wettbewerbs- vorteile, im Branchenjargon „Economic Moats“ (wirtschaftliche Burggräben) genannt. Im Geschäft bringt das hohe Margen, an der Börse Wertsteigerungen. Bei der Automatisierung des Chipdesigns wiederum sind Cadence Design Systems und Synopsys sogenannte Moat- Könige. Automatisierung verkürzt die Entwicklungszeit und senkt die Kosten. Das treibt das Geschäft der beiden Firmen, die 65 Prozent des Erlöse dieses Marktes unter sich aufteilen. Dank hoher Margen und Cashreserven erweitern sie ihre Expertise auch mit Zukäufen. Synopsys ist etwas breiter aufgestellt als Cadence. Bei Transistoren nähert sich TSMC in der Forschung der 1,4-Nanometer Dimension. Bei einem Nanometer werde das Moore’sche Gesetz endgültig enden, sagen Experten. Der größte Ausrüster der Chipindustrie Applied Materials und ASM International (ASMI) arbeiten an neuen Strukturen für Transistoren — sie heißen GAA und CFET—, um die Leistungsfähigkeit moderner Chips nach dem Ende der Miniaturisierung weiter zu erhöhen. Applied Materials besetzt 80 Prozent des Marktes für GAA-Werkzeuge, ASMI 16 Prozent. Die Massenfertigungen der beiden Architek- turen sollen 2025 und 2028 starten. Dafür sind auch extrem dünne Schichten, sogenannte Atomlagenabscheidungen (ALD), notwendig. In dieser Nische dominiert ASMI mit 48 Prozent den Markt. Innovation endet nie.
Börse Online Chip Power Zertikat
Mit dem von der Redaktion konfigurierten Halbleiter-Index Börse Online Chip Power (WKN DA0ABM) profitieren Anleger von Wertsteigerungen im Chipsektor. Das Portolio nach aktueller Gewichtung: AMD (9,13 %); Qualcomm ( 7,40 %); Intel (7,34 %); KLA-Tencor (7,20 %)
Nvidia (7,19 %); TSMC (7,05 %); Marvell Technology Group ( 7,04 %); ASML (6,92 %); Applied Materials (6,51 %); Infineon (6,10 %); Samsung Electronics (6,07 %) Synopsys (6,03 %); Texas Instruments ( 5,87 %); STMicroelectronics (5,54 %); Wolfspeed (4,61 %).
Wikifolio Euro am Sonntag Next Gen Tech
Mit dem Wikifolio Euro am Sonntag Next Gen Tech (WKN LS9SHB) soll im globalen Technologiesektor mit Schwerpunkten bei Software und Halbleitern sowie deren Zulieferindustrien investiert werden. In der Regel sollen das Aktien von Firmen sein, die stark wachsen könnten, weil sie Technologietrends prägen, begründen oder mitbestimmen. Grundsätzlich kommen alle Bereiche in Frage, wo man aus unserer Sicht mit technologischem Fortschritt oder Umbrüchen hohe Wertsteigerungen erreichen kann. Das Wikifolio wurde von der Redaktion zusammengestelllt und wird vom Autor des Artikels, Klaus Schachinger, betreut. Mit dem Zertifkat auf das Portfolio von Euro am Sonntag Next Gen Tech (WKN LS9SHB) können Anleger von der Wertentwicklung des Portfolios profitieren. Euro am Sonntag Next Gen Tech enthält aktuell folgende Aktien (in alphabetischer Reihenfolge): AMD; Aixtron; Alphabet, Amazon, Apple; Applied Materials, Arista Networks; ASML, BMW, Constellation Software; Elastic, Ferrari, Infineon, Intel, Mercedes-Benz, Microsoft, Nvidia, ON Semiconductor, Onto Innovation, Palo Alto Networks, Salesforce, Servicenow und Synopsys. Die Autobauer BMW, Mercedes-Benz und Ferrari wurden aufgrund des Elektromobiltäts-Trends aufgenommen. Weitere Infos unter: www.wikifolio.com
Wikifolio Euro am Sonntag Moat Kings
Anlegende Warren Buffett bezeichnet besonders stabile und für Konkurrenten kaum einholbare Wettbewebsvorteile eines Unternehmens als "economic moat". Die beiden Diabtes-Riesen Novo Nordisk haben ihre "moats" in der Pharmabranche erfolgreich auf den neuen Wachstumsmarkt für Schlankmacherwirkstoffe übertragen, sie haben diesen Markt begründet und müssen nun voraussichtlich erst ab 2027 mit ersten Konkurrenten rechnen.Beide Werte tragen derzeit wesentlich zur Wertentwicklung des Wikifolios Euro am Sonntag Moat Kings bei. Mit dem entsprechenden Zertifikat auf das Wikifolio Euro am Sonntag Moat Kings (WKN LS9SWT ) können Anleger von der Wertentwicklung des Portfolios profitieren. Aktuell im Wikifolio enthalten sind neben Novo Nordisk, Eli Lilly folgende "Moat-Könige" (alphabetisch): Adobe, Amazon, Apple, ASML, Berkshire Hathwaway, Blackrock, Costco Wholesale, Ferrari, General Electric, Linde, LVMH, Microsoft, MSCI, Nvidia, MSCI Global, Synopsys und Visa. Weitere Infos unter: www.wikifolio.com
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