Das Comeback des Gesundheitskonzerns Fresenius geht in die nächste Runde. Vor allem die Sparte Kabi, aber auch die Möglichkeit weiterer Abspaltungen verschaffen der DAX-Aktie Kurspotenzial. Das sollten Anleger jetzt wissen. Von Sven Parplies

Die nächste Phase des Wendemanövers hat begonnen: Nachdem Fresenius über die vergangenen beiden Jahre weniger lukrative Geschäftsbereiche abgestoßen hat, richtet sich der Fokus von Konzernchef Michael Sen jetzt auf Wachstum und Produktivität.

Ein klares Zeichen setzt die Dividende: Einen Euro je Aktie wollen die Bad Homburger im Mai ausschütten — so viel wie nie zuvor und mehr als von Analysten erwartet. Umsatz und Gewinn lagen im vergangenen Quartal derweil leicht über Konsens. Bei Börsianern kommt die Bilanzpräsentation von Sen gut an — am Ende des Handelstags ist die Aktie um fast sechs Prozent gestiegen.

Fresenius (WKN: 578560)

Geniale Comeback-Story bei DAX-Aktie Fresenius

Fresenius ist eine Comeback-Story. Lange war der Gesundheitskonzern ein zuverlässiger Wachstumswert. Von acht Euro zu Beginn des Jahrtausends stieg der Aktienkurs auf fast 80. Im Sommer 2017 der Wendepunkt: Das Konglomerat ist zu kompliziert geworden, die Verschuldung zu hoch. Die Corona-Pandemie versetzt einen zusätzlichen Schlag. In der Spitze verliert die Aktie drei Viertel an Wert. Im Herbst 2022 übernimmt Sen, ein ehemaliger Siemens-Manager, den Chefposten und entrümpelt. Die Klinikkette Eugin oder auch die Sparte Vamed werden abgestoßen. Der Dialysespezialist Fresenius Medical Care (FMC), an dem Fresenius knapp ein Drittel der Anteile hält, wird in der Bilanz inzwischen nur noch als Finanzbeteiligung geführt. Einfacher, fokussierter und stärker sei Fresenius heute, heißt es aus dem Konzern.

Wichtigster Wachstumstreiber ist die Sparte Kabi. Dort produziert Fresenius Medikamente und Medizinprodukte zur Infusion, Transfusion und klinischen Ernährung. Zielgruppe sind schwer und chronisch kranke Menschen. Eines der wichtigsten Produkte ist das Medikament Tyenne zur Behandlung rheumatoider Arthritis. Solche biotechnologisch hergestellten Generika dürften auch bei Investitionen einer der Schwerpunkte von Fresenius sein. Eine operative Marge von 15,7 Prozent warf die Kabi im vergangenen Jahr ab. Längerfristig sollen es 16 bis 18 Prozent werden, kündigt Sen jetzt an. Bislang galt eine Spanne von 14 bis 17 Prozent als Ziel.

Strategische Optionen – so viele Kurschancen sind bei der Fresenius-Aktie jetzt drin

Das zweite Standbein von Fresenius, der Krankenhausbetreiber Helios, betreibt in Deutschland und Spanien fast 140 Kliniken und mehr als 350 medizinische Versorgungszentren. Das Ebit der Sparte war im vergangenen Quartal mit 339 Millionen Euro fast genauso hoch wie bei Kabi, allerdings bei einer mit etwas mehr als zehn Prozent deutlich niedrigeren Marge. Ein Effizienzprogramm soll im laufenden Jahr rund 100 Millionen Euro zum Ebit von Helios Deutschland beisteuern.

Trotz der Verschlankung des Konglomerats gibt es für die Zukunft weitere strategische Optionen. Sinnvoll wäre die Abspaltung von Helios. Auch der Verkauf der Beteiligung an FMC würde an der Börse wohl gut ankommen. Mit den Erlösen könnte Fresenius die Schulden weiter senken und Investitionen in Kabi finanzieren. Sen kann sich ohnehin Zeit lassen. Die Entwicklung bei FMC ist positiv, der optimale Zeitpunkt für einen Verkauf des Pakets darum wohl noch nicht gekommen. Ein „schönes Investment mit Wertpotenzial“ sei FMC, betont Sen. Auch bei Helios gibt es keinen Druck, schon jetzt zu handeln. Für den Gesamtkonzern stellt Sen im laufenden Jahr ein organisches Umsatzwachstum von vier bis sechs Prozent, ein währungsbereinigtes Ebit-Wachstum von drei bis sieben Prozent in Aussicht. Damit ist Fresenius auf einem guten Weg, wieder das zu werden, was den Konzern unter Börsianern beliebt gemacht hat: ein defensiver Wachstumswert.

Trotz der seit knapp einem Jahr laufenden Erholungsrally ist die Aktie nicht teuer. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt auf Basis der Analystenschätzungen rund zehn Prozent unter dem lang jährigen Schnitt. In guten Zeiten lag das KGV sogar über 20, also deutlich höher als heute. Die Redaktion sieht aufgrund des moderaten Bewertungsniveaus weiter Aufwärtspotenzial. Wir erhöhen unser Kursziel und liegen leicht über dem Analystendurchschnitt. Den Stoppkurs ziehen wir auf ein Niveau knapp unterhalb des Sechsmonatstiefs der Aktie nach. Ein Kursziel von 45 Euro bietet jetzt rund elf Prozent Luft nach oben.

Übrigens: Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Print-Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Diese finden Sie hier

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