Immobilienaktien stehen oft in der Kritik der Öffentlichkeit. Das gilt insbesondere in Zeiten wie diesen. Denn es hilft den Wohnungssuchenden beim Frustabbau, einen Sündenbock zu haben, wenn Mieten und Immobilienpreie immer weiter steigen.
Im Falle von DAX-Mitglied Vonovia ist das nicht anders. Jedenfalls stößt man beim Googeln zu Deutschlands führendem Wohnungsunternehmen schnell auf eine lange Mängelliste der Mäkler. So gibt es Kritik an der Handhabung der Kosten bei Instandhaltung und Modernisierung, an der Abrechnung von Nebenkosten sowie allgemein am Kundenservice.
Auch beim laufenden Übernahmeversuch des Konkurrenten Vonovia läuft längst nicht alles reibungslos ab. Mit dem Vorgehen beim Vorhaben, die beiden gemessen am Marktwert größten börsennotierten Immobiliengesellschaften Europas zusammenzuschließen, sind jedenfalls nicht alle Beteiligten zufrieden. Manche Altaktionäre der Deutschen Wohnen fühlen sich ausgetrickst und übervorteilt.
Das Ziel bis 2050 ist ein klimaneutraler Gebäudebestand
An einer anderen Stelle bemüht sich Vonovia aber darum, das eigene Image wieder aufzupolieren. Gemeint sind damit die ESG-Kriterien, worunter man die Berücksichtigung der Bereiche Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) versteht. .Auch unter dem Begriff Nachhaltigkeit zusammengefasst, handelt es sich dabei um Aspekte, die für Anleger beim Investieren zunehmend an Bedeutung gewinnen.
So versuchte man im September gleich mit zwei Meldungen rund um das Thema Klimaschutz zu punkten. In der ersten Nachricht teilte man mit, zusammen mit EON, Evonik, RWE, Thyssenkrupp, dem Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion, dem RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung die grüne Transformation an Rhein und Ruhr beschleunigen zu wollen. Das Ziel des Projektes lautet, das Ruhrgebiet zu dem Industrie-, Wohn- und Lebensraum mit CO2-freiem Wasserstoff in Deutschland zu machen und damit Maßstäbe für eine Wasserstoffwirtschaft in industriellen Ballungsräumen zu setzen.
In der zweiten Nachricht verkündete Vonovia, auf dem Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand jedes geeignete Dach im Portfolio mit Photovoltaik-Modulen auszustatten. Die jährliche Installationskapazität steigt hierfür bis 2024 auf das Zehnfache. Dadurch können bereits ab 2030 jährlich 194 Mio. kWh erzeugt und 76.500 t CO(2) vermieden werden. Bis 2050 sollen alle geeigneten 30.000 Dächer mit Photovoltaik-Anlagen bestückt sein.
Wie es in einer Meldung der Agentur Dow Jones dazu ergänzend heißt, hat Vonovia seit 2018 bereits insgesamt 16 Millionen Euro investiert, um auf über 1.000 Dächern Photovoltaik-Anlagen zu installieren. Laut eigenem Nachhaltigkeitsbericht lautet die Vorgabe, bei den Bestandsgebäuden die CO2-Intenstität jährlich zu verringern und bis 2050 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen.
Nachhaltigkeits-Performance-Index ergänzt finanzielle Kennzahlen als Steuerungsgröße
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass man das interne Steuerungssystem zum Geschäftsjahr 2021 um nichtfinanzielle Steuerungskennzahlen ergänzt hat. Dadurch dient künftig der Nachhaltigkeits-Performance-Index konzernweit gleichwertig neben den finanziellen Kennzahlen als wesentliche Steuerungsgröße. Dieser besteht aus sechs Kennzahlen, die aus den wesentlichen Themen von Vonovia resultieren und für die es konkrete Ziele bis 2024 gibt. Mehr Details dazu sind den beiden nachfolgenden Grafiken zu entnehmen.
Messen lässt das Unternehmen die eigene Nachhaltigkeitsleistung auch per Beteiligung an diversen nationalen und internationalen Nachhaltigkeitsratings und -benchmarks. Beispielsweise ist die Aktie ein Baustein im DAX 50 ESG, bei dem es um die Erfüllung standardisierter ESG-Kriterien geht. Das Basisuniversum dieses Index ist der HDAX, der die im DAX, MDAX und TecDAX enthaltenen Unternehmen umfasst.
Zudem stiegen die Bochumer im Jahr 2020 in den Dow Jones Sustainability Index Europe auf. Bei diesem Kursbarometer wählt S&P Global anhand von Positivkriterien die nachhaltigsten Unternehmen zur Aufnahme aus.
Sustainalytics bezeichnet die ESG-Risiken als vernachlässigbar
Was Nachhaltigkeits-Ratings angeht, ist es unter anderem so, dass Vonovia 2020 zum dritten Mal infolge von der European Public Real Estate Association (EPRA) den Gold-Award für die Leistung in den Bereichen Governance, Umwelt und Soziales erhielt. Dabei geht es um die Nachhaltigkeitstransparenz von börsengelisteten Immobilienunternehmen anhand der EPRA Sustainability Best Practice Recommendations (sBRP).
Außerdem hat der Nachhaltigkeits-Dienstleister Sustainalytics Vonovia im intern erstellten ESG Risk Rating mit 6,7 Punkten versehen. Damit ist das DAX-Mitglied in der niedrigsten Risikokategorie "vernachlässigbare Risiken" eingeordnet. Wissen muss man zu diesem ESG-Risk-Rating, dass es Einblicke in das ESG-Risiko auf Unternehmensebene bietet, indem es das Ausmaß des nicht gemanagten ESG-Risikos einer Organisation misst.
Insgesamt springt hier innerhalb der Industriegruppe der dritte Platz unter 1.021 Unternehmen heraus. Und im weltweit von Sustainalytics beobachteten Universum reicht es immerhin zu Rang 23 unter 14.041 Gesellschaften. Ein Resultat, das Vonovia zu einem Platz unter den "Global 50 Top-Rated"-Unternehmen verhilft, eine Auszeichnung für die 50 von Sustainalytics bewerteten ESG-Unternehmen mit der besten Performance.
Übrigens: BÖRSE ONLINE hat den Titel zuletzt in Printausgabe 38-21 unter rein fundamentalen Betrachtungskriterien positiv besprochen. Als Kursziel im Rahmen einer Kaufempfehlung nannten wir 65,00 Euro und als Stoppkurs 44,00 Euro. Den Handel am Dienstag beendete der Wert bei 51,94 Euro.