Corona hat gezeigt: Gesundheit ist der Gesellschaft äußerst wichtig. Die Staaten geben Billionen für die Bekämpfung des Virus aus. Davon profitieren die Phar­maindustrie, Teile der Gerätemedizin und Zulieferer wie DAX-Neuling Sarto­rius, der mit biopharmazeutischen Vor­produkten und Labormaterial unent­behrlich geworden ist.

Nur wenige Branchen sind dank öf­fentlicher Zuschüsse und intensiver For­schung so innovativ wie die Medizintech­nik. Der Bedarf ist enorm, um körper­liche Beschwerden aller Art zu heilen und das Leben angenehmer zu gestalten. Eine wachsende Weltbevölkerung treibt den Markt in seiner Breite an. Der me­dizinische Fortschritt sorgt zudem für eine höhere Lebenserwartung, und so stärkt die demografische Entwicklung ihrerseits die Nachfrage nach Gesund­heitstechnologien.

Beispiel Gehör: Die Weltgesundheits­organisation (WHO) schätzt, dass wegen der Demografie und anderer Einflüsse im Jahr 2050 fast 2,5 Milliarden Men­schen an Schwerhörigkeit leiden wer­ den. Derzeit sind es "nur" 1,5 Milliarden. Gutes Hören lohnt sich aber, rechnet die WHO in einer Studie vor. So würde jeder für die Hörgesundheit investierte Euro mit dem Faktor 15 zurückzahlen. Denn wer hören kann, ist wirtschaftlich erheblich produktiver. 50 bis 100 Milliarden Euro Investitionen für ein besseres Ge- hör sind bis 2030 laut WHO drin.

Abhilfe schaffen zum Beispiel Hörgeräte, wie sie der italienische Marktführer Amplifon in allen Preisklassen anbietet. Das Unternehmen aus Mailand gilt auch als eines der nachhaltigsten der Gesundheitsbranche. Es gilt als vorbildlich in Sachen Geschlechtergerechtigkeit, bildet aus und ist nicht zuletzt deshalb in vielen grünen Fonds zu Hause. Nach Corona-bedingt schwachen Zahlen im vergangenen Jahr haben die Mailänder im bisherigen Jahresverlauf sowohl beim Umsatz als auch bei der Profitabilität wieder spürbar zugelegt.

Damit im Alter neben dem Hören auch das Sehen nicht vergeht, ist die Augenheilkunde wichtig. Trübungen der Augenlinsen, auch Grauer Star genannt, sind eine typische Erscheinung im Alter. Was noch vor wenigen Jahrzehnten gleichbedeutend war mit massiver Fehlsichtigkeit, ist heute ambulant in 15 Mi- nuten erledigt. Die Katarakt-Operation ist eine der am meisten durchgeführten Eingriffe überhaupt - rund 750 000-mal im Jahr allein in Deutschland. Neben der Qualifikation des Chirurgen sind für erfolgreiche Augen-OPs hochwertige Linsen notwendig. Johnson & Johnson, einer der größten Gesundheitskonzerne der Welt, entwickelt solche optischen Prä- parate. Daneben zählen Knie- und Hüftprothesen, Nägel und Schrauben für Knochen und Rückgrat sowie sonstiges OP-Material zum Angebot. Körpercremes und vor allem pharmazeutische Produkte runden das Portfolio ab. Alles zusammen schlägt sich in wachsenden Umsätzen und Gewinnen nieder. Dazu bietet das Papier auch attraktive Dividenden.

Zu den führenden Produzenten und Entwicklern von Maschinen für die Augenheilkunde zählt Carl Zeiss Meditech. Der auch in anderen Gesundheitsbereichen operierende Medizintechnikentwickler hat im Sommer die Gewinnziele angehoben. Die Aktie des Jenaer Unternehmens ist mittlerweile relativ teuer, die Aussichten für die Zukunft sind aber unverändert gut.

Organe aus dem Drucker.


Bei der Her- stellung von Prothesen kommt er bereits zum Einsatz. In Zukunft dürfte das auch bei Organen der Fall sein: der 3-D-Drucker. Jan Stallkamp, Professor für die Automatisierung der Medizin an der Uni Mannheim, sieht darin eine "Riesenperspektive". Gelingt es, künftig Leber oder Herz zu drucken, entfällt die Notwendigkeit von Spenderorganen. "Noch ist das Drucken der Organe eine Vision. Doch der 3-D-Druck ist auch für Medikamente und medizinische Einweginstrumente eine aussichtsreiche Option."

Die schwedische Bico (früher Cellink) kümmert sich um diesen Zukunfts- markt. Die Idee ist, aus den menschli- chen Zellen Gewebe, Haut, Körperteile und Organe aufzubauen. Konkret über- nehmen 3-D-Drucker die Gestaltung, ge- steuert von Computern und künstlicher Intelligenz. Diese Strukturen können dann vom Körper besser angenommen werden als künstliche. Das bietet auch Chancen bei der Behandlung von Krebs und Herzerkrankungen. Das Unternehmen ist zuletzt kräftig gewachsen, macht aber noch Verluste. Die Papiere eignen sich nur für risikofreudige Anleger.

Digitalisierung und Informationstechnologie sind zentral, um Eingriffe in den menschlichen Körper so gering wie möglich zu halten. Ein Stichwort ist hier die minimalinvasive Operation. Dabei helfen Roboter und Bildschirme dem Chirurgen, statt mit großen Schnit­ten nur mit einer Sonde Operationen durchzuführen. Laut Experte Stallkamp ist die "Automatisierung der Schlüssel zur Zukunft der Gerätemedizin". Das kalifornische Unternehmen Intuitive Sur­gical ist ein Pionier auf dem Gebiet und stellt OP-Roboter her, die bereits heute unter dem Namen "da Vinci" Chirurgen behilflich sind. Nach starken Quartals­ zahlen steigt die Aktie des Unterneh­mens, das an der Börse mittlerweile mehr als 100 Milliarden Dollar wert ist. Intuitive Surgical ist schuldenfrei, er­ wirtschaftet zweistellige Gewinnmargen und hat mehr als sieben Milliarden Dol­lar an Liquidität auf der hohen Kante.

In der digitalen Sprechstunde.


Digi­talisierung ist nicht nur in der Gerätemedizin auf dem Vormarsch, sondern auch beim Arzt - etwa bei der digitalen Patientenakte und Rezepten, die die Krank­heitsgeschichte vereinigen und so Dia­gnosen verbessern sollen. Dort ist Com­pugroup Medical zu Hause. Das Koblen­zer Unternehmen entwickelt Software für Apotheken und Ärzte, darunter Lö­ sungen für Videosprechstunden.

Die Telemedizin ist auf dem Vor­marsch. Gerade in der Corona­Zeit wol­len viele Menschen nicht persönlich in der Praxis ihres Arztes erscheinen. Zu­ dem kann der Arzt auch Patienten in weit abgelegen Regionen erreichen, sofern Internet vorhanden ist. Der weltgrößte Telemedizinanbieter ist Teladoc. Das Un­ternehmen lässt Ärzte aller Fachrichtun­gen vor allem in den USA auf dem Bild­ schirm erscheinen. Die Zahl solcher Vi­siten hat sich im laufenden Jahr kräftig erhöht, die Einnahmen haben sich mehr als verdoppelt. Wegen hoher Investitio­nen unter anderem für den Kauf des Wettbewerbers Livongo steckt Teladoc in den roten Zahlen, was auch der Aktie zuletzt geschadet hat. Die Bilanz des Unternehmens sieht aber gut aus, sodass keine Überraschungen drohen.

Medizintechnik dient neben der Ge­sundheit auch der Ästhetik, etwa in der Zahnmedizin. Ein strahlendes Lächeln ist vielen aus kosmetischen Gründen ein tiefer Griff ins Portemonnaie wert, ge­sunde Zähne gelten als Statussymbol. Der Markt für Implantate und Brücken wächst entsprechend kräftig, auch die Nachfrage von Dentallaboren und Zahn­arztpraxen nach modernen Maschinen. Beide Segmente bedient Envista Hol­dings. Kontinuierlich wachsen Umsatz und Gewinne. Im laufenden Jahr hat das US-Medtech-­Unternehmen die Rückgän­ge aus dem Corona­Jahr 2020 wieder auf­ geholt. Auch die geringe Verschuldung ist ein Pluspunkt.

Der Medizintechnik­ und Gesund­heitsmarkt ist global Multibillionen stark, die Auswahl an Titeln für interes­sierte Anleger enorm. Der ETF iShares Healthcare Innovations hat eine Vielzahl von Titeln aus dem US-­amerikanischen und asiatischen Raum im Portfolio, die neben modernen Krebstherapien Medi­kamente entwickeln, IT-Lösungen anbie­ten und breit die Chancen des Sektors ab­ bilden. Sehr gut gelaufen und gut für die Zukunft aufgestellt ist auch der Credit Suisse Digital Health, der Telemedizin, Digitalisierung und moderne Therapien repräsentiert.