von Andreas Büchler




Chart 1 - DAX Intradaychart auf Fünf-Minuten-Basis



Die gute Nachricht vorab: Der Deutsche Aktienindex wurde gestern den zweiten Tag in Folge wieder verstärkt im Bereich der 10.600er-Marke nachgefragt. Damit bestätigt sich diese Kaufzone, die bereits Ende Januar im Chart erkennbar war. Hier besteht die Chance auf eine frühzeitige Bodenbildung, ohne dass es vor dem nächsten Aufschwung zu einer größeren Korrektur kommen muss.

Allerdings war auch gestern wieder ein rückläufiges Handelsvolumen messbar. Derzeit ist auffällig, dass die Umsätze an Tagen mit steigenden Kursen geringer sind, als an Tagen mit fallenden Kursen - beispielsweise der Montag. Dies mahnt eher zur Vorsicht, bedeutet es doch, dass Anleger sich nicht mehr im gleichen Umfang an Aufschwüngen beteiligen, wie an Verkaufswellen.

Dazu kommt das bereits in der gestrigen Analyse beschriebene Island Reversal - ein Phänomen im kurzfristigen Chart, das ebenfalls vor fallenden Kursen warnt. Das auch als Inselumkehr bekannte Muster entsteht wenn Kurse nach einer Aufwärtsbewegung noch einmal einen Satz nach oben machen, sich sozusagen auf eine Insel begeben, in diesem Fall in den Bereich 10.800 bis 11.000 und von dieser dann aber wieder mit einem Satz nach unten abspringen (siehe rote Markierung im Chart oben).

Wenn der Markt unter die Zone 10.550/10.600 fällt, wäre dieses Warnsignal spätestens bestätigt. Denn dann würde auch die Nachfrage in der bisher bewährten Kaufzone wegbrechen, was weiter fallende Notierungen bis mindestens 10.450 zur Folge hätte, wo zwei schwächere Unterstützungen liegen. Dort kam es im Januar zu einem Kurssprung nach oben, was zu einer Notierungslücke führte (ein so genanntes Gap - siehe grüne Markierung im Chart). Für Trader bilden Kurslücken oft kurzfristigere Orientierungskursziele da eine alte Börsenweisheit besagt, dass diese geschlossen werden müssten - die Kurse den Bereich also noch einmal durchqueren.

Dafür gibt es zwar keinen statistisch ermittelten Beweis, doch hat die sich selbst erfüllende Prophezeiung an der Börse oft eine stark kursbeeinflussende Funktion. Das könnte sich auch bei einem weiteren Einflussfaktor bemerkbar machen: Der Index hätte im Bereich der 10.450er-Marke 38,2 Prozent der jüngsten Aufwärtsbewegung von rund 9600 Punkten bis ans Allzeithoch wieder nach unten korrigiert, ein so genanntes Fibonacci-Retracement (blau gepunktete Markierung im Chart). Viele Anleger orientieren sich an diesen Verhältniszahlen, wenn sie Gewinne mitnehmen, oder einen Wiedereinstieg auf etwas günstigerem Niveau in Betracht ziehen.

Es muss aber nicht immer das 38,2er-Retracement sein, auch größere Korrekturen bis 50% und 61,8% sind möglich, in seltenen Fällen wird sogar 76,4% des letzten Aufschwungs wieder kompensiert, bevor sich der Markt stabilisiert. Insbesondere wenn diese Zonen mit ohnehin sichtbaren Unterstützungen, also Zonen mit Wendepunkten, im Chart zusammen fallen, ist die Chance groß, dass ich der DAX dort fängt. Sowohl an der 10.450, als auch an der 10.300 (50%-Retracment) und im Bereich 10.000/10.100 (hier verlaufen in etwa das 61,8% und das 76,4%-Retracment) ist dies der Fall.

Damit stehen die Kursziele auf der Unterseite fest, wenn die jeweils vorher gehende Marke unterschritten wird. Kurzfristig agierende Anleger können auf eine Bewegung von Kursziel zu Kursziel setzen, ein Zertifikat mit hohem Hebel ermöglicht es schon von kleinsten Rücksetzern des DAX zu profitieren. Wir stellen dafür am Ende der Analyse Produkte mit Hebeln in einer Spanne von etwa 5 bis 15 vor. Für eher mittelfristig agierende Anleger heißt es stattdessen abwarten, sie sitzen eine Korrektur des Marktes aus, erst unter der Kaufzone bei 10.000 sollten sie hellhörig werden, und unter der 200-Tage-Linie und horizontalen Unterstützung bei 9600/9675 spätestens reagieren.

Und wann kann wieder auf steigende Kurse spekuliert werden? Nur sehr mutige Anleger setzen jenseits von 10.820/10.830 wieder auf ein Kursplus, das Potenzial beträgt maximal 100 Punkte. Erst ein Ausbruch über die 11.000er-Marke dürfte wieder zu stärkerer Nachfrage führen, allerdings auch nicht sofort. Wahrscheinlicher ist dann ein kurzer Schuss nach oben, mit sich anschließenden schnellen Gewinnmitnahmen - nach dem starken Anstieg der Vormonate noch mit frischem Kapital auf ein Kursplus zu setzen ist nur noch mit schlechtem Chance-Risiko-Verhältnis möglich.

Chart 2 - DAX-Ein-Minuten-Chart



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Chart 3 - Tageschart mit Abstand zur 21-Tage-Linie in %



Nach der starken Rally, die im Oktober 2014 startete, ist das Potenzial nach oben beschränkt. Der in den vergangenen Jahren gemessene maximale Abstand zur 21-Tage-Linie (dem Monatsdurchschnittskurs) des DAX beträgt knapp über neun Prozent - ein Extremwert, der im zurück liegenden Jahrzehnt nur in vier Fällen erreicht wurde, meist nach stärkeren Korrekturen. Zuletzt notierte der Index Ende Januar mehr als acht Prozent über seinem Durchschnitt, was bereits auf eine massive Überhitzung des Marktes hin deutet. Dies macht die Kurse anfälliger für eine Konsolidierung, Anleger sollten dies bei der Planung neuer Käufe im Hinterkopf behalten, und derzeit eher zurückhaltend agieren.





Chart 4 - Wochenchart mit Abstand zur 200-Tage-Linie



Wie weit kann es langfristig nach den neuen Allzeithochs nun noch gehen? Die Statistik hilft, diese Frage zu beantworten: Unter dem Kursverlauf des DAX haben wir im Wochenchart den Abstand der Kurse zur 200-Tage-Linie (entspricht etwa dem 40-Wochen-Durchschnitt) abgebildet. Mit dieser Methode lassen sich Kursziele auf der Oberseite bei maximal rund 11.000 bis 11.600 Zählern errechnen - diese Werte entsprechen den in der Vergangenheit im Idealfall gemessenen 14 bis 20 Prozent Abstand des Index zu seinem langfristigen Durchschnittspreis.

Zu Beginn des Jahrtausends waren es auch mal 33 Prozent und mehr - doch das sollten sich Anleger lieber nicht wünschen, auch wenn der DAX dadurch noch rechnerisches Potenzial bis jenseits der 12.800er-Marke hätte. Denn anschließend startete damals der dreijährige Abwärtstrend, im Zuge dessen sich der Indexstand fast viertelte.



Chart 5 - Kerzenchart auf Tagesbasis





Unterstützungen und Widerstände



























































Andreas Büchler ist Herausgeber des "Index-Radar", der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Der Experte für Handelssysteme ist zudem Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft.

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