"Die Konjunktur hat sich in den vergangenen Monaten besser entwickelt als erwartet - sowohl in Europa als auch in anderen Regionen wie Asien und Nordamerika", sagte EY-Partner Marc Förstemann. "Viele Unternehmen hatten das Geschäftsjahr vorsichtig geplant, für diese kam die weiterhin sehr positive Entwicklung überraschend."
Andererseits führten den Angaben zufolge steigende Rohstoffpreise, der stärkere Euro, die Politik der US-Regierung unter Donald Trump sowie die nachlassende Dynamik der britischen Wirtschaft nach dem Brexit-Votum im Sommer 2016 bei einigen Unternehmen zu Einbußen.
Vor allem die milliardenschwere US-Steuerreform hinterließ teilweise tiefe Kratzer in den Bilanzen. Allein die Deutsche Bank bezifferte den negativen Effekt auf rund 1,4 Milliarden Euro im vierten Quartal. Zwar senkte die Reform die Steuerquote für Firmen deutlich. Zugleich können Verluste aus der Vergangenheit nicht mehr im gleichen Maße auf künftige Steuern angerechnet werden. Das belastete auch andere Unternehmen wie Heidelberger Druckmaschinen oder das Gendiagnostik- und Biotechunternehmen QIAGEN. Die Autobauer Daimler und BMW profitierten dagegen von den Änderungen.
Insgesamt zählte EY im vergangenen Jahr 95 Korrekturen nach unten, so genannte Gewinn- oder Umsatzwarnungen. Das waren 44 Prozent mehr als im Vorjahr und der höchste Wert seit 2011, als die Analyse erstmals durchgeführt wurde. Zugleich stieg die Zahl der positiven Korrekturen von 89 auf den Rekord von 199. Untersucht wurden alle 304 Unternehmen aus dem Prime Standard der Frankfurter Börse. Zu dem strenger regulierten Prime Standard gehören auch die Börsenindizes Dax, MDAX, TecDAX und SDAX.
Die hohe Zahl von Prognosekorrekturen zeige, dass die weltweiten wirtschaftlichen und politischen Unwägbarkeiten inzwischen erhebliche Spuren im operativen Geschäft vieler deutscher Unternehmen hinterließen, erklärte Förstemann. "Politische Entscheidungen sind weniger berechenbar geworden, weitere geopolitische Spannungen können jederzeit ausbrechen, neue Technologien haben teils massive Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle der Unternehmen."
Gewinnwarnungen werden von Anlegern allerdings stärker bestraft als Anhebungen der Prognosen belohnt werden. Im Schnitt sanken die Aktienkurse der Unternehmen, die ihre Gewinnerwartungen kassieren mussten, den Angaben zufolge am selben Tag um sieben Prozent. Eine Woche später lag der Kurs im Schnitt um acht Prozent niedriger als vor der Pflichtmitteilung für die Börse. Anhebungen der Prognosen führten im Schnitt zu einem unmittelbaren Anstieg des Aktienkurses um nur zwei Prozent - sieben Tage später wurde den Angaben zufolge ein Plus von drei Prozent verzeichnet./mar/DP/stk