Für die letzte Verhandlungsrunde wurden ganze 16 Stunden gebraucht. Die Reaktionen auf den Deal fielen überwiegend positiv aus. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einer historischen Einigung. "Unsere neuen Regeln werden die Online-Nutzer schützen, die freie Meinungsäußerung gewährleisten und den Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnen." Dies sei ein starkes Signal für die Menschen, Unternehmen und Länder weltweit.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte: "Der Digital Services Act wahrt die Meinungsfreiheit auch im digitalen Raum. So dürfen Plattformen Beiträge nicht willkürlich löschen und müssen ihre Löschentscheidungen auf Antrag überprüfen." Zugleich dürften Plattformen nicht hinnehmen, wenn ihre Dienste zur Verbreitung strafbarer Inhalte missbraucht werden. "Morddrohungen, aggressive Beleidigungen und Aufrufe zu Gewalt sind kein Ausdruck von Meinungsfreiheit, sondern Angriffe auf den freien und offenen Diskurs."
Buschmanns für Digitales zuständiger Kabinettskollege Volker Wissing sprach von einem Meilenstein für die Bürgerinnen und Bürger. "Der DSA schafft mehr Sicherheit im digitalen Raum, er stärkt die Nutzerrechte und setzt klare und internationale Standards für die Regulierung von Online-Plattformen." Diese seien nun stärker für Postings und die Integrität von Waren und Dienstleistungen verantwortlich.
Der DSA soll unter anderem sicherstellen, dass illegale Inhalte wie Hassrede nach entsprechenden Hinweisen schneller aus dem Netz entfernt, schädliche Desinformation und Kriegspropaganda weniger geteilt und auf Online-Marktplätzen weniger gefälschte Produkte verkauft werden. Dafür müssen Plattformen wie Instagram ihre Empfehlungsalgorithmen erstmals transparenter machen.
Grundlegendes Prinzip ist: Was offline illegal ist, soll es auch online sein. Anbieter digitaler Dienste sollen von Rechtssicherheit und einheitlichen Regeln in der EU profitieren. Große Plattformen und Suchmaschinen mit mindestens 45 Millionen Nutzern müssen deutlich mehr Regeln befolgen als kleinere.
Die Einigung vom Samstag muss noch einmal vom Europaparlament und den EU-Staaten bestätigt werden. Dies gilt als Formsache. Nach Inkrafttreten soll eine Übergangsfrist von 15 Monaten gelten. Für die sehr großen Plattformen und Suchmaschinen sollen die Regeln bereits vier Monate nachdem sie designiert worden sind gelten.
Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, sieht im DSA eine große Chance. Für Überlebende des Holocaust sei er ein "überaus deutliches Hoffnungszeichen", das sich jedoch in der Realität beweisen müsse. "Wenn das Prinzip "was offline illegal ist, soll auch online illegal sein" durchgesetzt wird, wäre für das gesellschaftliche Miteinander und die Bekämpfung rassistischen und antisemitischen Hasses sowie faschistischer Kriegspropaganda Entscheidendes gewonnen."
Der DSA ist Teil eines großen Digital-Pakets, das die EU-Kommission im Dezember 2020 vorgeschlagen hat. Der zweite Teil ist das Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA), bei dem es bereits Ende März eine Einigung gab. Der DMA soll vor allem die Marktmacht von Tech-Giganten wie Google (Alphabet C (ex Google)) und Facebook mit strengeren Regeln beschränken.
In Deutschland gilt schon jetzt das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zur Bekämpfung von Straftaten und Hassrede im Internet. Dies dürfte in weiten Teilen durch den DSA ersetzt werden./wim/DP/zb