Der Stuttgarter Auto-Konzern plant den Verkauf seiner Niederlassungen in Deutschland. Es gehe um alle Autohäuser und Werkstätten im Eigenbesitz, teilte Mercedes-Benz mit. Der Betriebsrat kritisiert, denn rund 8.000 Mitarbeiter fürchten um ihre Jobs. Die Mercedes-Benz-Aktie könnte noch weiter unter Druck geraten.
Mercedes-Benz stellt seine unternehmenseigenen Autohäuser in Deutschland auf den Prüfstand. Nach guten Erfahrungen in verschiedenen europäischen Märkten prüfe man nun auch hierzulande, wie man die 20 konzerneigenen Niederlassungen eigenständiger aufstellen könne, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Dabei sei auch ein Verkauf an erfahrene und renommierte Händlergruppen nicht ausgeschlossen.
Darunter befinden sich laut "Handelsblatt" bekannte Vertriebsstützpunkte wie jener nahe der Donnersberger Brücke in München, am Salzufer in Berlin oder vis-à-vis der Mercedes-Zentrale in Stuttgart-Untertürkheim. Pro Niederlassung könnte Mercedes im Schnitt 20 bis 40 Millionen Euro erlösen, glauben Szenekenner.
Bei den konzerneigenen Niederlassungen von Mercedes-Benz sind aktuell etwa 8.000 Menschen in rund 80 Betrieben beschäftigt. Zu einem Betrieb können einem Sprecher zufolge mehrere Autohäuser gehören.
Mercedes: Standorte sollen nicht geschlossen werden
Die Prüfung der eigenen Verkaufsstrukturen erfolgt nach Angaben des Autobauers ergebnisoffen, schrittweise und für jede Niederlassung einzeln. Als Investor komme nur in Frage, wer alle Voraussetzungen für den bestmöglichen Betrieb eines Autohauses nachweisen könne. Wichtig seien neben einer ausgewiesenen Expertise in dem Bereich unter anderem ein langfristiges unternehmerisches Konzept sowie nachhaltige Investitionsbereitschaft und die Aufgeschlossenheit gegenüber Arbeitnehmervertretungen. Die Standorte sollen darüber hinaus "nicht gesamthaft an einen Erwerber übergeben" werden.
"Wir planen nicht, an reine Finanzinvestoren zu verkaufen, und eine Schließung von Standorten ist nicht Gegenstand der Überprüfung", hieß es von dem Stuttgarter Konzern weiter. Man stehe zu der zugesagten Beschäftigungssicherung für alle Tarifmitarbeitenden bis Ende 2029. Bei einer möglichen Neuaufstellung werde es keine Kündigungen geben. Vielmehr wolle man langfristig die Zukunftsfähigkeit der regionalen Arbeitsplätze sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Niederlassungen sichern. Die Arbeitnehmervertretung solle eng in die Prüfung eingebunden werden, hieß es.
Gesamtbetriebsratschef: "Schlag ins Gesicht" – Aktie unter Druck
Der Gesamtbetriebsrat kritisierte die Pläne unterdessen als "Schlag ins Gesicht" der Mitarbeiter. "Nach Jahren des Verzichts und damit einhergehend zahlreicher Zugeständnisse seitens der Beschäftigten sind die Niederlassungen profitabel und leisten ihren Beitrag zum Konzernergebnis", teilte Betriebsratschef Ergun Lümali mit. Die Pläne seien weder akzeptabel noch nachvollziehbar.
Die Mercedes-Benz-Aktie geriet bereits am Freitag-Nachmittag unter Druck, nachdem die Pläne publik wurden. Im Tagestief rutschte der DAX-Wert bis auf 59,02 Euro ab und ging schließlich auf Xetra bei 59,11 Euro ins Wochenende. Mit 1.247.475 Stück wurden überdurchschnittlich viele der Ex-Daimler-Aktien umgesetzt.
Die Mercedes-Aktie begann bereits vor zehn Tagen zu rutschen. Am 11. Januar hatte der Autobauer nur bescheidene Absatzzahlen vorgelegt. Mit 2,04 Millionen Fahrzeugen in 2023 fiel damit weiter als Nummer zwei hinter dem globalen Marktführer für Premiumwagen BMW zurück. Das Wachstum in Europa konnte dabei die geringeren Auslieferungen auf dem wichtigsten Markt China und in Nordamerika nicht ausgleichen. Bei Elektroautos kamen die Schwaben unterdessen voran. Mit gut 222.000 vollelektrischen Pkw wie dem EQE stiegen die Verkäufe um 73 Prozent. Der Anteil am Gesamtabsatz betrug damit elf Prozent.
In der abgelaufenen Woche rutschte Mercedes wieder unter die gleitende 50-Tage-Linie. Kann sich der DAX-Wert nicht schnell wieder nachhaltig über 60,84 Euro schwingen, muss in den kommenden Wochen rein charttechnisch betrachtet mit einem weiteren Kursrückgang gerechnet werden. Das 12-Monats-Verlaufstief markierte Mercedes-Benz Ende Oktober bei 55,08 Euro.
BÖRSE ONLINE rät engagierten Anlegern, an ihren Papieren festzuhalten. Die längerfristigen Aussichten bleiben gut. Neukäufer legen sich mit einem Abstauber-Limit bei etwa 56 Euro auf die Lauer. (Mit Material von dpa-AFX)
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Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Mercedes-Benz.