Merck-Chef Karl-Ludwig Kley hinterlässt dem Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern ein Rekordergebnis. "2015 war nicht nur ein ereignisreiches Jahr für Merck, sondern vor allem ein erfolgreiches", resümierte Kley am Dienstag auf seiner letzten Bilanzpressekonferenz an der Merck-Spitze. "Mit der Akquisition von Sigma-Aldrich haben wir den Portfolio-Umbau der letzten Jahre erfolgreich abgeschlossen." Merck profitierte neben dem 17 Milliarden Dollar schweren Zukauf des US-Laborausrüsters auch von der kleineren Übernahme der Spezialchemiefirma AZ sowie vom schwachen Euro. Vizechef Stefan Oschmann, der nach der Hauptversammlung Ende April das Ruder übernimmt, muss nun zeigen, dass der Traditionskonzern auch im Pharmageschäft bedeutende Erfolge erzielen kann. Rund 13 Jahre ist es her, dass der letzte Blockbuster der Südhessen mit dem Krebsmittel Erbitux auf den Markt gebracht wurde.

2015 steigerte Merck den bereinigten Betriebsgewinn (Ebitda) um sieben Prozent auf 3,6 Milliarden Euro. Der Umsatz legte um 13 Prozent auf 12,8 Milliarden Euro zu - ebenfalls ein Rekordwert. Unter dem Strich sank der Konzerngewinn jedoch wegen Kosten im Zusammenhang mit der Sigma-Übernahme, der größten in der Firmengeschichte, um knapp vier Prozent auf 1,1 Milliarden Euro. Die Aktionäre profitieren gleichwohl von einer fünf Cent höheren Dividende von 1,05 Euro.

Für 2016 stellte Kley weitere Zuwächse in Aussicht. Der Umsatz soll dank Sigma im niedrigen zweistelligen Prozentbereich wachsen, ebenso wie der bereinigte Betriebsgewinn. "Niedrig zweistellig fängt bei zehn Prozent an und endet aus meiner Sicht bei spätestens 20 Prozent", sagte Finanzchef Marcus Kuhnert dazu. Der Zuwachs sei alleine dem Kauf des US-Laborausrüsters zu verdanken. Aus alleiniger Kraft könnten die Bereiche Life Science und Performance Materials den erwarteten Ergebnisrückgang im Gesundheitsbereich, der steigenden Forschungskosten geschuldet ist, nicht wettmachen.

SUBSTANZIELLE UMSÄTZE FÜR HOFFNUNGSTRÄGER AVELUMAB ERWARTET



Rund 250 Millionen Euro will Merck in diesem Jahr zusätzlich in seine Pharma-Pipeline investieren. Alleine in das Forschungsgebiet der Immuntherapie von Krebs sollen 150 bis 200 Millionen Euro mehr fließen. Vorgesehen sind diese vor allem für Mercks größten Hoffnungsträger, die Krebsimmuntherapie Avelumab. Mit ersten Umsätzen mit dem Mittel rechnet Kley 2017. Zu den erwarteten Erlösen wollte er sich nicht äußern. "Wenn wir soviel investieren, dann können sie davon ausgehen, dass wir substanzielle Umsätze mit dem Produkt erwarten", verriet er lediglich. Das Unternehmen könne messbare Fortschritte bei der Entwicklung seiner Pharmapipeline vorweisen. "Merck hat noch nie in seiner Geschichte so viele klinische Studien zu einem Produkt gemacht."

Lange konnte Merck mit der Entwicklung neuer Arzneien nicht mehr glänzen. Seit der Zulassung von Erbitux 2003 wurden nur zwei Medikamente auf den Markt gebracht, die weniger als 100 Millionen Euro im Jahr umsetzen. Der neue Merck-Chef Oschmann verantwortete von 2011 bis 2014 das Pharmageschäft. Unter seiner Ägide wurde unter anderem die milliardenschwere Allianz mit dem US-Pharmariesen Pfizer bei Avelumab eingefädelt.

Im vergangenen Jahr legte Merck vor allem im Life-Science-Bereich, der Produkte für die Pharmaforschung anbietet und durch die Sigma-Aldrich-Übernahme an Bedeutung gewinnt, deutlich zu. Das bereinigte Betriebsergebnis der Sparte schnellte um 30 Prozent in die Höhe. In der Gesundheitssparte stagnierte das Ergebnis dagegen wegen höherer Kosten für Marketing und Vertrieb sowie weggefallener Lizenzerlöse. Merck musste zudem bei seinen beiden umsatzstärksten Medikamenten, dem Mutiple-Sklerose-Mittel Rebif und Erbitux, Umsatzrückgänge verdauen. Dagegen stieg das Ergebnis im Spezialchemiegeschäft unter anderem wegen Währungseffekten und dank AZ um mehr als ein Viertel.

Reuters