Gegenwind kommt vor allem von Währungseffekten und einem schwächeren Geschäft mit Flüssigkristallen. Merck hatte Anfang August die Umsatzprognose wegen geänderter Wechselkursannahmen leicht auf 15,3 bis 15,7 Milliarden Euro von zuvor 15,5 bis 16 Milliarden gesenkt, das Ziel eines bereinigten Betriebsgewinns (Ebitda) von 4,4 bis 4,6 Milliarden Euro aber bekräftigt. Damals hatte Kuhnert jedoch schon gewarnt, dass der Weg dorthin "kein Spaziergang im Park" werde.
Merck-Aktien gehörten mit einem Minus von gut einem Prozent zu den größten Verlierern im Dax. "Die zurückhaltenden Aussagen zum Gesamtjahresausblick lasten auf der Aktie", sagte ein Börsianer.
Vorstandschef Stephan Oschmann zeigte sich dennoch zuversichtlich. "Merck ist in guter Verfassung", betonte er. "Das Jahr 2017 stellt uns zwar vor einige Herausforderungen, doch wir sind zuversichtlich, unsere übergeordneten Ziele für 2018 zu erreichen." Die durch die 17 Milliarden Dollar schwere Übernahme des US-Laborausrüsters Sigma-Aldrich gestiegene Verschuldung wolle der Konzern weiter abbauen. Größere Übernahmen seien deshalb bis Ende 2018 nicht geplant, es sei denn, sie könnten durch Veräußerungen gegenfinanziert werden. Seine Technologieführerschaft bei Flüssigkristallen wolle Merck langfristig sichern, Sigma-Aldrich abschließend integrieren und sein Pharmageschäft weiter erfolgreich entwickeln.
NEUE MEDIKAMENTE ALS HOFFNUNGSTRÄGER
Im bestehenden Geschäft mit Medikamenten wie dem Krebsmittel Erbitux und dem Multiple-Sklerose-Mittel Rebif wird Merck künftig eher auf der Stelle treten. Bis 2022 will der Konzern die Umsätze des Bestandsgeschäfts auf organischer Basis stabil halten. Dafür sollen neue Arzneien wie die Krebsimmuntherapie Bavencio (Avelumab) und die Multiple-Sklerose-Tablette Mavenclad für sprudelnde Einnahmen sorgen. Oschmann bekräftigte, dass neue Medikamente aus der Pharma-Pipeline bis 2022 für rund zwei Milliarden Euro zusätzliche Erlöse sorgen sollen. Von Bavencio soll ein Großteil der neuen Pharmaumsätze kommen.
Eine Spitzenumsatzerwartung nannte der Vorstand für das Krebsmittel nicht. In diesem Jahr strebt Merck mit Bavencio, das bereits die Zulassung zur Behandlung einer seltenen Hautkrebsart und von Blasenkrebs erhalten hat, Umsätze von rund 20 Millionen Euro an. Für das MS-Mittel Mavenclad wird in diesem Jahr mit einem Umsatz im hohen einstelligen Millionen-Euro-Bereich gerechnet. Bis 2024/25 peilen die Südhessen mit der Arznei jährliche Spitzenumsätze von 500 bis 700 Millionen Euro an. Mavenclad erhielt in diesem Jahr in der EU die Zulassung zur Behandlung Multipler Sklerose. Ob diese auch für den US-Markt beantragt wird, will Merck noch bis Ende 2017 entscheiden.
rtr