"Die Vereinbarung mit Pfizer ist ein wichtiger Meilenstein in der Weiterentwicklung unserer Pharma-Pipeline", sagte Merck-Chef Karl-Ludwig Kley am Montag. Merck und Pfizer wollen zusammen Medikamente gegen Krebs auf den Markt bringen, die auf das körpereigene Abwehrsystem ausgerichtet sind. Die Immuntherapie von Krebs gilt als eines der heißesten Felder in der modernen Tumormedizin - ein Milliardenmarkt für die Pharmabranche. Dabei geht es darum, die körpereigene Abwehr so anzuregen, dass es den Krebs bekämpft.
An der Börse wurde die Allianz positiv aufgenommen. Die Merck-Aktie gewann 2,5 Prozent auf 76,14 Euro und setzte sich damit an die Spitze im deutschen Leitindex Dax. Dies sei eine bedeutende Transaktion für Merck, kommentierte die Berenberg-Bank: "Merck hat mit Pfizer einen Partner mit vollen Taschen gewonnen."
Für die Merck-Pharmasparte ist die Allianz eine lang ersehnte Frischzellenkur nach einer Reihe von Entwicklungsrückschlägen in den vergangenen Jahren. Die Darmstädter bekommen mit Pfizer zudem einen Partner mit globaler Vertriebsmacht. Zusammen wollen sie einen Antikörper von Merck in der Immuntherapie von Krebs entwickeln und vermarkten. Merck winken dabei bis zu 2,3 Milliarden Euro. Umgerechnet 680 Millionen Euro (850 Millionen Dollar) seien Vorauszahlungen. Weitere bis zu 1,6 Milliarden Euro sollen bei Erreichen bestimmter Ziele mit der Immuntherapie-Substanz fließen. Darüber hinaus wollen sich die Partner die künftigen Umsätze mit dem Antikörper teilen.
Der Weltmarkt für solche Immuntherapie-Krebsmittel wird von Experten in zehn Jahren auf etwa 30 bis 35 Milliarden Dollar im Jahr taxiert. Einzelnen Arzneien werden Jahresumsätze von mehreren Milliarden Dollar zugetraut. Tonangebend bei Immuntherapie-Wirkstoffen sind derzeit die US-Konzerne Bristol-Myers Squibb (BMS) und Merck&Co sowie der Schweizer Pharmariese Roche und das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca. Die Immuntherapie-Wirkstoffe waren vor einigen Monaten auch einer der wesentlichen Gründe für den missglückten Versuch von Pfizer, AstraZeneca zu übernehmen. Mit Merck hat sich Pfizer nun einen neuen Zugang in dieses lukrative Gebiet eröffnet.
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EXKLUSIVE ALLIANZ
Kernpunkt der Zusammenarbeit ist die Entwicklung und spätere Vermarktung der Substanz MSB0010718C von Merck - ein so genannter Anti-PD-L1-Antikörper. PD-L1 ist ein Protein, das der Tumor nutzt um einen Angriff der T-Zellen des Immunsystems zu verhindern. Genau hier will der Merck-Wirkstoff ansetzen: Denn wird das Protein PD-L1 blockiert - so die Idee - sollen die Krebszellen ihre Tarnfähigkeit verlieren und vom Immunsystem als feindlich erkannt und bekämpft werden. Die Darmstädter hatten bereits eine Phase-II-Studie mit der Substanz zur Behandlung einer seltenen Form von Hautkrebs gestartet. Neue Wirkstoffe müssen vor der Zulassung erst drei Phasen der Erprobung am Menschen bestehen. Weitere Einsatzgebiete der Substanz sind etwa Eierstockkrebs und Lungenkrebs.
Die Allianz mit Pfizer ist als exklusive angelegt: Sollte es sinnvoll sein, Wirkstoffe anderer Unternehmen - etwa in Kombinationsstudien - hinzuzunehmen, muss das von beiden Partnern gemeinsam entschieden werden. "Unser strategischer Fokus auf die Immunonkologie wird durch die weltweite Allianz ganz wesentlich gestärkt", erklärte der Chef der Merck-Arzneimittelsparte Stefan Oschmann. Nächstes Jahr sollen bis zu 20 klinische Entwicklungsprogramme angeschoben werden. Alle Entwicklungs- und Markteinführungskosten sollen geteilt werden. Darüber hinaus vereinbarten die Kooperationspartner eine Anti-PD-1-Substanz von Pfizer in Phase-1-Studien zu bringen. Zudem kann Merck künftig die Lungenkrebsarznei Xalkori von Pfizer in den USA und anderen Märkten mit vermarkten.
Reuters