Zusammen mit der deutschen Fußballnationalmannschaft besang Peter Alexander 1986 die Liebe zu Mexiko - doch US-Präsident Donald Trump ist kein Fan des mittelamerikanischen Landes. Er will den südlichen Nachbarn der USA mit der Androhung von Strafzöllen dazu zwingen, illegale Einwanderung in die USA stärker zu bekämpfen.
Darunter litten die mexikanische Währung und der heimische Aktienmarkt. Denn Mexiko ist größter Handelspartner der USA. Schätzungen zufolge ist die mexikanische Wirtschaft zu 80 Prozent abhängig vom Handel mit den Vereinigten Staaten. "Der größte Anteil der in Mexiko produzierten Pkw wird in die USA exportiert", bestätigt Eugenio Garza, Senior Manager beim Automobilzulieferer Nemak in Monterrey. Doch das Land punktet mit einer sehr offenen Volkswirtschaft und ist zudem Globalisierungsweltmeister: Durch zwölf Freihandelsabkommen mit insgesamt 44 Partnerländern hat sich Mexiko zu einer bedeutenden globalen Fertigungsplattform entwickelt.
Die Marktkapitalisierung aller an der Bolsa Mexicana de Valores - kurz BMV - gelisteten Unternehmen beträgt rund 500 Milliarden US-Dollar. Damit ist die BMV die zweitgrößte Börse Lateinamerikas. Der Leitindex S & P/BMV IPC galt in den vergangenen Jahren als Geheimfavorit und als aufstrebender Konkurrent zum basilianischen Bovespa. Mexiko zählte zu den "Next Eleven", also zu den Schwellenländern der zweiten Generation, denen man einen ähnlich starken Aufschwung zutraute wie den BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China. Das für ein Schwellenland typische dynamische Wirtschaftswachstum fehlt aber derzeit. Der Internationale Währungsfonds (IWF) senkte im Frühjahr seine Wachstumsprognose für 2019 von 2,1 auf 1,6 Prozent.
Am Aktienmarkt konnte man in den vergangenen fünf Jahren tatsächlich zwischen 15 und 20 Prozent verdienen, aber - je nach Timing - auch einiges verlieren. Starke Nerven sind gefragt, denn der S & P/BMV IPC ist bei einer Fünf-Jahres-Volatilität von knapp 30 Prozent extrem schwankungsfreudig. Mit Indexfonds der Anbieter iShares, DWS und HSBC oder Indexzertifikaten von Goldman Sachs und BNP Paribas können Anleger breit gestreut auf den mexikanischen Markt setzen.
Chancen für Schnäppchenjäger
Während sich der Energiegigant Pemex und die Versorger in staatlicher Hand befinden, existiert eine ganze Reihe interessanter globaler Player auf dem freien Markt. Hier könnten sich in den kommenden Monaten Gelegenheiten für Schnäppchenjäger eröffnen. "Mexiko verfügt über einen soliden institutionellen Rahmen, eine akzeptable Auslandsverschuldung und eine unabhängige Zentralbank", sagt Benjamin Theurer, Aktienstratege bei der Barclays Bank México. "Viele mexikanische Unternehmen fördern eine starke Corporate Governance und verfolgen eine globale Geschäftspolitik. Diese Faktoren tragen dazu bei, dass der Aktienmarkt auf einem guten Fundament steht."
Das Telekommunikationsunternehmen América Móvil profitiert von der Kommunikationsfreudigkeit der Südamerikaner. Mehrheitseigentümer ist Carlos Slim Helú, einer der reichsten Menschen der Welt. Schätzungen zufolge gehen rund fünf Prozent der mexikanischen Wirtschaftsleistung auf Slims Unternehmungen zurück. Als die staatliche Telefongesellschaft Telmex 1990 privatisiert wurde, erhielt Slims Konsortium den Zuschlag für umgerechnet 1,8 Milliarden US-Dollar. Telmex ist heute Teil von América Móvil.
Das Unternehmen ist sowohl in Zentral- als auch in Südamerika aktiv. Im Heimatland sind die Pfründe verteilt: Nach der Telekommunikationsreform 2012 und einem daraus resultierenden Preiskrieg hat América Móvil heute 70 Prozent Marktanteil inne, die spanische Telefónica immerhin 20 Prozent und der Weltmarktführer AT & T kommt auf zehn Prozent. Nun liegt der Fokus auf Wachstumschancen weiter südlich: Aktuell steht die Übernahme der Mobilfunksparte Telefónicas in El Salvador an, die noch der Zustimmung der Kartellbehörde bedarf. Aktienstratege Theurer sieht bei einer stärkeren Marktdurchdringung ein Kurspotenzial von plus 20 bis 25 Prozent.
Einer der weltweit führenden Konzerne im Bereich Baustoffe hat sein Fundament in Mexiko: Cemex ist vor allem im Transportbetonbereich führend und einer der größten Zementhersteller der Welt. Neben den beiden Hauptgeschäftsbereichen Zement und Beton betreibt Cemex weltweit fast 400 Abbaustätten von Rohstoffen wie Sand, Kies und Bruchstein. Der Umsatz, der 2018 um rund 5,5 Prozent auf 14,4 Milliarden US-Dollar stieg, ist nur zu einem Viertel von den USA abhängig. "Zement reist nicht", sagt Theurer, "Beton für den US-Markt wird tatsächlich im Süden der USA gemischt". Beeindruckend sei der starke operative Cashflow, der das Unternehmen auch für die nächsten Jahre auf eine solide Basis stelle. Als Kursziel gibt Theurer sieben US-Dollar je Aktie aus.
Grupo México ist der größte Bergbaukonzern Mexikos und der drittgrößte Kupferproduzent weltweit. Über die Tochter Ferromex betreibt der Minenspezialist das größte Eisenbahnnetz Mexikos. Im ersten Quartal 2019 bestätigte der Konzern seine Kostenführerschaft im Bereich der Kupferförderung: Die Kostenquote ist mit 1,13 US-Dollar je US-Pfund Kupfer sehr niedrig. Außerdem verfügt der Konzern über die größten Kupferreserven der gesamten Industrie. Hauptabnehmer sind nicht die USA, sondern China. Hier wird Kupfer vor allem für die Fertigung von Elektronikprodukten verwendet. Allerdings schwächelt auch dort derzeit die Wirtschaft. Das aktuelle US-Projekt, eine Schmelze in Arizona für 230 Millionen US-Dollar zu modernisieren, könnte indes durch Trump-Interventionen stocken.
Das Sozialprogramm der neuen Regierung, bedürftige Bürger monatlich mit 2000 Pesos (umgerechnet 100 Euro) zu unterstützen, kurbelt den Konsum an. Zudem entsteht eine Mittelschicht, die bevorzugt für internationale Unternehmen arbeitet und dort gut verdient. "Überdurchschnittliche Gehälter, Vergünstigungen und Karrieremöglichkeiten machen ausländische Firmen zu beliebten Arbeitgebern", erklärt Nemak-Manager Garza.
Freude am Konsum
Davon profitieren Unternehmen wie Walmart de México y Centroamérica, kurz Walmex. Die Tochter des US-Konzerns Walmart betreibt in Mexiko unter verschiedenen Marken insgesamt 1000 Supermärkte, Discounter, Großhandelsmärkte und Restaurants. Sparmaßnahmen führten im vergangenen Geschäftsjahr zu einer Steigerung des Gewinns vor Zinsen und Steuern (Ebitda) um 7,19 Prozent. Die Tochter trägt mit einer Dividendenrendite von rund 3,6 Prozent stark zur Profitabilität des Mutterkonzerns bei. Im Gegenzug profitiert sie von der Marktmacht der Eigenmarken.
Störfeuer seitens der USA sind hier nicht zu befürchten. Von den Peso-Schwankungen sind auch deutsche Unternehmen in Mexiko betroffen. "Der Verfall des Peso stellt die Importeure vor Probleme, weil die mexikanischen Kunden geplante Anschaffungen erst einmal aufschieben", heißt es bei der Deutsch-Mexikanischen Industrie- und Handelskammer. Wie stark die Schwankungen deutsche Firmen treffen, hängt von der Branche ab. Die Chemieindustrie, die viele Vorprodukte in US-Dollar kauft, leidet unter dem schwachen Peso. Unternehmen mit einer arbeitsintensiven Produktion in Mexiko profitieren hingegen, weil die Löhne in Peso gezahlt werden. Aktienanleger sollten die Währungsschwankungen nicht außer Acht lassen. Zur besseren Einschätzung: Die Analysten von Barclays prognostizieren für den Peso bis zum Jahresende einen Anstieg auf 19,75 US-Dollar.