Es ist noch nicht lange her, Anfang Mai, als Las Vegas mal wieder richtig Schlagzeilen machte. Vor 18 000 Zuschauern in der MGM Grand Arena ging der Boxkampf Floyd Mayweather gegen Manny Pacquiao über die Bühne. Es wurde der teuerste Fight aller Zeiten: Die Boxer kassierten zusammen 390 Millionen Euro. So viel gab es noch nie. 4,4 Millionen zahlende TV-Zuschauer fieberten am Bildschirm mit und bescherten den TV-Sendern HBO und Showtime 360 Millionen Euro an Einnahmen. Auch ein Rekord.

Und die Tickets? Die wurden für Zigtausende Dollar unter das meist prominente Volk gebracht. "Normale" Eintrittskarten kosteten umgerechnet zwischen 1380 und 6900 Euro, Tickets direkt am Ring 9000 Euro - auf dem Schwarzmarkt wurden sie für bis zu 18 000 Euro gehandelt. Die Stars kamen zuhauf, Jay Z, Beyoncé, Mark Wahlberg. 500 Privatjets verstopften den McCarran-Flughafen. Vegas nimmt’s betont locker. "Hei, wir zählen immer noch das viele Geld", so Jim Murren, Chef von MGM Resorts International.



MGM Resorts ist der größte Player in Las Vegas. Die Wurzeln des Unternehmens gehen zurück bis ins Jahr 1969. Damals erwarb der inzwischen verstorbene Investor Kirk Kerkorian das Hollywood-Filmstudio Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) und eröffnete wenig später das erste Kasinohotel in Vegas, das heutige MGM Grand. Dann ging es Schlag auf Schlag: Das Filmgeschäft wurde verkauft, um Barmittel freizumachen für die Übernahme von Mirage Resorts und Mandalay Resort mit jenen Themenhotels, die über lange Jahre das Gesicht von Las Vegas geprägt haben: Luxor, Bellagio, Mirage, Mandalay Bay, Excalibur, Treasure Island. Wahre Goldgruben.

Zuletzt, in den Jahren der Finanzkrise, ging das Geschäft in Las Vegas jedoch schlecht. Die Zocker blieben aus, die Hotels waren schlecht ausgelastet. Und ambitionierte neue Hotelprojekte gingen spektakulär pleite. Ein fast unbebautes Grundstück auf dem Las-Vegas-Strip direkt neben dem MGM Grand etwa war 2007 noch 750 Millionen Dollar wert. Ein Jahr später war es auf 220 Millionen abgeschrieben. Die Aktienkurse der Vegas-Unternehmen rutschten in den Keller. MGM Resorts etwa wurde Mitte 2007 in Frankfurt noch mit Kursen über 60 Euro gehandelt. Ende März 2009 waren es nur noch 1,50 Euro. Inzwischen sieht es jedoch wieder besser aus.

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Die Sache mit Macau



Andere erwischte es schlimmer: Wynn Resorts etwa. Ironischerweise, weil das Unternehmen von Steve Wynn - der zu den Vorreitern des modernen Vegas zählt - in den vergangenen Jahren verstärkt auf die Glücksspielinsel Macau gesetzt hat. Ähnliches gilt für Las Vegas Sands von Milliardär Sheldon Adelson. Das Problem: In Macau wird zwar immer noch gezockt wie sonst nirgendwo, allerdings ist die Wachstumsstory erst mal passé. Grund: Das Schwarzgeld bleibt aus, weil Peking der Korruption den Kampf angesagt hat.

Nach den dürren Jahren scheint sich immerhin Las Vegas inzwischen erholt zu haben. Und MGM Resorts als größtes und "reinstes" Vegas-Unternehmen dürfte davon am stärksten profitieren. Auch der Aktienkurs. Denn die Umsätze in Las Vegas haben im vergangenen Jahr sogar die Einnahmen des bisherigen Rekordjahres 2007 übertroffen: mehr Business in der Gastronomie und auch deutlich mehr Business in den Hotels.

Nur das Wachstum im Kasinobereich hinkt etwas hinterher. Doch das ist Jammern auf hohem Niveau. Die Umsätze mit Black Jack, Roulette, den "Einarmigen Banditen" und anderen Slotmachines machen immer noch um die 40 Prozent vom großen Ganzen aus.

Und man hat wieder große Pläne: Jenes auf 220 Millionen Dollar abgeschriebene Grundstück neben dem MGM Grand ist als Projekt mit dem schönen Namen "Jackpot" ausgeschrieben. Etwas weiter Richtung Downtown hat der malaysische Entwickler Genting den Grundstein gelegt für ein vier Milliarden Dollar schweres Kasinohotelprojekt, das einem Panda-Zoo Platz bieten soll sowie einem Nachbau der Chinesischen Mauer. Und gleich daneben will Crown Resorts, das Unternehmen des australischen Milliardärs James Packer, ebenfalls ein Projekt starten. Die wiedergewonnene Lust am Bauen macht dabei nicht vor legendären Stätten halt. So wird das 60 Jahre alte Riviera-Kasino abgerissen.

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Höher, schneller, weiter - jünger



So oder so: Das Publikum strömt wieder nach Vegas. 41,1 Millionen Besucher waren es im vergangenen Jahr, so viele wie nie zuvor. Vielleicht weil das Benzin in den Staaten billiger geworden ist? Vielleicht weil der Flughafen vergrößert wurde? Vermutlich auch, weil die Amerikaner dank überstandener Immobilienkrise wieder mehr Geld in der Tasche haben. Und vermutlich auch, weil Vegas mehr sein will als "nur" Spielerparadies. Der Boxkampf im MGM Grand ist nur ein Beispiel dafür. Das Unternehmen Caesars Entertainment wiederum, zu denen die Vegas-Hotels Planet Hollywood, Flamingo und Caesar’s Palace gehören, organisiert jedes Jahr die World Series of Poker, die zu einem der größten Sportereignisse der Welt zählt.

Denn klar ist: Die Besucher gerade aus Übersee sind anspruchsvoll, man verlangt nach Attraktionen. Und die dürfen gerne spektakulär sein, wie etwa das Riesenrad "High Roller", das mit seinen 167 Metern sogar höher ist als das "London Eye". Anlocken will man auch jüngeres Publikum, gehören doch die Glücksspieler tendenziell eher den älteren Semestern an. Las Vegas will und muss sich daher wieder einmal neu erfinden. Glücksspiel allein reicht längst nicht mehr aus.

MGM Resorts geht da voran. Mit der Lancierung des City Centers, eines rund 8,5 Milliarden Dollar teuren Komplexes aus Hotels, Eigentumswohnungen und Einzelhandelsflächen, setzt man allein schon optisch neue Akzente. Architekten wie Helmut Jahn und César Pelli setzten auf dem 31 Hektar großen Grundstück auf klare Linien und Funktionalität - wie man es bisher von Vegas gewohnt war - auf verspielte Fantasielandschaften. Und auch innen geht es moderner und nobler zu. Wenig Kasino, dafür umso mehr gehobene Gastronomie mit Sterneköchen aus Europa und Asien sowie exklusive Spas und Poollandschaften, die vor allem das junge Publikum ansprechen sollen.

Abseits der großen Resorts und neuen Konzepte haben sich aber auch Unternehmen etabliert, die Angebote für die nicht ganz so dicken Brieftaschen haben. Schließlich zieht es inwischen auch viel junges Volk nach Vegas. Boyd Gaming gehört dazu. Auch hier geht es um Hotels und Kasinos, aber alles eine oder gar zwei Nummern kleiner und abseits der Vegas-Hauptmeile "The Strip" gelegen.

Neben Unternehmungen in Las Vegas wie dem California Hotel, dem Fremont Hotel und dem Main-Street-Station-Kasino, die alle downtown im historischen Teil von Las Vegas liegen, ist das seit 50 Jahren von der Familie Boyd geführte Unternehmen in neun weiteren US-Staaten mit Hotels und Kasinos am Start. Das nennt man Diversifizierung - nur nicht zu abhängig machen von einem einzigen Standort. Große Pläne wie bei MGM Grand Resorts, bei Caesars oder Wynn sucht man bei Boyd vergeblich. Ebenso wie große Sprüche. Oder langwierige Geldzählaktionen nach historischen Boxkämpfen. Hier geht man auf Nummer sicher. Für Las Vegas, Stadt der Superlative und selbsternannte Stadt der Sünde - "Sin City" -, ist das beinahe exotisch und brav.



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