Michael Bloomberg, Kind einer jüdisch-
russischen Emigrantenfamilie,
ist in ärmlichen Verhältnissen
aufgewachsen. Sein Vater arbeitete
als Buchhalter in einer Bostoner Molkerei, er
verdiente gerade mal so viel, um seinen Kindern
eine gute Ausbildung zu ermöglichen.
Michael studierte zuerst Elektrotechnik in
Baltimore und finanzierte dies größtenteils
mit einem Job als Parkwächter. Als frisch gebackener
Ingenieur wechselte er nach Boston,
wo er 1966 an der Harvard Business
School das Betriebswirtschaftsstudium mit
einem "Master of Business Administration"
(MBA) abschloss.
Nächste Station: die Wall Street. Der ehrgeizige
und als arrogant geltende Bloomberg
heuerte bei Salomon Brothers an, damals eine
der weltgrößten Investmentbanken. Er kletterte
rasch die Karriereleiter hoch, leitete die
Aktienhandelsabteilung und später das Handelsinformationssystem
der Bank. Schon 1972
wurde er als Partner aufgenommen - mit gerade
mal 30 Jahren.
Bloomberg war kein Kind von Traurigkeit.
"Work hard, play hard", nach dieser Devise
lebte er. "Ich war ein Junggeselle mit
einem großen Spesenkonto, ich hatte in
jeder Stadt eine Freundin, ich fuhr
in jedem Wintersport-Resort
Ski, aß in jedem Vier-Sterne-Restaurant
und verpasste
niemals auch nur eine
Broadway-Show", erinnert
er sich.
1981 kam die Wende:
Bloomberg wurde Opfer
eines Management-
Umbaus und entlassen - allerdings mit einem "goldenen Handschlag"
über zehn Millionen Dollar. Mit diesem
Startkapital gründete er sein eigenes
Unternehmen. "Niemand bot mir damals
einen Job an, und ich war wahrscheinlich
zu stolz, um mir einen zu suchen", erzählte
er später. Seine Vision: Ein Unternehmen
für Informationstechnologie zu gründen,
das den Aktienhandel transparent und effizient
machen würde.
Sein Unternehmen Innovative Market
Systems (später Bloomberg L. P.) hatte seinen
Sitz in einem kleinen Büro in New
York. Für eine jährliche Pauschale von
20 000 Dollar bot es den Abonnenten Finanzdaten
in Echtzeit sowie Research und
News Stories an, die auf einem speziellen
Computerterminal liefen. Es war eine
harte Zeit. Bloomberg, ganz Workaholic:
"Ich habe immer versucht, morgens der
Erste im Büro zu sein und abends der
Letzte." Selbst Toilettenpausen waren für
ihn "verlorene Zeit", die jeder "auf ein Minimum
reduzieren sollte".
Den Durchbruch schaffte er, als Merrill
Lynch 20 dieser Terminals orderte. Schon
bald waren die Bloomberg-Terminals bei
allen wichtigen Finanzdienstleistern zu
finden. Auf der Basis ihrer Informationen
werden heute jeden Tag Milliarden von
Dollar bewegt. Bloomberg besitzt daneben
einen Fernsehkanal ("Bloomberg Television"),
einen Radiosender, einen Onlinehandel
sowie eine Reihe von Printprodukten.
Das Unternehmen hat 15 000 Mitarbeiter
an weltweit 192 Standorten, die täglich
5000 Storys produzieren. 315 000 Abonnenten
in 174 Ländern beziehen den Informationsdienst.
Damit wurde Bloomberg
Multimilliardär. Der 72-Jährige hält 88 Prozent
des Unternehmens.
Obwohl er über keine politische Erfahrung
verfügte, kandidierte er 2001 für das
Amt des New Yorker Bürgermeisters. Er
wurde einer der populärsten der Stadt.
"Mayor Mike" nannten ihn die New Yorker
fast schon liebevoll. Sein Erfolgsrezept: Er
führte die City so, als wäre sie eine Firma
mit einem Produkt, das es zu verkaufen
gilt. "Die Stadt ist wie ein Unternehmen mit
8,4 Millionen Kunden", sagte er. Er holte
sich Experten ins Team und nicht Parteipolitiker.
Bloomberg führe die Stadt wie
ein Oberbefehlshaber, mit einem selbstherrlichen
Managementstil, scheinbar
ohne ideologische Leitlinien und überaus
autoritär, bemängelten seine Kritiker.
Aber Bloomberg veränderte New York.
Er setzte ehrgeizige Projekte durch, die er
notfalls mit privaten Dollarmillionen finanzierte.
Er selbst bezog ein symbolisches Gehalt
von einem Dollar pro Jahr. Die Kriminalitätsrate
fiel auf ein Rekordtief, Tourismus
und Wirtschaft boomten, der Haushalt
war selbst in rauen Zeiten ausgeglichen.
Jeder Tourist konnte sich wieder
nachts nach Harlem trauen, und am Times
Square wurden Familien nicht mehr von
Obdachlosen und Prostituierten belästigt.
Bloomberg eröffnete neue Parks, ließ Hunderte
Kilometer Radwege bauen und führte
verkehrsberuhigte Zonen ein.
Aber die wiedergewonnene Lebensqualität
New Yorks hatte ihren Preis. Mieten
und Wohnungspreise explodierten. Der flächendeckenden
Luxussanierung durch
Immobilienmogule wurde Tür und Tor geöffnet.
Bloomberg selbst wohnte in einem
45 Millionen Dollar teuren Townhouse an
der Upper East Side. Sein Nachfolger Bill de
Blasio kritisierte, Bloombergs New York sei
eine geteilte Stadt. Beinahe ein Viertel der
Bürger lebe unterhalb der Armutsgrenze,
wer nicht Millionär sei, könne sich die Stadt
praktisch nicht mehr leisten.
Bloomberg mischte sich auch in das Privatleben
der New Yorker massiv ein. Er erließ
die strengsten Antirauchergesetze des
Landes - als Folge fiel die Zahl der Raucher
in New York mit 15,9 Prozent auf ein Rekordtief.
"Viele Politiker haben Angst vor
kontroversen Initiativen. Ich hatte sie nie",
sagte er dem Nachrichtenmagazin "Time".
Der 1,73 Meter große und nur 64 Kilo
leichte Mann träumte davon, dass ganz
New York seinem Gesundheits- und Fitnessideal
entsprechen sollte.
Bloomberg regierte New York zwölf
Jahre lang. Große Pläne hat er heute keine
mehr. Er weiß vor allem, was er nicht will:
"Ich werde kein professioneller Investor.
Ich will keine Professur. Ich will kein Berater
werden. Ich gehe auch nicht zurück zu
Bloomberg L. P. - und ein neues Unternehmen
werde ich auch nicht gründen."
PEB