Hinter der kryptischen Ankündigung steht nichts weniger als eine grundlegende Strategiewende des Softwareriesen. Denn gut drei Jahre nach den ersten Gerüchten wird Nadella heute Abend die lange erwartete Version des Büropakets Office für das iPad von Apple präsentieren. "Office fürs iPad kommt", heißt es in informierten Kreisen. Damit können Nutzer künftig Dokumente für Word (Textverarbeitung), Excel (Tabellenkalkulation) oder Powerpoint (Präsentationen) auch auf dem iPad erstellen und bearbeiten. Eine Android-Version dürfte wohl nicht allzu lange auf sich warten lassen.
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Neue Kräfteverhältnisse
Für den Konzern wäre das eine Zeitenwende. Denn mit der Verfügbarkeit von Office für Tablets mit anderen Betriebssystemen als dem konzern-eigenen Windows erkennt der größte Software-Hersteller der Welt auch offiziell die neuen Kräfteverhältnisse in der PC-Branche an. Während der Absatz mit PCs und Notebooks im laufenden Jahr bereits zum vierten Mal in Folge sinken dürfte, boomt das Geschäft mit iPad, Samsung Galaxy Tab und Co. ungebrochen. Alleine zwischen 2013 und 2015 rechnet der US-Marktforscher Gartner bei den Ultramobil-Rechnern mit einem Marktwachstum von knapp 80 Prozent auf rund 350 Millionen Einheiten. Der Absatz von traditionellen PCs und Notebooks dürfte dagegen im selben Zeitraum um elf Prozent schrumpfen. Die stotternden PC-Verkäufe bedrohen nun allmählich auch die beiden Hauptumsatzträger des Konzerns: Windows und Office. Beide Bereiche stehen zusammen für rund 70 Prozent des Konzern-Umsatzes und für über 80 Prozent des Gewinns.
Um seine Office-Bastion abzusichern und weiter richtig Geld zu scheffeln, hatte Microsoft-Boss Steve Ballmer das populäre Büropaket lange Zeit exklusiv für Windows-Tablets wie das konzerneigene Surface angeboten. Doch Ballmers Strategie ging nicht auf - im Gegenteil. Surface erwies sich bislang als Millionengrab. Schlimmer noch: Statt Microsoft Office schauten sich immer mehr Tablet-Nutzer nach Alternativen um - und landeten unversehens beim kostenlosem Büropaket Google Docs oder Apples Dreifaltigkeit aus Pages (Textverarbeitung), Numbers (Tabellenkalkulation) und Keynote (Präsentationen).
Jetzt zieht Nadella die Konsequenzen. Wenn nicht alles täuscht, wird Office for iPad ein Office-365-Abo voraussetzen. Je nach Umfang kostet das Angebot für fünf Lizenzen Privatanwender 99 Euro pro Jahr. Bislang gibt es dafür konzernweit bereits rund 3,5 Millionen zahlende Nutzer. Dazu kommen weltweit Millionen Unternehmenskunden.
Klar ist: Das Paket aus Office for iPad und dem Office-365-Abo wäre ein cleverer Schachzug. Nach Berechnungen von JP Morgan müssen die Abonnenten von Office 365 über die Nutzungsdauer von fünf Jahren insgesamt 308 Dollar locker machen. Dazu kommen 84 Dollar für Windows. Beim lange üblichen Kauf des Kombipakets aus Windows und Office mussten die Nutzer hingegen nur ein Mal zahlen: 180 Dollar. Angesichts dieser Aussichten und des Siegeszugs der Tablets wird sich Nadella einen solchen Deal kaum entgehen lassen. Alles andere wäre grob fahrlässig.
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Einschätzung zur Aktie:
Der Abgang von Steve Ballmer hat viele Investoren euphorisiert. Die Erwartungen an seinen Nachfolger Satya Nadella sind entsprechend groß. Aber Nadella wird sich davon nicht beirren lassen. Die Eckpfeiler seiner Strategie hat sind klar: Nadella setzt auf die Cloud. Office fürs iPad und die Anbindung an die eigene Speicherplattform OneDrive (früher: SkyDrive) wird da ein erster Meilenstein sein. Investoren werden das aufmerksam registrieren. Für die Aktie ist das eine gute Botschaft. Der Aufwärtstrend ist intakt. Gewinne laufen lassen. Stopp auf 25 Euro nachziehen.