In Frankfurt sorgte die Übernahme von Drillisch durch United Internet (UI) für gute Laune. "Endlich wagt United Internet bei Drillisch den großen Schritt", kommentierte ein Börsenhändler. Die Aktien beider Unternehmen zogen nach Handelsstart um jeweils fast 10 Prozent an. Den Kaufpreis für Drillisch bezahlt UI in dem es sein Endkundengeschäft der Marke 1&1 in zwei Schritten in den Mobilfunkanbieter einbringt. Im Gegenzug gibt Drillisch insgesamt 117 Millionen neue Aktien an den Internetanbieter aus. Durch diese Transaktion baut UI seinen Anteil an Drillisch automatisch auf dann 73 Prozent aus.

1&1 wird bei dem Deal mit 5,85 Milliarden Euro bewertet. Zudem bietet UI allen Drillisch-Aktionären 50 Euro je Anteil. Das ist ein Aufschlag von rund drei Prozent auf den Drillisch-Schlusskurs vom Donnerstag. Weil UI bereits 20 Prozent der knapp 55 Millionen Drillisch-Aktien hält, liegt der Gesamtpreis für die übrigen Aktien bei rund 2,2 Milliarden Euro. Drillisch soll allerdings weiter an der Börse gelistet bleiben und Dividende zahlen. Weil zwischen Drillisch und UI kein Gewinnabführungsvertrag geschlossen wird, verbleiben die 1&1 Gewinne in Zukunft bei der Tochtergesellschaft. Die Ausschüttung der Drillisch Erträge werden damit in Zukunft zu einer wichtigen Stütze für die UI-Dividende, weshalb Dommermuth "an einer hohen Ausschüttung", interessiert ist. Die Dividendenpolitik bei UI bleibt bestehen, unverändert sollen 20 bis 40 Prozent der Gewinne an die Aktionäre ausgekehrt werden.

"1&1 verfügt über eine starke Marke, einen riesigen Kundenstamm und enorme Vertriebskraft. Drillisch ist ein schnell wachsender Mobilfunkanbieter mit einem attraktiven Produktportfolio", sagte Dommermuth, der auch an der Spitze des zusammengeschlossenen Mobilfunkanbieters stehen will. Der Mitgründer und größte Aktionär von United Internet hatte Übernahmeabsichten in den vergangenen Jahren mit Verweis auf den stark gestiegenen Aktienkurs von Drillisch kleinzureden versucht. Doch Drillisch ist vor allem wegen seines Deals mit Telefonica Deutschland zur Netzmiete interessant. Drillisch kann demnach schrittweise bis zu 20 Prozent der Netzkapazitäten des Münchener O2-Betreibers nutzen - und hat eine Option auf weitere 10 Prozent bis 2020. Die Netzmiete war eine Voraussetzung der Aufseher für die milliardenschwere E-Plus-Übernahme durch Telefonica 2014.

Durch die bessere Auslastung dieser zur Verfügung stehenden Kapazität will UI große Synergien schaffen. Zusammen haben beide Telekomanbieter über zwölf Millionen Kunden und können diesen nun Komplettpakte rund um Internet, Telefonie und Mobilfunk anbieten. Neben dem Angebot von Handyverträgen mit höchster Bandbreite an UI- und Internet-Flaterates an Drillisch-Kunden will Dommermuth auch Kosten im Einkauf bei den Netzbetreibern einsparen. Besser Netzauslastung, Einsparungen im Einkauf und Marketing sowie Nutzung der Drillisch Vertriebskanäle sollen ab 2020 Synergien in Höhe von 150 Millionen Euro jährlich ermöglichen. Bis 2025 sollen die Effizienzgewinne dann auf 250 Millionen Euro pro Jahr ansteigen.

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Einschätzung der Redaktion



Strategisch macht der Zusammenschluss Sinn. Telekomdienstleistungen sind ein Massengeschäft und je besser UI das Drillisch Netz auslasten kann, desto höher fallen die Skaleneffekte aus. Die Transaktion sei der logische nächste Schritt im Konsolidierungsprozess der deutschen Mobilfunkbranche, hieß es von den Analysten von Bernstein Research. Und auch die Experten der britischen Bank Barclays werten sie als positiven Schritt für den deutschen Telekommarkt, weil dadurch der scharfe Wettbewerb im unteren Preissegment gemildert werden dürfte. Ob die Vorteile tatsächlich die genannten Größenordnungen voll erreichen wird sich ab 2018 zeigen, wenn der Zusammenschluss endgültig abgeschlossen ist. In jedem Fall aber dürfte sich die neue Größe positiv auf das Geschäft auswirken, während UI gleichzeitig klares Dax-Material wird. Drillisch-Anleger haben derzeit wiederum wenig Grund ihre Papiere UI anzudienen, schließlich stehen die Aktien derzeit über dem Übernahmeangebot von 50 Euro. Gleichzeitig könnte die Dividende in Zukunft deutlich steigen, allerdings muss dafür eine massive Verwässerung in Kauf genommen werden. Unser Votum für Drillisch lautet daher halten und für UI kaufen, da wir bei der zukünftigen Muttergesellschaft von Drillisch das größere Kurspotential sehen.

United Internet


Kursziel: 56,50 Euro
Stoppkurs: 42,50 Euro

Drillisch


Kursziel: 53,00 Euro
Stoppkurs: 49,50 Euro