von Patrick Kolb, Portfoliomanager globale Aktien bei Credit Suisse
Keine ausländische Nation, kein Hacker sollte in der Lage
sein, unsere Netzwerke stillzulegen, unsere Industriegeheimnisse
zu stehlen oder in die Privatsphäre von amerikanischen
Familien, vor allem die unserer Kinder, einzudringen",
proklamierte im Februar dieses Jahres US-Präsident Barack
Obama. Zuvor und seitdem hat es immer wieder Angriffe auf ITNetzwerke
verschiedener amerikanischer Institutionen gegeben.
Und nicht nur dort: Wie wichtig und zugleich wie schwierig der
Schutz von IT-Systemen ist, hat einmal mehr der Hackerangriff
auf das Netzwerk des Deutschen Bundestags gezeigt.
Die Zahl der Datenschutzverletzungen steigt stetig. Einer Umfrage
der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers zufolge
haben etwa drei Viertel aller befragten Unternehmen mindestens
einen sicherheitsrelevanten Vorfall innerhalb der vergangenen
zwölf Monate registriert. In der gleichen Untersuchung wird die
durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der aufgedeckten
Vorfälle zwischen 2009 und 2014 mit 66 Prozent angegeben. Allein
2014 betrug der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr 48 Prozent
auf 42,8 Millionen Vorfälle - oder 117 339 Angriffe pro Tag. Der
durchschnittliche finanzielle Schaden, der 2014 weltweit im Zusammenhang
mit Cyber-Sicherheit entstand, wird auf 2,7 Millionen
US-Dollar geschätzt, 34 Prozent mehr als 2013. Trotzdem:
Nach Ansicht des Sicherheitsunternehmens Trustwave Holdings
werden bis zu 71 Prozent der Vorfälle nicht entdeckt. Das spornt
viele Unternehmen an, ihre Daten besser zu schützen. Denn sie
fürchten nicht nur den unmittelbaren wirtschaftlichen Schaden,
sondern auch Image- und Vertrauensverluste bei ihren Kunden.
Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung der Weltwirtschaft
und der neuen Qualität bei Angriffen aus dem Internet werden
Cyber-Kriminelle voraussichtlich bald in jeden Lebensbereich
eindringen. Neue Schwachstellen werden zum Beispiel bei
medizinischen Geräten, mobilen Zahlungssystemen, Unterwasser-Telekommunikationsverbindungen
oder Funksensoren für das
Internet der Dinge gesehen. Hinzu kommt, dass sich das allgemeine
Profil und die Motive der Hacker verändert haben. Problematisch
sind heute weniger Teenager, die mit ihren Aktionen möglichst
viel Aufmerksamkeit erlangen wollen, sondern vielmehr neue Akteure
mit höchst unterschiedlichen Motiven und sehr guter Ausbildung.
So werden beispielsweise auch komplexe Industrieanlagen
und Kraftwerke angegriffen. In Deutschland wurden laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik bei einem Angriff
auf das Netzwerk eines Stahlwerks die Steuerungssysteme
dermaßen manipuliert, dass ein Hochofen nicht mehr ordnungsgemäß
heruntergefahren werden konnte. Es ist wohl nur noch
eine Frage der Zeit, bis Cyber-Gefahren auch Computersysteme
betreffen, die die Infrastruktur eines Landes steuern.
Die USA erarbeiten bereits ein IT-Sicherheitsgesetz, das den Aufsichtsräten
und der obersten Geschäftsführung von Unternehmen
die Verantwortung für den Datenschutz überträgt. Am 8. Juli
2014 verabschiedete das Senate Intelligence Committee einen
Gesetzesentwurf
zur Cyber-Sicherheit, in dessen Rahmen mehr
Informationen zu Cyber-Sicherheitsrisiken zwischen dem öffentlichen
und dem privaten Sektor ausgetauscht werden dürfen. Am
13. Februar 2015 kündigte Präsident Barack Obama eine Durchführungsverordnung
an, nach der die Regierung und Unternehmen
angewiesen werden, mehr Informationen über Bedrohungen
in Verbindung mit Cyber-Sicherheit auszutauschen. Eine ähnliche
Entwicklung ist in Europa zu erwarten.
Auch für Anleger bietet die steigende Bedeutung robuster IT-Sicherheitssysteme
Chancen. Laut "Financial Times" wird für
2015 weltweit ein Anstieg der Ausgaben für Informationssicherheit
um 8,2 Prozent auf 76,9 Milliarden US-Dollar erwartet. Für
langfristig orientierte Investoren kann es also durchaus attraktiv
sein, in IT-Sicherheitsunternehmen zu investieren.
Patrick Kolb
Nachdem er 2001 das Studium der Wirtschaftswissenschaften
mit Schwerpunkt Finance an der Universität Zürich abgeschlossen
hatte, arbeitete Patrick Kolb am dortigen Swiss
Banking
Institute als Doktorand und Assistent. 2005 erfolgte
seine Promotion und er stieg bei Credit Suisse als Portfoliomanager
im Bereich weltweite Aktien ein. Aktuell managt er
den Aktienfonds CS Global Security.