Angenommen, Sie leihen jemandem 100 Euro für ein Jahr. Drei Personen stehen zur Auswahl: Die erste bringt eine Bürgschaft einer großen Bank mit, so geht Ihr Risiko, das Geld nicht zurückzubekommen, gegen null. Allerdings kostet die Bürgschaft einen Euro an Gebühren, Sie bekommen nach einem Jahr 99 Euro zurück. Die zweite Person gilt als sehr finanzstark und vertrauenswürdig, hat aber keine Bürgschaft und sagt Ihnen zu, 105 Euro zurückzuzahlen. Die Dritte gilt als Hasardeur, verspricht Ihnen aber nach einem Jahr 200 Euro. Wem würden Sie Ihr Geld geben?

Die meisten Deutschen wählen Variante eins. Motto: Hauptsache sicher. Gerade hat das Meinungsforschungsinstitut Kantar TNS für den Bundesverband deutscher Banken eine Umfrage gemacht, was den Bundesbürgern beim Geldanlegen wichtig ist. Ganz vorn: Sicherheit, noch vor Rendite oder Nachhaltigkeit. Die Bereitschaft, bei der Geldanlage ein höheres Risiko einzugehen und so Renditechancen zu erhöhen, ist den Ergebnissen zufolge "sehr gering ausgeprägt".

Entsprechend sieht der Anlagemix aus: Bei der Umfrage, bei der Mehrfachnennungen möglich waren, dominiert das Sparbuch, auf das 41 Prozent setzen. Es folgen Lebensversicherung (33 Prozent), Bausparvertrag (30 Prozent), Immobilien (25 Prozent) und Tagesgeld (23 Prozent). Nur knapp ein Viertel der Anleger (23 Prozent) setzt demnach auf Aktien, Aktienfonds oder andere Wertpapiere.

Das kommt die Deutschen aber teuer zu stehen. Wer vor zehn Jahren 10.000 Euro auf ein Sparbuch eingezahlt hat, verfügt nun inklusive Zinseszins über 11.161 Euro. Bei einer Anlage in den deutschen Aktienleitindex DAX wären daraus immerhin 21.100 Euro geworden. Hätte der Anleger allerdings die Aktie des deutschen Medizintechnikunternehmens Sartorius gekauft, hätte er heute weit über einer halbe Million Euro.

Wo steckt die 1.000-Prozent-Aktie?


Die Aktie des im MDAX gelisteten Laborausrüsters hat in den vergangenen zehn Jahren rund 6.100 Prozent zugelegt. Die ausgeschütteten Dividenden sind da noch nicht einmal berücksichtigt. Ein Glückstreffer, mag man einwenden. Und sicher, Glück gehört dazu, um mit einer Aktie solch einen hohen Gewinn zu erzielen.

Aber nicht nur. Schaut man sich an, welche Aktien eine solche Performance erzielt haben, so erkennt man Gemeinsamkeiten. Die Unternehmen sind in den meisten Fällen in einer Branche unterwegs, deren Perspektiven gut sind, etwa Gesundheit, siehe Sartorius. Oder Technologie, wo etwa der Internetgigant Amazon in zehn Jahren ebenfalls weit über 1.000 Prozent zugelegt hat.

Aber es zeigt sich auch, dass zum Zeitpunkt des Investments das volle Potenzial noch nicht erkennbar war. Amazon war anfangs ein gigantischer Internetbuchhändler und weit weg vom heutigen Allrounder. Das gilt auch für Kosmetikunternehmen. Sie profitieren von Social-Media-Diensten wie Instagram, Facebook und Co und der damit einhergehenden Bilderflut. Weil Nutzer auf Fotos gut aussehen möchte, boomen Kosmetika. Das war vor zehn Jahren in dem Ausmaß nur zu erahnen - da gab es Instagram noch gar nicht. Die Plattform wurde im Oktober 2010 eingeführt. Irgendwie ist es da im Nachhinein kein Wunder, dass sich Aktien von US-Kosmetikunternehmen prächtig entwickelt haben, etwa Estée Lauder oder Ulta Beauty.

Und noch etwas fällt auf: Die Unternehmen waren auch vor zehn Jahren bereits gut positioniert. Sicher, man kann Glück haben und auf einen kleinen Newcomer setzen, dessen Aktie durch die Decke geht. Weniger riskant aber ist es, auf Titel gestandener Firmen zu setzen. "An den Finanzmärkten gibt es viele Träume - und auch viele Träumer. Eine gute Idee allein reicht nicht, um damit Geld zu verdienen", sagt Hendrik Leber, Mitgründer und geschäftsführender Gesellschafter der Fondsgesellschaft Acatis.

Kommende Megatrends


Was aber sind die künftigen Megatrends? Für Martin Lück, Chefstratege für Deutschland, Österreich und Osteuropa beim weltgrößten Investmenthaus Blackrock, zeichnen sich Megatrends dadurch aus, dass sie gesellschaftliche Entwicklungen auslösen und dabei auch noch miteinander zusammenhängen können. Das zeigt sich beispielhaft an einer der von ihm identifizierten globalen Entwicklungen, der Urbanisierung. Immer mehr Menschen ziehen in Städte. In den Ballungsräumen aber wird Mobilität zu einem wichtigen Thema, und damit autonomes Fahren sowie künstliche Intelligenz.

€uro am Sonntag hat fünf Trends mit großem Gewinnpotenzial ausfindig gemacht. Zu jedem dieser Themen stellt die Redaktion sowohl spannende Einzelwerte als auch breiter streuende Investmentvehikel wie Fonds, ETFs oder Zertifikate vor. Nicht alle werden Anlegern vierstellige Gewinne bringen. Aber mehr Freude als das Sparbuch dürften sie sicher bereiten.

Raumfahrt:
Viel Raum für Gewinne


Kaum sind die Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des ersten Menschen auf dem Mond vergangen, planen die USA den nächsten Coup. Im Sommer 2021 soll eine neue Mission starten und den Mondlander "Peregrine" auf den Erdtrabanten bringen. Die Mission wird auch die Premiere für die von Boeing und Lockheed Martin entwickelte "Vulcan"-Rakete sein. Boeing hat bei der NASA stets gute Karten, die US-Weltraumbehörde arbeitet bei vielen Projekten mit dem Luft- und Raumfahrtgiganten zusammen.

Insgesamt wird das Potenzial der Raumfahrt als gigantisch eingeschätzt: Die Bank of America Merrill Lynch sieht das Volumen im Jahr 2045 bei 2,7 Billionen Dollar. Zum Vergleich: 2016 waren es noch 339 Milliarden Dollar.

Davon wird auch Aerojet Rocketdyne Holdings (früher GenCorp) profitieren. Das US-Unternehmen stellt Antriebssysteme für die Raumfahrt her. Unter anderem bauen die Kalifornier Antriebe für die Raketen, die bei Mars-Expeditionen eingesetzt werden.

Der einzige börsennotierte deutsche Raumfahrtkonzern ist OHB. Die Bremer sind vor allem auf Satellitensysteme spezialisiert und bauen beispielsweise 14 Satelliten für das europäische Navigationssystem Galileo, die Alternative zum US-System GPS. Sie profitieren zudem davon, dass Europa in Sachen Raumfahrt zunehmend auf Eigenständigkeit und Unabhängigkeit setzt.

Wer sein Investment breiter streuen will, kauft den ETF Aerospace & Defence, der auf US-Aktien im Luft- und Raumfahrtsektor setzt.

Robotik:
Automatisch in die Zukunft


Laut Schätzungen der International Federation of Robotics sind aktuell weltweit fast eine halbe Million Industrieroboter im Einsatz. Und die Zahl steigt täglich an. Davon profitiert der Industrieroboter-Anbieter Yaskawa, der vor rund einem Jahr die zusammen mit Siemens aufgebaute Tochter Yaskawa Siemens Automation & Drives Corp. komplett übernommen hat. Damit sind die Japaner gerade im Bereich der Automatisierung (Stichwort Industrie 4.0) stark aufgestellt.

Neben der Industrie kommen aber auch im Alltag immer mehr Roboter zum Einsatz - vom Saugroboter bis hin zum autonomen Fahrzeug. Gerade das selbstfahrende Auto gilt als automobile Zukunft. Dafür müssen zahlreiche Sensoren verwendet werden, etwa um Position oder Geschwindigkeit zu bestimmen. Solche Sensoren und Komponenten baut das belgische Unternehmen Melexis, dessen Aktie neben guten Perspektiven eine attraktive Dividendenrendite von 3,8 Prozent bietet.

Immer wichtiger wird aber auch die künstliche Intelligenz, gewissermaßen das Hirn der Maschinen. Das Unternehmen Splunk aus Kalifornien bietet Software an, um Sensor- und Maschinendaten in Echtzeit auszuwerten und aufgrund der Daten Prognosen zu erstellen. Die Aktie ist allerdings recht volatil.

Wer das Risiko reduzieren will, ist mit Robotik-Fonds besser bedient. Die diversifizieren über verschiedene Branchen wie Industrie, Gesundheit oder Software.

Ernährung:
Große Erbsenzählerei


Wenn es ein überzeugendes Börsendebüt in diesem Jahr gab, dann war das Beyond Meat. Die Aktie des US-Herstellers von Fleisch-Ersatzprodukten kam Anfang Mai zu einem Ausgabepreis von 25 Dollar an die Börse. Mittlerweile pendelt die Aktie um die Marke von 150 Dollar. Die Investoren reißen sich um das Papier, weil sie glauben, dass Beyond Meat mit seinen Produkten wie veganen Burgern den Nerv der Zeit trifft.

Bei dem Verzicht auf Fleisch handelt es sich aber nicht nur um einen kurzlebigen Modetrend, sondern er ist auf lange Sicht schlicht unumgänglich. Laut Schätzungen der Vereinten Nationen werden in 30 Jahren fast zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben, fast ein Viertel mehr als heute. Wenn der Fleischkonsum in gleichem Maß ansteigen würde, käme es zu gigantischen Umweltproblemen. Schon jetzt gehen die Weide- und Anbauflächen weltweit durch Erosion und Versiegelung der Landschaft zurück. Bleibt als Alternative nur, Wälder zu roden - was ebenfalls fatal für den Klimaschutz wäre.

Mit Fleisch werden derzeit pro Jahr fast 1,5 Billionen US-Dollar umgesetzt. Fällt davon auch nur ein kleiner Teil für Fleischersatz ab, eröffnet sich ein riesiger Markt. Die Banken liefern sich bereits ein Rennen um die höchsten Prognosen. JP Morgan erwartet, dass sich das Volumen in 15 Jahren auf über 100 Milliarden Dollar verhundertfachen wird. Barclays rechnet sogar mit 140 Milliarden in zehn Jahren. Gute Perspektiven für die Beyond-Meat-Aktie, die allerdings nach dem massiven Kursanstieg auch schon sehr hoch bewertet ist. Deutlich günstiger ist dagegen das Papier von Kellogg. Das US-Unternehmen ist vor allem für seine Cerealien zum Frühstück bekannt, hat sich aber auch ein Standbein im Bereich der Fleischersatzprodukte aufgebaut.

Geschmack aus dem Labor


Aber nicht nur beim Fleisch zeichnet sich ein Trend zu weniger Konsum ab, sondern auch beim Zucker. Der gilt zunehmend als gesundheitsschädlicher Dickmacher. Deswegen gehen immer mehr Nahrungs- und Getränkehersteller dazu über, ihn in ihren Produkten entweder zu reduzieren oder gleich ganz zu ersetzen. Stevia etwa ist ein Süßstoff, der aus der Pflanze via Fermentierung gewonnen wird. Aber auch andere Geschmacks- und Zusatzstoffe können so hergestellt werden. Viele dieser Geräte, in denen Mikroorganismen, Zellen und Pflanzen fermentiert werden, stammen vom deutschen Laborausrüster Sartorius. Wer sein Investment breiter über die Branche streuen möchte, dem bieten sich Aktienfonds mit dem Thema Ernährung an, etwa der Parvest Smart Food oder der RobecoSAM Sustainable Food Trends.

Urbanisierung:
Wenn die Stadt ruft


Immer mehr Menschen zieht es in die Städte. Bis 2050 werden zwei Drittel der Weltbevölkerung in Ballungsräumen wohnen, prognostizieren die Vereinten Nationen. Dabei boomen vor allem Megacitys mit über zehn Millionen Einwohnern.

Für die Städte selbst aber ist der Trend eine immense Herausforderung. Sie müssen mehr Wohnraum zur Verfügung stellen. Wo immer mehr gebaut wird, kommt auch vermehrt Bausoftware zum Einsatz, wie etwa die des deutschen Anbieters Nemetschek. Dessen volatile Aktie liegt im langjährigen Aufwärtstrend.

Aber auch die dezentrale und effiziente Nutzung von Energie wird in der Stadt der Zukunft wichtig werden. Ein Komplettanbieter von auf Solarenergie basierenden schlauen Häusern (Smart Homes) ist Vivint Solar. Das US-Unternehmen schreibt noch Verluste, Analysten aber meinen, dass im nächsten Jahr die Gewinnzone erreicht werden könnte. Um den Sicherheitsbedürfnissen der Städter zu entsprechen, werden auch intelligente Schließsystem stärker nachgefragt sein - etwa die des weltweit agierenden schwedischen Unternehmens Assa Abloy.

In der Mobilität geht der Trend zum Carsharing. Vom Autoverleiher Sixt gibt es sowohl Stamm- als auch Vorzugsaktien. Die Vorzüge sind deutlich günstiger und deswegen derzeit die bessere Wahl. Der Fonds Pictet SmartCity bildet die Themen Mobilität und Transport, Infrastruktur, Immobilien und nachhaltiges Ressourcenmanagement ab.

Digitales Bezahlen:
Digital abkassieren


Egal, ob an der Supermarktkasse oder im Restaurant: Bargeldlos bezahlen wird immer populärer. Und im stetig wachsenden Onlinehandel ist Bargeld sowieso kein Thema. Davon profitieren Kreditkartenanbieter wie Visa. Die Aktie notiert nahe dem Allzeithoch und liegt in einem langjährigen Aufwärtstrend.

Aber auch die digitalen Zahlungsabwickler haben beste Aussichten. Zu denen gehören neben dem DAX-Konzern Wirecard auch Adyen aus den Niederlanden oder Global Payments aus den USA. Sie erledigen den Zahlungsverkehr, betreiben die Infrastruktur und kassieren dafür Provisionen. Bis zum Jahr 2023 soll der Markt laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey für rund drei Billionen Dollar Umsatz pro Jahr gut sein. Neben den guten Aussichten treibt die Branche derzeit auch eine veritable Übernahmewelle um. Für Aktionäre ist das ein gutes Geschäft, weil meist saftige Aufschläge bezahlt werden.

Die Fusionen sind so in Mode, weil Größe in dem Bereich ein echter Wettbewerbsvorteil ist. Denn die Anbieter müssen nur einmal die Infrastruktur mit hohen Investitionskosten aufbauen. Je mehr Transaktionen dann über diese Infrastruktur laufen, desto niedriger sind die Kosten pro Transaktion.

Das Mobile-Payment-Zertifikat der Deutschen Bank bildet den Solactive Mobile Payment Index ab, in dem sich 20 wichtige Unternehmen rund ums digitale Bezahlen tummeln.