In diesem Punkt sind sich die poli­tischen Konkurrenten einig: Am "Fest der Demokratie" sollen alle 900 Millionen stimmberechtigten Inder teilnehmen können. Egal, wie abgelegen die Wähler auch wohnen, zur nächsten Urne dürfen es nach Vorgabe der Election Commission of India nur zwei Kilometer sein. Indiens Wahlbehörde hat über das ganze Land verteilt rund eine Million Wahllokale eingerichtet. Zwischen dem 11. April und dem 19. Mai entscheiden Indiens Bürger in sieben Phasen, welche Partei in der ersten Kammer des aktuell 543 Sitze umfassenden Parlaments, der Lok Sabha, die Mehrheit stellt und wer in den kommenden fünf Jahren das Land als Ministerpräsident führen wird.

Der Ausgang der Wahl wird die Entwicklung an der Börse in Mumbai stark beeinflussen. Sollten die bisher regierende hindunationalistische Bharatiya Janata Partei (BJP) und Ministerpräsident Narendra Modi ihre Reformpolitik fortsetzen können, rechnen Experten mit weiter anziehenden Kursen.

In den vergangenen fünf Jahren erzielte Indiens Leitindex pro Jahr ein Plus von circa 13 Prozent. Seit Jahresanfang hat der 30 Werte umfassende BSE Sensex auf Eurobasis um über acht Prozent zugelegt. Die Bank Goldman Sachs hält trotz hoher Bewertungen in den kommenden zwölf Monaten ein weiteres starkes Plus für möglich. Auch Mark Mobius, Chef von Mobius Capital Partners, ist engagiert - für den Schwellenländerexperten ist der Subkontinent die "Top-Wette" des Jahres 2019.

Jüngsten Umfragen zufolge liegen BJP und Modi in der Wählergunst knapp vorn. Der Premier hatte zuletzt dank seiner entschlossenen Rhetorik gegenüber dem Nachbarland Pakistan nach einem Anschlag auf indische Sicherheitskräfte in Kaschmir gepunktet. Die Aussicht auf politische Kontinuität lockt auch internationale Investoren an: Umgerechnet mehr als vier Milliarden Euro sollen seit Jahresanfang in indische ­Titel geflossen sein.

Gandhi umwirbt die Armen

Übernimmt dagegen die bisher oppositionelle, von Rahul Gandhi geführte linksliberale Kongresspartei das Ruder, dürften ausländische Anleger Mittel abziehen beziehungsweise abwarten, welche wirtschaftspolitischen Vorhaben die neue Administration umzusetzen gedenkt. Der 48 Jahre alte Gandhi, Enkel der früheren Premierministerin Indira Gandhi und Urenkel von Jawaharlal Nehru, dem ersten Premierminister nach der Unabhängigkeit Indiens, verspricht zwar den "finalen Kampf gegen die Armut" - 50 Millionen Inder sollen ein Grundeinkommen von umgerechnet 884 Euro pro Jahr vom Staat erhalten. Auch will Gandhi die Lebensbedingungen in Slums wie Dharavi in Mumbai verbessern (65 Millionen Inder leben in Armenvierteln), darüber hinaus haben Wähler und Anleger jedoch in ­puncto Ökonomie noch nicht viel Konkretes erfahren.

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Modi mit ambitionierten Zielen

Völlig unwahrscheinlich ist ein Regierungswechsel nicht. Im Vergleich zum Wahlergebnis aus dem Jahr 2014 hat ­Narendra Modi deutlich an Zustimmung verloren. Zu Beginn seiner Amtszeit hatte er zehn Millionen neue Jobs pro Jahr versprochen. 2017 waren es jedoch lediglich 1,7 Millionen. Trotz hoher wirtschaftlicher Wachstumsraten von um die sieben Prozent ist die Arbeitslosigkeit nach Angaben des Centre for Monitoring Indian Economy im Februar auf 7,2 Prozent gestiegen. Modi muss Lösungen finden. Jedes Jahr strömen zwölf Millionen Menschen neu auf den Arbeitsmarkt.

Wie ernst die Lage ist, zeigt sich an ­Indiens Eisenbahn - auf 63.000 freie Stellen gingen dort jüngst 19 Millionen Bewerbungen ein. Auch die Bauern sind unzufrieden. Die Preise für landwirtschaftliche Güter sind deutlich gesunken. Viele Bauern sind hoch verschuldet, die Selbstmorde auf dem Land nehmen zu.

Andererseits hat der 68 Jahre alte Modi auch viel auf den Weg gebracht und insbesondere die Infrastruktur modernisiert. Regierungsentscheidungen werden schneller umgesetzt als vor seiner Amtsübernahme. Auch die Zahl der Menschen, die über ein Bankkonto verfügen, stieg deutlich an.

Ebenso haben sich Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftsfreundlichkeit wesentlich verbessert. In dem von der Weltbank erstellten "Doing Business Report" belegt der Subkontinent mittlerweile Platz 77. Vor fünf Jahren rangierte Indien noch auf Platz 142. Modis Ehrgeiz ist damit noch nicht gestillt - er will ­Indien unter die 50 wirtschaftsfreundlichsten Länder der Welt führen.

Allerdings sind Modi auch handwerkliche Fehler unterlaufen. Die Bargeldreform im November 2016 fügte Indiens Wirtschaft Schaden zu. Über Nacht wurden seinerzeit die 500- und 1000-Ru­pien-Scheine für ungültig erklärt. Die Maßnahme sollte die Besitzer von Schwarzgeld treffen. Doch ohne Bargeld brachen Handel und Konsum ein, Unternehmer konnten ihre Mitarbeiter nicht mehr bezahlen, vor den Banken bildeten sich lange Schlangen. Auch die Einführung einer einheitlichen Mehrwertsteuer in allen indischen Bundesstaaten verlief weitgehend chaotisch. Mittlerweile beginnt die "Goods and Services Tax" jedoch, ihre positive Wirkung auf die indische Binnenwirtschaft zu entfalten.

Für die kommende Legislaturperiode kündigte Modi weitere Maßnahmen an, die Investoren gefallen. Unter anderem will er Steuererleichterungen für die Mittelschicht durchsetzen. Unternehmen wie beispielsweise die Autobauer Maruti Suzuki und Bajaj Auto sowie der Konsumgüterproduzent Hindustan Unilever dürften von einer damit einhergehenden Stimulierung der Binnennachfrage profitieren. Zudem will Modi die Privatisierung von Staatsbetrieben vorantreiben. Von rund 30 Unternehmen wie Air India oder dem Bauunternehmen Bridge and Roof will sich der indische Staat ganz trennen oder große Anteile verkaufen.

Zu den Gewinnern der Privatisierungsoffensive Modis zählt bereits Gautam Adani, Chef des an der Börse gelisteten Konglomerats Adani Group. Der Milliardär erhielt jüngst den Zuschlag für den zunächst auf 50 Jahre angelegten Betrieb von Großflughäfen wie Lucknow und Jaipur. Auf die Erweiterung des Firmenimperiums der Adani Group reagierte die Börse positiv.

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Investor-Info

Stewart Indian subcontinent
Konzentriertes Portfolio

Sashi Reddy und David Gait haben derzeit rund 77 Prozent der Mittel des Fonds in indische Werte investiert. In ihrem aus nur 35 Titeln bestehenden Portfolio finden sich auch Unternehmen aus Sri Lanka und Bangladesch. Nachhaltige Chancen sehen die Manager des Stewart Indian Subcontinent insbesondere bei familiengeführten Unternehmen wie dem Autobauer Mahindra Group. Auch Dabur India unterstellen sie Kurspotenzial, das Unternehmen zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Ayurveda-Produkten. Auf Sicht von fünf Jahren legte der Fonds in Euro gerechnet um 106 Prozent zu.