Zum 1. September übergibt Simon Moroney nach 20 Jahren den Chefposten der Münchner Biotechfirma Morphosys an Jean-Paul Kress, und er hinterlässt, wie es so schön heißt, ein bestelltes Haus. Im kommenden Jahr könnte nach dem erfolgreichen Launch des Schuppenflechtemedikaments Tremfya durch den Partner Johnson & Johnson das erste eigene Medikament von Morphosys zugelassen werden: MOR 208, das jetzt Tafasitamab heißt. Im zweiten Halbjahr will das Unternehmen den Zulassungsantrag in den USA einreichen, bis Mitte 2020 in Europa. Mit einer Entscheidung der Behörden ist jeweils ein gutes halbes Jahr später zu rechnen.

Das Mittel gegen bestimmte Blutkrebserkrankungen ist ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte von Morphosys. Die Positionierung als Alternative zu den teuren und durchaus riskanten CAR-T-Zelltherapien nutzt eine attraktive Nische. Analysten rechnen mit Spitzenumsätzen zwischen 790 Millionen und 1,5 Milliarden Dollar pro Jahr, die Tafasitamab erreichen könnte.

Solche Prognosen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, denn die Konkurrenz schläft nicht. Zudem muss sich noch zeigen, ob sich der Wirkstoff in weiteren Blutkrebsformen und als Erstlinien­behandlung bewährt, nicht nur wie im Moment bei Patienten, die bereits mehrere Therapieoptionen ausgeschöpft beziehungsweise Rückfälle erlitten haben. Eine entsprechende "First line"-Studie soll im vierten Quartal starten.

Herausforderung Vermarktung


Die Zulassung vorausgesetzt, muss der neue Chef dann zeigen, dass Morphosys nicht nur Medikamente entwickeln, sondern auch verkaufen kann. Eine ganz neue Herausforderung, bei der die Münchner gegen die geballte Marketing- und Vertriebspower von Big Pharma antreten. Fortlaufende Einnahmen aus den Partnerprogrammen versüßen diese Übergangsphase. Besonders bei Tremfya sollten diese Umsätze erfreulich wachsen. Johnson & Johnson hat diverse Studien gestartet, um die Patientenbasis zu vergrößern. Und GlaxoSmithKline nähert sich mit MOR 103 (jetzt Otilimab) der Zulassung. Damit steht Morphosys glänzend da. Trotzdem wird Kress sich bald von Investorenseite fragen lassen müssen, wann das Unternehmen denn mal aus der Verlustzone kommt.

Sprunghaft: Nach Überwinden des 110-Euro-Widerstands ist der Weg frei Richtung 120 Euro. Laufen lassen und Stoppkurs nachziehen.

Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 130,00 Euro
Stoppkurs: 88,00 Euro