Lange hatten die Anleger darauf gewartet, doch der Tag, an dem der weltgrößte Rückversicherer Munich Re die Details zum Umbau seiner Problemsparte Ergo präsentierte, endete mit einer Enttäuschung. Die Pläne konnten sie nicht überzeugen. Der Aktienkurs fiel am Mittwoch um ein Prozent und am Donnerstag um 2,2 Prozent - ein Verlust von 3,2 Prozent innerhalb von zwei Tagen. Zum Vergleich: Der Dax gab im gleichen Zeitraum nur 1,5 Prozent ab. Am Freitag setzte sich die Talfahrt fort. Mit minus 1,8 Prozent gehörten sie erneut zu den schwächsten Werten im deutschen Leitindex. Insgesamt belief sich der Verlust in der vergangenen Woche auf 5,2 Prozent. Nur die Deutsche Bank und die Commerzbank waren noch schwächer.

Neben den Anlegern zeigten sich auch Analysten und Arbeitnehmervertreter nicht gerade begeistert. Die Analysten kritisierten unter anderem die lange Dauer des Umbaus, lobten aber die mögliche Langfristwirkung. Die Arbeitsnehmervertreter monierten vor allem den geplanten Stellenabbau, räumten aber ein, dass die Abwicklung der klassischen Lebensversicherungen Sinn mache.

Dabei hatte Markus Rieß dem Strategieprogramm einen hoffnungsvollen Titel gegeben: "Investieren und sparen für eine erfolgreiche Zukunft". Der Plan des neuen Ergo-Chefs solle den Erstversicherer, "wieder zu einer starken Ertragssäule von Munich Re" machen, kündigte Munich Re-Chef Nikolaus von Bomhard an. Der Umbau umfasse alle "wesentlichen Aktivitäten", darunter Vertrieb, Produkte und Verwaltung. Zudem seien "hohe Investitionen" geplant, um besonders die Digitalisierung des Geschäfts voranzutreiben.

Die Ergo-Gruppe will nach eigenen Angaben bis zum Jahr 2020 eine Milliarde Euro in die Modernisierung der IT investieren. Zugleich sollen die Kosten durch die Zusammenlegung von Vertriebsorganisationen und den Abbau von rund 1800 Arbeitsplätzen in der Verwaltung in Deutschland um rund 280 Millionen Euro reduziert werden. Das Geschäft mit klassischen Lebensversicherungen solle getrennt vom laufenden Betrieb abgewickelt werden. Im Gegenzug solle sich das Neugeschäft nur noch auf Policen konzentrieren, die die Bilanz bei niedrigen Zinsen weniger belasten. Dazu gehörten etwa fondsgebundene und Risiko-Lebensversicherungen. Darüber hinaus will Ergo im Jahr 2017 einen Online-Versicherer starten, der vor allem internetaffine Kunden ansprechen soll. Als erstes Produkt sei eine Kfz-Versicherung geplant.

Die Munich Re rechnet damit, dass das Strategieprogramm "spätestens ab 2021" einen jährlichen Überschuss von mehr als 500 Millionen Euro abliefert. Des Weiteren erwarte man, dass die positiven Effekte des Programms die Investitionen ab 2017 "zunehmend ausgleichen".

Diese Aussage diente vor allem der Beruhigung der Anleger, die immer noch den Schock von der jüngsten Quartalsbilanz zu verdauen hatten. Die Investoren hatten zuletzt äußerst empfindlich reagiert, nachdem die Munich Re angekündigt hatte, das Jahresergebnis der Ergo werde wegen der Ausgaben im laufenden Geschäftsjahr leicht negativ ausfallen.

Für 2017 erwarte der Versicherer aber wieder "ein deutlich positives Ergebnis", teilte der der Mutterkonzern am Mittwoch mit. Zudem sei der leichte Verlust der Ergo bereits in der Gewinnprognose der Munich Re für 2016 berücksichtigt. Der Rückversicherer will demnach rund 2,3 Milliarden Euro erzielen. 2015 standen unterm Strich 3,1 Milliarden Euro.

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Was Analysten zum Ergo-Umbau sagen



Der Großteil der Analysten gibt sich nach der Präsentation des Strategieprogramms für den Ergo-Umbau neutral bis positiv. Die meisten Experten ließen ihre Einschätzungen für die Dax-Aktie unverändert. Einige senkten lediglich ihre Kursziele. Verkaufsempfehlungen wurden kaum ausgesprochen, dafür aber zahlreiche Halte- und Kaufempfehlungen. Dabei fällt auf, dass selbst die Befürworter recht kritische Worte fanden. Unterm Strich lassen sich die Reaktionen daher durchaus als "gemischt" zusammenfassen.

Hier eine Auflistung der wesentlichen Pro- und Contra-Punkte:

Pro

- Der neue Ergo-Chef Markus Rieß ist richtige Mann, um die Trendwende einzuleiten.

- Der Umbau dürfte kaum Auswirkungen auf die Kapitalsituation der Munich Re haben.

- Die Sorgen um eine Wertminderungen sind übertrieben.

- Die Munich Re bleibt wegen der starken Marktposition der Favorit unter den europäischen Rückversicherern.

- Die Munich Re will weiterhin hohe Dividenden ausschütten.


Contra

- Die Restrukturierung wird teurer als erwartet.

- Das Überschussziel von mindestens 500 Millionen Euro im Jahr 2020 ist nicht besonders ambitioniert.

- Der Umbau wird seine Wirkung erst sehr später entfalten.

- Das Geschäft wird weiterhin unter dem Niedrigzinsumfeld leiden.

- Wegen der niedrigen Zinsen besteht das Risiko für eine Kapitalerhöhung.

Einen Überblick über die jüngsten Aktienempfehlungen zur Munich Re finden Sie hier.

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Geringes Kurspotenzial



Eine Auswertung der Datenbank des Finanzdienstleisters Bloomberg zeigt, dass - gemessen an allen Einschätzungen der vergangenen 12 Monate - rund 44 Prozent der Analysten die Munich Re-Aktie als Halteposition sieht. Fast genauso viele empfehlen sie zum Kauf. Rund 15 Prozent raten vom Papier ab. Das Konsensrating beträgt 3,5. Damit werden die Titel als klare Halteposition eingestuft. Das Kurspotenzial beläuft sich auf etwa 12 Prozent - das ist nicht besonders hoch.

Aktie Bayer
Konsensrating 3,5
Buys 41,2 %
Holds 44,1 %
Sells 14,7 %
12M. Zielkrs. 182,78 Euro
Letzter Kurs 162,90 Euro
Ertragspotential 12,2 %
LTM Rendite 2,2 %


Konsensrating: Aktuell durchschnittliches Rating aller Analysten, die während der letzten 12 Monate aktualisiert haben. (5= Buy, 4= schwacher Buy, 3= Hold, 2= schwacher Sell, 1= Sell).

Buys: Der Prozentsatz aller Analysten, die den Kauf des Wertpapiers empfehlen.

Holds: Der Prozentsatz aller Analysten, die empfehlen, das Wertpapier zu halten.

Sells: Der Prozentsatz aller Analysten, die den Verkauf des Wertpapiers empfehlen.

12M. Zielkurs: 12-monatiger Konsenszielkurs

Letzter Kurs: Stand 3.6.2016

Ertragspotential: Das zukünftige Renditepotential auf Basis des Konsenszielkurses und des letzten Kurses der Aktie.

LTM Rendite: Rendite des Wertpapiers in den letzten 12 Monaten

Auf Seite 4: Was BÖRSE ONLINE empfiehlt





Was BÖRSE ONLINE empfiehlt



Aus Sicht von BÖRSE ONLINE halten sich die Chancen und Risiken die Waage. Das Strategieprogramm verfolgt zwar die richtigen Ansätze - mehr Digitalisierung, weniger klassische Lebenspolicen -, doch der angepeilte jährliche Gewinn von 500 Millionen Euro ab 2021 haut keinen vom Hocker. Angesichts des Aufwands und der Dauer des Umbaus hätte man sich durchaus noch mehr erhoffen dürfen. Die Anleger der Munich Re müssen daher Geduld zeigen. Das ist für sie allerdings nichts Neues. Die Aktie gilt ohnehin weniger als Kursrakete, denn als solider Dividendentitel in unruhigen Zeiten. In den vergangenen zwölf Monaten war sie zwar kein Top-Performer, sie schlug sich aber besser als der Dax (siehe unten).

Langfristig könnte das Strategieprogramm eine positive Wirkung entfalten und die Konzerngewinne stabilisieren. Für Impulse könnte die Kranken- und Schaden-Unfall-Sparte sorgen: Diese soll laut Ergo 2019 wieder um zwei bis vier Prozent wachsen - und damit stärker als der Branchendurchschnitt. Ob das reicht, um den Wegfall des Geschäfts mit traditionellen Lebensversicherungen auszugleichen, muss sich zeigen. Die neuen Produkte dürfte ihn jedenfalls nicht wettmachen - das sagte auch Ergo-Chef Rieß.

Unabhängig davon liefert die Aktie mit ihrer günstigen Bewertung und der üppigen Dividendenrendite zwei klassische Kaufargumente. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2017 liegt bei niedrigen 9,8, die Dividendenrendite bei knapp fünf Prozent. Damit dürfte das Papier nicht nur Schnäppchen-, sondern auch Dividendenjäger anlocken.

Aus charttechnischer Sicht spricht vieles dafür, dass sich die Abwärtsbewegung der Aktie fortsetzen wird. Der Kurs könnte zunächst auf knapp 155 Euro fallen und damit in die Nähe des bisherigen Jahrestiefs. Mittelfristig könnte das Papier sogar auf 141 Euro einbrechen - und damit unter unseren Stoppkurs.

Es ist also Vorsicht angebracht.

Stoppkurs: 147 Euro

Kursziel 180 Euro

Beobachten.

Munich Re (blau) versus Dax (schwarz) in den vergangenen 12 Monaten