Nach "Harvey" Ende August hatte zuletzt "Irma" eine Spur der Zerstörung hinterlassen. Vielerorts gab es Überflutungen. Experten gehen davon aus, dass sich vor allem dieser Hurrikan zu einem der teuersten Ereignisse für die Versicherungsbranche seit Jahren auswachsen wird. Der Fachdienst Air Worldwide schätzte die versicherten Schäden allein durch "Irma" in den USA zu Wochenbeginn auf insgesamt 20 und 40 Milliarden Dollar.
Die Münchener Rück ist nun der erste große Rückversicherer, der nach den beiden Wirbelstürmen Alarm schlägt. Die Warnung des Weltmarktführers kommt allerdings überraschend, weil sich der Konzern auf dem Branchentreffen in Monte Carlo am vergangenen Wochenende noch recht entspannt gezeigt hatte. Die Münchner Rück sei in Florida nicht stark engagiert, hatte Vorstand Torsten Jeworrek gesagt. Im Interview mit dem "Handelsblatt", das am Mittwoch auf der Internetseite der Zeitung veröffentlicht wurde, ergänzte der Manager dann, es komme natürlich auf die versicherten Portfolios an, und die USA seien nicht alles. "In der Karibik haben wir einen hohen Marktanteil in der Rückversicherung, dort sind wir einer der Marktführer." Dafür sei der versicherte Schaden in dieser Region aber insgesamt geringer.
An der Börse sorgten die Nachrichten am Donnerstag nur kurzzeitig für Nervosität bei den Anlegern. Die Münchener-Rück-Aktie startete zwar mit Verlusten in den Handel, erholte sich aber schnell wieder und lag am Vormittag leicht im Plus. Analysten verwiesen auf die starke Kapitalposition des Konzerns und die hohe Dividendenrendite. "Münchener Rück ist gut positioniert, um den Sturm zu überstehen und mögliche Chancen zu nutzen", hieß es etwa bei den Branchenexperten von Baader Helvea.
HOFFEN AUF DIE WENDE
Mittelfristig könnte die Häufung von Naturkatastrophen den angestammten großen Rückversicherern - dazu zählen auch Swiss Re und die Hannover Rück - sogar helfen, wieder höhere Preise durchzusetzen. Denn die sind in den vergangenen Jahren erheblich unter Druck gekommen, weil die Erstversicherer weniger Risiken abgesichert haben. Zudem drängen viele neue Anbieter - zum Beispiel Hedgefonds - auf der Suche nach Rendite in den Markt.
Bei der Münchener Rück bröckelten die Gewinne deshalb zuletzt stetig ab. Bis vor zwei Jahren verdiente der Konzern noch drei Milliarden Euro und mehr. 2016 waren es dann noch 2,6 Milliarden Euro, dieses Jahr wären es nach den bisherigen Planungen bestenfalls 2,4 Milliarden geworden. Der neue Vorstandschef Joachim Wenning hatte die Stabilisierung der Erträge im Sommer zu seinem obersten Ziel erklärt. Das Umsteuern werde allerdings einige Zeit dauern, mahnte er schon damals. Und nach "Harvey" und "Irma" könnte es nun etwas länger dauern.
rtr