Dann könnte der Schlüsselsatz zur Versorgung der Banken mit Geld von derzeit 0,5 Prozent auf null oder nahe null fallen. Ob es tatsächlich zu einem solchen Doppelschlag zur Abwehr einer Rezession in dem zuletzt boomenden Land kommen wird, ist ungewiss. Viele Experten erwarten, dass BoE-Chef Mark Carney noch abwarten und erst nächsten Monat die Zügel lockern wird.

Er hat nach der Volksabstimmung am 23. Juni eine laxere Geldpolitik im Laufe des Sommers in Aussicht gestellt. BoE-Beobachter Alan Clarke von der Scotiabank erwartet, dass Carney den Leitzins bereits am Donnerstag senkt: "Es wäre wenig sinnvoll, die Entscheidung länger hinauszuzögern." DekaBank-Chefvolkswirt Ulrich Kater hält dagegen: "Ein solcher Schritt wäre im August besser zu erläutern, wenn die neuen Prognosen und eine Pressekonferenz anstehen."

Sollte Carney so lange stillhalten, dürfte dies an den jüngst von heftigen Turbulenzen geschüttelten Finanzmärkten für lange Gesichter sorgen. Denn von der Notenbank wird gefordert, die Konjunktur vor Schlimmerem zu bewahren - so wie im März 2009, als sie die Zinsen im Kampf gegen Finanzkrise und schrumpfende Wirtschaftsleistung auf das bis heute gültige Rekordtief senkte. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, befürchtet, dass es Anfang 2017 zur Rezession kommen wird.

Doch Commerzbank-Ökonom Peter Dixon hält dies noch nicht für ausgemacht: "Es gab zwar Hinweise darauf, dass sich die Konjunktur abgeschwächt hat. Allerdings sind diese Indizien kaum belastbar. Der anfängliche Schock könnte bald nachlassen." Die Verbraucher sind jedoch verunsichert. Die Konsumstimmung fiel jüngst auf das niedrigste Niveau seit Dezember 2013. Zudem ist das Pfund unter Druck. Es fiel zwischenzeitlich zum Dollar auf den niedrigsten Wert seit mehr als 30 Jahren. "Diese starke Abwertung spricht gegen eine Zinssenkung, da diese den Abwärtssog, in den das Pfund geraten ist, noch vergrößern würde", argumentiert Ökonom Manuel Andersch von der BayernLB.

AKUTER BRANDHERD: IMMOBILIENFONDS



Zur Stärkung der Konjunktur könnten die Währungshüter auch ihr seit längerem ruhendes Anleihenankaufprogramm wieder aufleben lassen. Sie haben Wertpapiere im Volumen von rund 375 Milliarden Pfund erworben und damit die Wirtschaft in den Jahren nach der globalen Finanzkrise flottgemacht. Nun müssen sie nach dem Schock der Brexit-Abstimmung noch einen akuten Brandherd bekämpfen: Investmentgesellschaften wie der Versicherer Aviva und Standard Life froren jüngst jeweils einen milliardenschweren Immobilienfonds ein, weil die Anleger zu viel Geld auf einmal abziehen wollten und es Sorgen vor einem Liquiditätsengpass gab. Nach dem Brexit-Votum geht die Angst um, dass Immobilien massiv an Wert verlieren werden, insbesondere am Finanzplatz London, dem nun eine deutliche Schwächung droht.

Die BoE denkt nun einem Zeitungsbericht zufolge über neue Regeln für Immobilienfonds nach. Der "Sunday Telegraph" berichtete, die Notenbank erwäge, dass aussteigewillige Investoren die Fonds vorab mit einer Frist von 30 bis 180 Tagen informieren müssten. Zudem überlege sie, ob die Fonds ihr Vermögen vermehrt in Anlagen stecken müssten, die schnell wieder zu Geld zu machen seien, um Investoren im Zweifel schnell auszahlen zu können. Aktuell sind rund eine Handvoll britischer Immobilienfonds mit einem Volumen von insgesamt 18 Milliarden Pfund vom Handel ausgesetzt.

Ferner könnte die BoE am Donnerstag dafür sorgen, dass die Finanzierungskosten für Banken nicht steigen. Denn andernfalls droht eine Kreditklemme - mit gravierenden Konsequenzen für die ganze Wirtschaft. Daher dürfte die Zentralbank laut BayernLB-Volkswirt Andersch "proaktiv" handeln und jene Geldinstitute bei der Refinanzierung belohnen, die ihre Kreditvergabe ausgebaut oder zumindest konstant gehalten haben. Sie hatte 2012 bereits ein ähnliches Programm aufgelegt.