Return - der Investmentkommentar von Björn Drescher
"Offene Immobilienfonds stark gefragt...", "Offene Immobilienfonds mit stärkstem Quartalsabsatz seit 2010...": So oder so ähnlich titeln Branchendienste und Medien in den vergangenen Tagen nach Veröffentlichung der BVI-Absatzstatistik für das erste Quartal. Ein Blick hinter die Zahl "2.300.000.000 Euro" - so viel floss den offenen Immobilienfonds netto zu - lässt den Betrachter nicht nur über den Begriff "Nachfrage" sinnieren, sondern auch über zukünftige "Zahlungsströme" und "Weichenstellungen".
Schließlich verteilen sich die 2,3 Mrd. Euro bis auf statistische Randphänomene ausschließlich auf die Blockbuster von vier Immobilienfondsgesellschaften, abzüglich der Substanzausschüttungen einiger noch in Abwicklung befindlicher Immobilienfonds. Der Union Real Estate flossen rund 730 Mio. Euro im Verlauf des ersten Quartals zu, der Commerz Real knapp 500 Mio. Euro, der RREEF (Deutsche Bank-Konzern) 620 Mio. Euro und der Deka Immobilien sogar 940 Mio. Euro.
Ein wirkliches Breitenphänomen sieht insofern anders aus, als sich der Absatz der Immobilienfonds derzeit vor allem auf die Filialnetze der Sparkassen, Volksbanken, Deutsche Bank und Commerzbank abseits der meisten unabhängigen Vertriebswege und professionellen Investoren konzentriert. Damit liegt der Gedanke nahe, es könnte sich bei den Absatzerfolgen tendenziell eher um das Ergebnis der Vertriebssteuerung dieser Häuser als die Bedienung bestehender, natürlicher Nachfrage handeln. Wenngleich die historisch niedrigen Erträge der meisten offenen Immobilienfonds im Vergleich zu den Zinserträgen der Staats- und Unternehmensanleihen guter Bonität immer noch sehr attraktiv erscheinen und Sachwerte Hochsaison haben, kann die Mehrheit der unabhängigen Vertriebe das große Interesse der Verbraucher an offenen Immobilienfonds wohl kaum bestätigen. Zu schwer wiegen die im Zuge der letzten Schließungs- und Abwicklungswellen offener Immobilienfonds gesammelten Erfahrungen der Anleger und die aus dieser Krise erwachsenen Konsequenzen im Form von Mindestanlage- und Verkaufsfristen. Sie haben den langfristigen Charakter der Assetklasse zwar unterstrichen, im Umkehrschluss aber auch die Flexibilität der Anlageform stark eingeschränkt.
Spannend wird die Entwicklung nun vor allem von daher, als die Immobilienfonds der genannten Gesellschaften mehr oder weniger ausschließlich in europäische und hier vor allem in deutsche Standorte investieren. Opportunitäten lassen sich immer schwerer finden, was die Kassenhaltungen der Fonds steigen lässt und die Renditen zu verwässern droht. Die Union Real Estate hat ihre Fonds vor diesem Hintergrund bereits von der Ausgabe neuer Anteile ausgesetzt, nimmt schon seit Februar kein Geld mehr an. Dieser Umstand erklärt auch, warum die Union in der Quartalsbetrachtung nach 30 Mio. Euro Mittelabfluss im März hinter die Deka zurückfiel.
Knüpft man die Gedankenkette weiter, stellen sich zukünftig vor allem zwei Fragen. Erstens: Wann erklären sich die nächsten, nicht minder "kleinen" Fonds mit gleichem Anlageuniversum für "überfüllt"? Und zweitens: Wohin bahnt sich der Druck jener Milliarden in den Filialen den Weg, die nun nicht mehr in hauseigenen Immobilienfonds zur Anlage kommen dürfen? Oder sollten wir besser fragen: wohin er kanalisiert wird?