Die Schockwellen der überraschenden Aufgabe des Euro/Franken-Mindestkurses durch die Schweizer Notenbank SNB waren an den europäischen Finanzmärkten am Freitag noch spürbar. Viele Investoren hielten sich mit Engagements am Aktienmarkt zurück. "Die Leute bleiben lieber auf der Hut, um über das Wochenende nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden", sagte ein Börsianer.

Der Dax hielt sich dennoch über der psychologisch wichtigen 10.000er Marke und notierte kaum verändert bei 10.030 Punkten. Der EuroStoxx50 legte sogar 0,3 Prozent auf 3165 Zähler zu, während der Schweizer SMI nach seinem knapp neunprozentigen Vortagesminus um bis zu 6,5 Prozent abrutschte und auf ein 13-Monats-Tief von 7852,83 Punkte fiel. "Der Markt interpretiert die gestrige Kapitulation der SNB als schwerwiegendes Indiz für die Einführung eines EZB-Staatsanleihen-Kaufprogramms nächste Woche", begründete Marktanalyst Andreas Paciorek vom Brokerhaus CMC Markets die Entwicklung des deutschen und des pan-europäischen Index.

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NOTENBANK-POLITIK BESTIMMT DIE KURSENTWICKLUNG

Die SNB hatte am Vortag überraschend die Verteidigung des Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken aufgegeben und damit einen knapp 20-prozentigen Kurssturz der Gemeinschaftswährung ausgelöst. Am Freitag pendelte sie um die Parität - kostete also etwa einen Franken.

Gleichzeitig heizte die unverändert niedrige Inflation Spekulationen weiter an, dass die Europäische Zentralbank (EZB) am kommenden Donnerstag umfassende Wertpapierkäufe - im Börsenjargon Quantitative Easing (QE) genannt - ankündigt. Sollte sie allerdings nicht wie gewünscht liefern, würde dies nicht nur einen Kurssturz auslösen, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Notenbank beschädigen, warnte Paciorek. Am Freitag kostete ein 1,1562 Dollar - so wenig wie zuletzt vor elf Jahren.

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WALL STREET HINKT HINTERHER - RWE IM AUFWIND

An der Wall Street deuteten die Terminkontrakte auf die US-Indizes dagegen auf weitere Kursverluste hin. Aktienhändler Markus Huber vom Brokerhaus Peregrine & Black begründete dies mit der bislang durchwachsenen Bilanzsaison. Nach den Konkurrenten JPMorgan, Bank of America und Citigroup enttäuschte auch die US-Großbank Goldman Sachs mit ihren Zahlen. Ihre Aktien verloren im vorbörslichen US-Geschäft 1,9 Prozent.

Andere Börsianer verwiesen als Begründung für die schwache Wall Street auf die Belastung der US-Wirtschaft durch die Dollar-Aufwertung. So hat er zum Euro seit dem Sommer knapp 20 Prozent zugelegt. Da zudem der Ölpreis -Verfall auch die die Verbraucherpreise in den USA fallen lässt, spekulierten einige Anleger sogar auf eine Verschiebung der geplanten Zinserhöhung.

Am deutschen Aktienmarkt sorgte RWE mit einem Kursplus von bis zu 7,8 Prozent für Aufsehen. Der Versorger will nach einer monatelangen Zitterpartie seine Öl- und Gasförder-Tochter Dea bis März für fünf Milliarden Euro verkaufen. Wegen des Ölpreis -Verfalls der vergangenen Monate gewähre das Unternehmen der Investorengruppe um den russischen Oligarchen Michail Fridman einen Rabatt von 100 Millionen Euro. Im RWE-Windschatten legten E.ON um 0,9 Prozent zu.

Reuters