Unternehmen wie Bayer, Siemens und Airbus stehen nicht nur bei Anlegern oft im Fokus, auch in der breiten Öffentlichkeit sind die Konzerne mit ihren Marken fest etabliert. Daneben bieten aber auch zahlreiche, eher unbekannte Unternehmen clevere Lösungen an, die in fast allen Lebensbereichen mit ihren Produkten zum Einsatz kommen. Wer sich schon immer gefragt hat, wieso einige Oberflächen wie Glas, Metall oder Beton deutlich einfacher zu reinigen sind als früher oder warum die Wände von Straßentunneln länger hell leuchten, sollte bei Nanogate nachfragen. Die Papiere des Oberflächenveredlers sind nicht in den großen Indizes vertreten und erscheinen daher eher selten auf dem Radar von Anlegern. Die Wachstumsstory würde aber durchaus eine Aufnahme in den TecDAX rechtfertigen, wie die kürzlich präsentierten vorläufigen Halbjahreszahlen belegen.

In den ersten sechs Monaten kletterte der Umsatz um mehr als 17 Prozent auf gut 51 Mio. Euro. Beim operativen Ergebnis (Ebit) erzielten die Saarländer mit rund 30 Prozent auf 2,2 Mio. Euro einen überproportionalen Anstieg. Aufgrund der guten Gesamtentwicklung rechnet das Management beim Nachsteuergewinn sogar mit einer Verdopplung. Für das Gesamtjahr werden Erlöse von 105 Mio. Euro erwartet. Beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) prognostiziert Nanogate trotz der anhaltenden Belastungen aus der Expansionsstrategie sowie der einmaligen Transaktions- und Integrationskosten einen Anstieg auf über zwölf Mio. Euro.

Um die Zahlen besser einordnen zu können, hilft ein Blick in den Rückspiegel. Im Geschäftsjahr 2012 gingen 38,2 Mio. Euro durch die Bücher und führten zu einem Ebitda von 5,6 Mio. Euro. Gegenüber den für 2016 avisierten Zielen sollen die Umsätze somit um den Faktor 2,7 zulegen, beim Ebitda wird mit einem gut zwei Mal so hohen Wert gerechnet. Bereits dieser einfache Vergleich zeigt, dass bei Nanogate zwar die Kasse klingelt, allerdings das Ergebnis nicht im gleichen Tempo steigt. Grund dafür ist der kostenintensive Wachstumskurs: Erhöhte Abschreibungen und Finanzierungsausgaben drücken den Gewinn.

Trendwende in Sicht



Mittelfristig sind die Perspektiven aber deutlich besser, denn die erfolgten Investitionen stellen das Fundament einer künftig starken Geschäftsentwicklung dar. Hier lohnt sich ein Blick auf die Wachstumsprognosen von Warburg Research. Analyst Oliver Schwarz rechnet 2017 mit Umsätzen von 123 Mio. Euro, rund 17 Prozent mehr als im laufenden Jahr. Beim Ebitda werden 16,2 Mio. Euro in Aussicht gestellt, ein Zuwachs von gut 30 Prozent. Dies könnte zu einem Anstieg der Marge von zwölf (2016) auf 13,2 Prozent führen. Für 2018 werden bereits mehr als 14 Prozent in Aussicht gestellt.

Deutlich wird das Vertrauen der Investoren auch an der im Sommer durchgeführten Kapitalerhöhung, die deutlich überzeichnet war und bei langfristig orientierten institutionellen Anlegern im In- und Ausland platziert wurde. Vorstandschef Ralf Zastrau äußerte sich daher auch selbstbewusst bei der Präsentation der Halbjahreszahlen: "Strategisch wie operativ sind wir erheblich vorangekommen. Dazu tragen die Übernahme des Kunststoff-Spezialisten Goletz und die Vorbereitungen für den bevorstehenden Start unserer Technologieplattform N-Metals Chrome bei. Parallel verzeichnen wir in den USA eine starke Umsatzentwicklung."

Meilenstein für den Konzern



Besonders die erst vor wenigen Tagen in Betrieb genommene Produktionsstätte für N-Metals Chrome könnte in Zukunft noch für viele positive Schlagzeilen sorgen. Unternehmens-Chef Zastrau sprach von einem "Meilenstein für den Konzern", der Umsatz und Ergebnis mittelfristig kräftig anschieben dürfte. Rückenwind für die mit gut zehn Mio. Euro größte Investition in der Unternehmensgeschichte kommt von zwei Seiten. Mit Anwendungen für multifunktionale Oberflächen in Chromoptik adressiert Nanogate einen Markt mit einem Volumen im dreistelligen Millionenbereich. Im Mittelpunkt stehen der Automobilbau, Sanitärprodukte und Designelemente aller Art. Die neue Veredelung ist berührungsempfindlich, ermöglicht das Durchleuchten und ist radar-durchlässig, was vor allem beim Autonomen Fahren wichtig ist. Zudem ist N-Metals Chrome umweltfreundlicher und entspricht den neuesten Umweltrichtlinien gemäß der europäischen REACH-Verordnung. Besonders aus der Automobilbranche ist mit einer hohen Nachfrage zu rechnen, da die Veredelung zudem vor Korrosion geschützt und splitterfest ist, woraus sich erhebliche Sicherheitsvorteile ergeben.

Fazit: Der stramme Wachstumskurs der Saarländer verursacht natürlich Kosten, die sich aber mittel- bis langfristig auszahlen sollten. Der Umsatz legt bereits zu, Marge und Gewinn dürften künftig noch kräftiger zulegen. Knapp 130 Mio. Euro an Börsenwert werden aktuell aufgerufen, mit einem 2017er-KGV von 40 ist der Spezialwert kein Schnäppchen. Doch die Wachstumsperspektiven lassen ausreichend Luft nach oben. Mit Kursen von 34 Euro steht die Aktie im Bereich des Jahreshochs, darüber lockt die Bestmarke bei rund 44 Euro. Analysten trauen dem Wert sogar Kurse nördlich der 50er-Marke zu.

Franz-Georg Wenner ist Chefredakteur des börsentäglichen Anlegermagazins "Index-Radar". Der Spezialist für Technische Analyse ist regelmäßiger Gast beim Deutschen Anlegerfernsehen (DAF), Gastautor bei n-tv und gern gesehener Vortragsredner. Er hält regelmäßig Webinare, referierte unter anderem beim Verein Technischer Analysten Deutschlands (VTAD) und betreute mehrere Jahre für die Commerzbank den Zertifikate-Newsletter ideas daily. www.index-radar.de