Wenn an der Börse wieder alle Augen auf das schweizerische Vevey am Genfersee gerichtet sind - auf einen malerischen Ort mit Seepromenade, mit Blick auf das Alpenpanorama und umgeben von Weinbergen - bedeutet das nur eines: Der Nahrungsmittelriese Nestlé mit Hauptsitz in Vevey öffnet die Bücher. Am Donnerstag ist es wieder so weit.

Besonders interessant wird dabei, ob Nestlé höhere Preise durchsetzen konnte. Analysten erwarten dem Finanzdienstleister Bloomberg zufolge für die ersten neun Monate des laufenden Jahres ein Plus von 0,4 Prozent - klingt wenig, ist aber mehr als noch im gesamten ersten Halbjahr, als die Schweizer die Preise nur um 0,3 Prozent anheben konnten.

In der Vergangenheit hatten Investoren mehrmals die nachlassende Preissetzungsmacht von Nestlé kritisiert. Konzernchef Ulf Mark Schneider, der den Konzern seit Anfang 2017 führt, zeigte sich hier kürzlich optimistisch: Durch die höhere Inflation in der westlichen Welt - und damit steigende Kosten für Löhne, Rohmaterialien und Energie - könne Nestlé darauf hoffen, dass die Preise wieder steigen. "Das ist eine Frage der Zeit, dass Anbieter und Produzenten früher oder später gestiegene Inputkosten weiterreichen müssen", sagte er. Allerdings könne er nicht konkret voraussagen, wann der Konzern wieder von höheren Preisen profitieren könne. Dies könne im nächsten oder übernächsten Jahr der Fall sein.

Steigende Preise sind für Nestlé essenziell, denn bis 2020 soll die Ebit-Marge zwischen 17,5 und 18,5 Prozent liegen. Im vergangenen Geschäftsjahr hatte sie noch bei 16,4 Prozent gelegen, im ersten Halbjahr 2018 ist sie sogar auf 16,1 Prozent gesunken. Anleger sollten diese Kennziffer bei der Vorstellung der Q3-Zahlen im Auge behalten.

Wie geht der Umbau voran?



Damit Nestlé auf lange Sicht profitabler wird, trimmt Schneider den Konzern auf Wachstum: Er fokussiert sich auf das Kerngeschäft mit Lebensmitteln, Getränken und medizinischer Ernährung.

Der ehemalige Fresenius-Lenker verkauft ertragsschwache Sparten wie kürzlich das Lebensversicherungsgeschäft Gerber Life Insurance. Auch die Sparte Hautgesundheit steht auf dem Prüfstand. Analysten rechnen damit, dass er in Zukunft noch weitere Bereiche verkauft.

Nestlé kauft derzeit auch kräftig zu. Kürzlich hatten die Eidgenossen etwa das Einzelhandelsgeschäft des US-Kaffee-Spezialisten Starbucks übernommen. Nestlé gehört zudem zu den Interessenten für die indische Malzgetränke-Sparte des britischen Pharmakonzerns GlaxoSmithKline (GSK). Am Donnerstag wird es spannend, ob sich Schneider zu weiteren Zu- oder Verkäufen äußert.

Umsatz im Fokus



Beim Umsatz erwarten Analysten im dritten Quartal ein organisches Wachstum von 2,9 Prozent. Im ersten Halbjahr lag das Plus noch bei 2,8 Prozent und damit über dem Niveau des Jahres 2017. In der Vergangenheit stieg der Umsatz nur schleppend. Hier zeichnet sich mittlerweile eine Wende ab.

Einer der Wachstumstreiber dürfte das Geschäft in China sein. Für die Region Asien, Ozeanien und Subsahara-Afrika erwarten Analysten für die ersten neun Monate des Jahres mit 4,5 Prozent das größte Plus.

Damit dürfte das Geschäft in Fernost nochmal einen Zahn zulegen. Bereits im ersten Halbjahr hatte Nestlé dort ein organisches Wachstum von 4,4 Prozent erzielt. Und: Die Schweizer hatten die dortigen Preise um 0,7 Prozent gesteigert.

Nestlé peilt für das Gesamtjahr ein organisches Umsatzwachstum von drei Prozent an. Das Analysehaus MainFirst bezeichnete die konzerneigene Prognose als konservativ.



Einschätzung der Redaktion



Die Quartalszahlen von Nestlé dürften ordentlich ausfallen. Im schwachen Marktumfeld hat der Kurs zuletzt deutlich Federn gelassen - könnte aber in Zukunft als defensiver und wenig konjunktursensibler Wert wieder gefragter werden. Die Schweizer Aktie ist ein grundsolides Basisinvestment.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 88,00 Euro
Stoppkurs: 61,50 Euro