Der Videostreaming-Gigant steigt immer tiefer ins Gaming-Geschäft ein. Warum das die Aktie langfristig wieder auf Kurs bringen kann. Von Jennifer Senninger
Netflix ist einer der berühmtesten Tech-Giganten der Welt – und kam 2022 ganz schön unter die Räder. Rund 50 Prozent liegt die Aktie seit Jahresbeginn im Minus. Dabei konnte der Konzern im dritten Quartal die Erwartungen auf ganzer Linie übertreffen. Die starken Zahlen konnte Netflix vor allem wegen einem Anstieg der Abonnenten um 2,41 Millionen einfahren. Auch die Prognose für das vierte Quartal erfreute die Anleger, Netflix rechnet mit einem Nutzerwachstum von 4,5 Millionen Abonnenten. Aber reicht das, damit sich die Aktie wieder zu alten Höhen bewegen kann? Das Zeug dazu hat sie auf jeden Fall.
Ein Hauptgrund: Netflix Vorstoß ins milliardenschwere Gaming-Geschäft. Aktuell blicken Anleger und Branchenexperten vor allem auf Netflix Pläne, werbefinanziertes Streaming anzubieten und das Teilen von Passwörtern zu unterbinden. Währenddessen erschließt der Streaming-Gigant aber einen Markt, auf den viel größeres Augenmerk gelegt werden sollte.
So hat Netflix gerade erst den Spieleentwickler Spry Fox gekauft – vermutlich war der Kauf jedoch sehr günstig, da es zum Kaufpreis keine Finanz- oder Pressemitteilungen gab. Den Kauf von Next Games etwa ließ sich Netflix rund 65 Millionen Euro kosten. Insgesamt hat Netflix damit nun schon sechs Spieleentwicklungsstudios unter einem Dach und 55 Titel in Produktion. Vier Studios hat Netflix gekauft, zwei selbst gegründet. Doch das ist erst der Anfang. „Wir freuen uns darauf, Spiele mit einem Sutdio zu entwickeln, dessen Werte – ein unermüdlicher Fokus auf Mitarbeiter- und Spielerfreude – eng mit unseren übereinstimmen“, heißt es auf einem Blogbeitrag von Netflix. Und: „Unsere Gaming-Reise hat gerade erst begonnen.“
Damit steckt Netflix erst den Zeh in einen riesigen Teich. Laut Global News Wire soll etwa der Markt für Mobile Gaming jährlich bis 2030 über zwölf Prozent wachsen. Laut Statista hat der Markt dieses Jahr bereits einen weltweiten Umsatz von über 150 Milliarden Dollar – das ist doppelt so viel wie die Geschäftsmöglichkeiten im Video-Streaming-Bereich.
So wie Netflix bereits als Überbegriff für „Videostreaming“ gilt, könnte es versuchen, zukünftig der Überbegriff für Gaming zu werden. Der Vorteil: Dadurch, dass es die Spiele in seine bestehende Plattform mit Millionen von Nutzern integriert, könnte sich das Spieleangebot schneller Beliebtheit erfreuen. Denn die Nutzer sind bereits vertraut mit der Bedienung von Netflix, haben ihre Konten inklusive Bezahlung längst eingerichtet. Zudem ist dies eine hervorragende Möglichkeit, um sich von den anderen Streaming-Rivalen zu differenzieren und das eigene Geschäft zu diversifizieren. „Genau wie unsere Serien, Filme und Specials möchten wir Spiele für jedes Spielniveau und jede Art von Spieler entwerfen, egal ob sie Anfänger oder lebenslanger Spieler sind“, erklärte Netflix, als es die Gaming-Ankündigung erstmals im November 2021 bekannt gab.
Das wirtschaftliche Umfeld bleibt für Tech-Werte volatil. Ebenso könnte es noch ein paar Jahre dauern, bis sich Netflix-Gaming-Pläne im wahrsten Sinne des Wortes auszahlen. Schafft es Netflix jedoch, sich im Gaming-Bereich eine immer größere Benutzerbasis aufzubauen und sich einen Namen in der Branche zu machen, könnte der günstige Preis der Aktie jetzt eine einmalige Einstiegsgelegenheit für langfristig orientierte Investoren sein.