Er ist schuld daran, dass wir uns, statt einfach nur fernzusehen, lieber zu so etwas wie "Binge Watching" verleiten lassen, zum Dauerglotzen, zum Serienmarathon: Reed Hastings, Jahrgang 1960, Informatiker, Mitgründer und Chef von Netflix. Dazu ist er Autor von "Keine Regeln", einem Buch, in dem er beschreibt, dass Netflix nur zu dem wurde, was es ist, weil er die Mitarbeiter an der ganz langen Leine lässt. Wer wie viel Urlaub macht oder wie viel Geld für neue Serien ausgibt, ist dem Mitarbeiter selbst überlassen. Ein starkes Stück.
Vielleicht hilft’s der Kreativität. Denn Netflix ist zwar mit fast 200 Millionen Abonnenten weltweit und einem Umsatz von 20 Milliarden Dollar Marktführer, doch die Konkurrenz holt auf. Disney, HBO, Viacom CBS, Amazon, sie streamen alle munter mit. Erfolg hat dabei, wer die originellsten Eigenproduktionen zu bieten hat. Und wer mit Merchandising zusätzlich Geld verdient. Und da kann Netflix gerade von Disney noch viel lernen. Hastings weiß das und beginnt es umzusetzen, etwa mit T-Shirts zur populären Fantasy-Serie "Stranger Things".
"Abenteuerlust und Pflichtbewusstsein" haben ihn einst zum Friedenscorps nach Swasiland gebracht, wo er Mathe unterrichtete. Das treibt ihn immer noch an: "Wenn man durch Afrika gereist ist mit zehn Dollar in der Tasche, dann ist ein Unternehmen zu gründen und zu führen nicht mehr so einschüchternd."
Seine Gefährtin
Glamour, Instagram, viel Blingbling? Nichts davon! Patty Quillin (55), die mit Hastings seit 1991 verheiratet ist, will nicht im Rampenlicht stehen. Die einstige Cornell-Absolventin und Ex-Chefin des Museum of Natural History in Santa Cruz unterstützt jetzt vor allem Förderprogramme für schwarze Schüler und Studenten. Das Paar lebt mit seinen zwei Kindern, fünf Hühnern, vier Hunden sowie zwei nigerianischen Zwergziegen in Santa Cruz.
Sein Buddy
In den 90ern waren Hastings und sein Buddy Marc Randolph in Santa Cruz als Fahrgemeinschaft unterwegs, wobei sie über Geschäftsideen nachdachten. "Personalisiertes Shampoo" war ein Favorit. Doch man entschied sich für den Verleih von Film-DVDs via Post. Netflix war geboren. Anfangs brachte das viel Spott ein, der Rest ist Geschichte. Kurz nach dem Börsengang 2002 verließ Randolph Netflix.
Seine Strateginnen
Was Netflix auf dem Globus anbietet, das entscheidet Bela Bajaria (links). Etwa dass es eine neue Staffel von "The Crown" zu sehen gibt. Sie setzt aber auch ab, was nicht mehr passt. Neue Marketingchefin ist seit Sommer Bozoma Saint John, eine der profiliertesten Afroamerikanerinnen in der wenig diversen Werbewelt. Saint John, die schon für Apple, Beats Music, Pepsico und Uber arbeitete, soll die stärker werdende Konkurrenz abwehren.
Sein Co-Pilot
Als Netflix 2012 begann, eigene Filme zu produzieren, ging Programmchef Ted Sarandos in die Vollen: Er zahlte 100 Millionen Dollar für zwei Staffeln einer neuen Serie. Ohne Hastings zu fragen! Der Coup ging auf, "House of Cards" wurde ein Riesenerfolg. Seit Juli ist Sarandos Co-CEO von Netflix. Auf Augenhöhe mit Hastings.
Seine Konkurrenz
Als Mann der Freizeitparks hat Bob Chapek (oben) die Führung bei Disney übernommen. Weil die Parks aber in den Dornröschenschlaf entschlummert sind, ist der Streamingdienst Disney+ mit weltweit 74 Millionen Nutzern gerade einziger Lichtblick des Konzerns. Dass Disney+ ein Renner ist, liegt an Kevin Mayer. Der hat das Portal aufgebaut. Doch Mayer ist inzwischen weg, weil nicht er selbst, sondern Chapek Disney-Boss wurde. Als Chef von Tiktok hat Mayer mittlerweile auch abgedankt.
Seine Autorin
Wer mit Erin Meyer ein Buch schreibt, ist ein Glückspilz. Die Ökonomie-Professorin hat 2014 mit "Culture Map" locker flockig darüber geschrieben, in welche Fettnäpfchen man als Reisender besser nicht tritt. Hastings hat’s wohl gelesen und Meyer flugs für sein Buch "Keine Regeln" engagiert.