Während die kleinen, farbigen Lämpchen dieser Server in den gemeinsam genutzten Räumen scheinbar unverändert blinken, rüsten die Besitzer das Innere der Maschinen regelmäßig auf. Techniker installieren die schnellsten Mikroprozessoren von Herstellern wie Intel oder AMD. Die Konkurrenz soll das permanente Tuning jedoch nicht mitbekommen. Deshalb tarnen sich etwa die Techniker des Suchmaschinenbetreibers Google in Rechenzentren von Equinix gern als Installateure.
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Wettbewerb der Systeme
Rechenzentren sind teuer und die rasant wachsenden Datenströme aus dem Web müssen immer schneller verarbeitet werden, außerdem verbrauchen Server von der Stange viel Strom. Deshalb entwerfen Firmen wie Google ihre Datenmaschinen gleich selbst. Mit ihren auf Effizienz getrimmten Netzwerkrechnern sparen die Webkonzerne viel Energie.
Während sich die Produzenten von Servern wie IBM über solche Basteleien ärgern, freuen sich Halbleiterhersteller wie Intel. Die Nachfrage der finanzstarken Webgiganten beschert der weltweiten Nummer 1 bei Serverchips hohe Margen. Die durchschnittlichen Preise für diese Art der Halbleiter stiegen während der vergangenen sieben Jahre um fast 50 Prozent. Weil Intel weltweit 97 Prozent der Serverchips liefert, haben selbst Großkunden wie Amazon und Google, wenn sie die schnellsten Chips mit einem möglichst geringen Energieverbrauch haben wollen, wenig Spielraum bei Preisverhandlungen.
Jeff Bezos, der Gründer des Onlinehändlers Amazon, baute rund um seine selbst gebastelten Rechner gleich ein neues Geschäftsmodell auf. Der Unternehmer gründete mit der Konzerntochter Amazon Webservices (AWS) den inzwischen weltweit größten Vermieter von Rechenleistung. Er bietet damit sogenanntes Cloud-Computing (siehe Glossar) an, mit dem sich Firmenkunden via Web Rechnerleistung auf Zeit mieten können.
Die Nachfrage wächst ebenso rasant wie die Ausgaben für Rechenzentren. Bis 2016 sollen sich die Investitionen in cloud-fähige Rechenzentren nach Zahlen der Marktforscher von Gartner von gut 33 Milliarden Dollar auf fast 70 Milliarden mehr als verdoppeln.
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Flashspeicher ersetzt Festplatten
Nicht nur Hochleistungschips, sondern auch ein schneller Zugriff auf Datenspeicher über sogenannte Flashlaufwerke machen neuerdings Rechenzentren flotter. Die im Fachvokabular als Solid State Drives, kurz SSD, bezeichneten Systeme verwenden ähnliche Halbleiter wie etwa die Datenkarten von Fotoapparaten oder Videokameras. SSD können innerhalb einer Sekunde bis zu 40 000-mal auf Daten zugreifen, herkömmliche Festplatten schaffen dagegen nur bis zu 180 Zugriffe.
Zudem brauchen die SSD im Vergleich mit Festplattensystemen nur ein Fünfzehntel der Energie. Die Speicherchips, die sich bisher bei Smartphones und Tabletcomputern als schnelle, platzsparende und robuste Alternative zur Festplattentechnologie bewährt haben, werden jetzt auch in Servern geschätzt.
Die Preise für Festplatten sind im Vergleich zu SSD allerdings deutlich niedriger. 50 Cent bis einen Dollar kostet ein Gigabyte Kapazität auf einer Festplatte, sechs Dollar und mehr sind es bei Flashchips. Die konventionelle Technologie dürfte deshalb in den Serverfarmen vorerst weiter dominieren.
Dennoch gibt es eine gute Nachricht für Flashhersteller wie Samsung, Sandisk oder Micron Technologies: Der Kapazitätsbedarf in den Datenzentren ist enorm. Der Markt für SSD-Laufwerke in Rechenzentren wird nach Schätzungen von IDC die Grenze von einer Milliarde Dollar pro Jahr rasch überschreiten. Für 2016 erwartet IDC bereits 1,6 Milliarden Dollar Umsatz.
Im Vergleich zu dem aktuellen Marktvolumen von 300 Millionen wäre das eine Verfünffachung in nur drei Jahren - und sollte erst der Anfang eines langen Booms sein. Zudem dürften technischer Fortschritt sowie höhere Produktionsmengen das Preisniveau sinken lassen und die Nachfrage weiter ankurbeln. "Flash spielt in der Evolution der Speichertechnologie eine zentrale Rolle", sagt David Goulden, Chef des Infrastrukturgeschäfts von EMC. Auch der Weltmarktführer bei Datenspeichersystemen setzt in seinen Rechenzentren zunehmend auf die neue Technologie.
Bei den jetzigen Preisen rechnen sich die ultraschnellen Speicherbausteine vor allem dort, wo besonders hohe Geschwindigkeiten gewünscht sind. "Es sind Kunden, die Schnelligkeit nicht in Milli-, sondern in Mikrosekunden messen", sagt Goulden. Das ist etwa im Aktienhandel oder bei der Erstellung von Börsenkursen der Fall. Oder bei Analysen der datenreichen Kommunikation zwischen Maschinen in Echtzeit.
Auch hier sind es also wieder die Webriesen, die den Wandel beschleunigen und Chipkonzernen wie Sandisk und Micron gute Geschäfte bescheren. Vor einigen Wochen brachte Amazons Cloud-Tochter AWS neue Server auf den Markt, die mit besonders viel SSD-Technologie viel schneller arbeiten sollen als die Maschinen von Google oder Microsoft.
Die Nachrüstung von Jeff Bezos’ Serverfarmen ist angelaufen. Es wird voraussichtlich nicht lange dauern, bis Googles Techniker, wie üblich als Installateure verkleidet, nachlegen werden.
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