"Die Entwicklung unseres Landes steht vor mehr und vor größeren Herausforderungen", warnte Ministerpräsident Li Keqiang anlässlich des jährlichen Parlamentstreffens. "Wir müssen uns daher auf einen schweren Kampf einstellen."

Bereits im vergangenen Jahr traten die Probleme offen zutage. Das Wachstum verlangsamte sich auf 6,9 Prozent, den niedrigsten Wert seit einem Vierteljahrhundert. Die Nachfrage im In- wie Ausland schwächte sich ab, die Investitionen stockten. Hinzu kamen Finanzmarktturbulenzen, die für Verunsicherung sorgten. Dies alles schlägt durch auf die Weltkonjunktur. Auch deutsche Exporteure bekommen die Flaute in China deutlich zu spüren, die sich nach Einschätzung von Experten im laufenden Jahr fortsetzen wird. Volkswirte erwarten eine weitere Abkühlung auf 6,5 Prozent, während die Regierung ein Rate zwischen 6,5 und sieben Prozent anstrebt.

AUFSTIEG ZUM HIGH-TECH-GIGANTEN



Das alte Wachstumsmodell ist an seine Grenzen geraten. Herkömmliche Industriezweige leiden unter Überkapazitäten und verschärfen die Umweltverschmutzung. Zahlreiche durch milliardenschwere Geldspritzen künstlich am Leben gehaltene Staatsbetriebe haben dramatisch an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Zugleich haben diese sogenannten "Zombiefirmen" gewaltige Schuldenberge aufgetürmt. Das soll sich in den kommenden Jahren ändern: Ineffiziente Teile des produzierenden Gewerbes sollen restrukturiert, die Konjunktur stärker auf Dienstleistungen und Hochtechnologie gegründet werden. Innovation sei die treibende Kraft für die Entwicklung des Landes, sagte Li zur Eröffnung des zwölftägigen Volkskongresses.

Seinen Plänen zufolge soll die Volksrepublik weltweit führend werden in der Halbleiterbranche, Robotikindustrie, Flugzeugausrüstung und Satellitentechnologie. Zugleich soll sie die Weiterentwicklung des Internets vorantreiben und zur Cybermacht aufsteigen. Der neue Fünfjahresplan, den die Abgeordneten absegnen sollen, sieht eine Anhebung der Forschungsausgaben auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vor. In der Periode von 2011 bis 2015 lag die Quote noch bei 2,1 Prozent.

Allerdings zeigt sich die Führung in Peking bemüht, die Staatsausgaben nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Zwar peilt sie für dieses Jahr ein höheres Defizit von drei Prozent des BIP an nach 2,3 Prozent 2015. Viele Investoren hatten aber auf eine höhere Vorgabe gehofft. Der Ökonom und frühere Zentralbank-Berater Yu Yongding forderte daher ein Anhebung der Defizitmarke. Commerzbank-Volkswirt Zhou Hao betonte dagegen, China sei zurückhaltend mit hohen Infrastrukturinvestitionen, um eine Schwächung der eigenen Kreditwürdigkeit zu verhindern.

KAMPF DEN ZOMBIEFIRMEN



Die Regierung muss einen schwierigen Spagat schaffen. Zum einen will sie das Wachstum auf eine gesündere Basis stellen. Zum anderen soll eine harte Landung der Konjunktur vermieden werden, da ansonsten soziale Unruhen drohen. Die Transformation wird ohnehin schwierig genug: Li will den "Zombiefirmen" an den Kragen. Sie sollen durch Fusionen ihre Existenzfähigkeit zurückgewinnen oder abgewickelt werden. Fünf bis sechs Millionen Arbeiter staatlicher Firmen werden wohl in den kommenden zwei bis drei Jahren ihre Arbeit verlieren, wie jüngst zwei mit dem Vorgang vertraute Personen sagten. Betroffen sind vor allem Kohle- und Stahlindustrie. Zugleich allerdings sollen in anderen Branchen zehn Millionen Arbeitsplätze neu entstehen, kündigte Li an. Die Arbeitslosenquote in Städten soll 2016 unter 4,5 Prozent bleiben.

Auch das Problem der grassierenden Umweltverschmutzung will die kommunistische Führung angehen. Erstmals legte sie eine Obergrenze für den Energieverbrauch fest. Hinzu kommen bestimmte Vorgaben, um den Wasserverbrauch effizienter zu machen. Spezielle Richtgrößen für den Außenhandel werden in den neuen Plänen jedoch nicht genannt, nachdem solche Ziele in den vergangenen Jahren verfehlt wurden.

Reuters