Die meisten Börsen in Europa gönnen sich seit April 2015 eine Auszeit vom im März 2009 aufgenommenen Aufwärtstrend. Wer nach einem noch völlig intakten Bullenmarkt sucht, wird am anderen Ende der Welt fündig. In Neuseeland weist der Leitindex

NZX 50

nicht nur für 2016, sondern auch für die vergangenen zwölf Monate deutliche Kursgewinne auf. Seit Anfang März 2009 beträgt das Plus sogar rund 187 Prozent. Diese Bilanz zeigt, dass man nicht nur über eine atemberaubende Natur verfügt, die eine perfekte Kulisse für Hollywood-Filme wie "Der Herr der Ringe" oder "Der Hobbit" abgibt, sondern auch über ein gutes Drehbuch für steigende Aktienkurse.

Indes ist es vor allem die Natur, die zahlreiche Touristen anlockt. Der Tourismussektor ist inzwischen die wichtigste Stütze für die Wirtschaft. Das dürfte helfen, die Dellen etwas auszubügeln, die der noch immer sehr wichtige Agrarsektor hinterlässt. Dieser schwächelt derzeit. Zuletzt sanken etwa die Milchpreise deutlich. Für Neuseeland, das zu den weltweit führenden Exporteuren von Molkereiprodukten zählt, ist das eine Belastung.

Umso höher ist die trotzdem robuste Entwicklung der Konjunktur einzustufen. 2015 reichte es laut BayernLB zu einem Wirtschaftswachstum von 2,7 Prozent. 2016 sowie 2017 sollen es 2,2 Prozent und 2,5 Prozent werden. Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist für 2016 etwas zurückhaltender und erwartet ein Plus von 2,0 Prozent. Diese Prognosen könnten allerdings wackeln, falls sich der heiß gelaufene Immobilienmarkt abkühlen sollte. Vor daraus möglicherweise resultierenden Stabilitätsgefahren warnte jüngst sogar die Notenbank.

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Hohe Dividenden, hohe Bewertungen



Bislang sind Marktteilnehmer in dieser Hinsicht noch sorglos, wie die Börsenentwicklung zeigt. Das Interesse von Anlegern aus dem Ausland, vor allem aus China, ist ungebrochen. Nicht zuletzt eine durchschnittliche Dividendenrendite von 3,9 Prozent lockt sie an. Im Niedrigzinsumfeld ist das üppig. Allerdings war sie in der Vergangenheit bei einem Zehnjahresdurchschnitt von 4,4 Prozent auch schon höher.

Die Hausse hat indes zu hohen Bewertungen geführt. Das Analysehaus Capital Economics beziffert das Markt-KGV auf 19,3. Dem steht ein Zehnjahresdurchschnittswert von 17,0 gegenüber. Auf geglätteter Gewinnbasis der vergangenen zehn Jahre würde das KGV sogar auf 24,5 hochschnellen. Auch wenn die Gewinne der Unternehmen 2016 um rund neun Prozent steigen sollen, müssen Anleger vor diesem Hintergrund das Risiko einer Überhitzung im Blick behalten. Bei der Auswahl kaufenswerter Aktien sollten sie die Bewertung berücksichtigen.

Auf der Suche nach geeigneten Investments liegt der boomende Tourismussektor nahe. Im Berichtsjahr bis Ende April 2016 kamen der Statistikbehörde Statistics New Zealand zufolge 10,6 Prozent mehr Besucher ins Land. Mit einem Plus von 25 Prozent überstiegen deren Ausgaben erstmals zehn Milliarden Dollar. Mit Platz 67 weltweit bei den Besuchern pro Kopf und Rang 107 bei den Besuchern pro Quadratkilometer besteht aber noch viel Potenzial. Wird dieses ausgeschöpft, dürfte die Aktie des Auckland International Airport profitieren. Allerdings müssen Anleger bei der Bewertung ein Auge zudrücken. Günstiger ist Tourism Holdings. Der weltgrößte Vermieter von Wohnmobilen punktet zudem mit einer attraktiven Dividendenrendite von über sechs Prozent. Bei Nuplex Industries beläuft sie sich auf fast sechs Prozent. Dazu schätzen Analysten das Gewinnwachstum des Harze-Produzenten für Farben- und Lackhersteller für die nächsten fünf Jahre auf rund 19 Prozent jährlich.



Restaurant Brands New Zealand ist der Lizenzbetreiber der lokalen Vertretungen von KFC, Pizza Hut und Starbucks. Die Ergebnisse sollen auf Sicht von fünf Jahren den Prognosen zufolge um gut 17 Prozent jährlich steigen. Deutliche Gewinnsprünge werden auch dem vor allem in den USA starken Holzverarbeiter Tenon zugetraut. Treffen die Vorhersagen ein, bewegt sich das KGV dank der in diesem und im kommenden Jahr erwarteten deutlichen Ergebnisverbesserungen sogar im einstelligen Bereich.



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