Corona-Gewinnern ergeht es anders: Servicekräfte konnten nicht vor Ort geschickt werden, in der Produktion hakte es vor allem bei technisch aufwendigen Rotorblättern, die Fertigung geriet hinter Plan, Material musste von außen teuer einkauft werden. Kein Zweifel, der Windkraftanlagenbauer Nordex litt zuletzt heftig unter der Pandemie. Doch nach harten Monaten sieht Chef José Luis Blanco jetzt Besserung am Horizont.
"Das Geschäft war signifikant von Corona betroffen. Doch unser Output steigt jetzt stabil. Bis Anfang kommenden Jahres sind wir auch bei den Rotorblättern wieder im Plan", sagt der Spanier. Als deutliches Signal an den Kapitalmarkt hatte Blanco bei Vorlage der Neunmonatszahlen auch eine Prognose für 2020 im Gepäck: 4,4 Milliarden Euro Umsatz sollen es im laufenden Jahr werden und zwei Prozent operative Marge (Ebitda).
Bis dato hatten die Hamburger Corona-bedingt auf eine Vorhersage verzichtet. Mit gutem Grund: Bereits vor Corona waren die Prognosen der Hamburger öfter ins Wanken geraten. Schon seit Jahren ist das Geschäft mit Windturbinen hart umkämpft. Die Umstellung von einem Einspeisevergütungs- auf ein Auktionsmodell bei der Auftragsvergabe für Windparks in Deutschland etwa belastet die Profitabilität der Hersteller deutlich. Hinzu kamen im internationalen Geschäft Belastungen etwa durch die Zollthematik. Nordex passte seine Bezugsquellen im US-Geschäft an und kaufte viel in Mexiko ein - und geriet durch die ausgeprägte Pandemie dort sodann in Schwierigkeiten.
Installierte Basis ausgebaut
Doch das Team um Blanco hat gezeigt, dass es mit hohen Belastungen zurechtkommt. Trotz Corona steigerten die Nordlichter in neun Monaten ihre installierte Kapazität auf 3,8 Gigawatt, ein Plus zum Vorjahreszeitraum von 140 Prozent. Der Auftragsbestand bleibt mit 7,9 Milliarden Euro Volumen hoch.
Einer der Treiber hierfür ist die Delta4000-Turbine. Mit ihr hat das Unternehmen einen Verkaufsschlager in der bei Betreibern von Onshore-Windparks beliebten Leistungsklasse von vier bis fünf Megawatt im Portfolio. Jüngst vermeldete Nordex erneut einen Großauftrag aus den USA: Ein Windpark in Texas soll mit den Maschinen bestückt werden. Dank ihrer Profitabilität lohnen sich die Orders endlich auch für die Hamburger.
Hinzu kommt das günstige politische Umfeld. Die Europäische Union will regenerative Energien in ihrem Green Deal fördern. Auch der gewählte US-Präsident Joe Biden, der dem Pariser Klimaabkommen wieder beitreten will, bevorzugt CO2-arme Energiequellen. "Das Umfeld könnte uns zusätzliches Momentum bringen", sagt Blanco. Aktuell scheint also der jahrelange Preisdruck erst einmal Vergangenheit zu sein. "Momentan sieht das nach einer soliden Entwicklung bei den Preisen aus", sagt Commerzbank-Analyst Sebastian Growe.
Wegen der starken Nachfrage wagt der Nordex-Chef eine neue Mittelfristprognose: Bis 2022 wollen die Hamburger rund fünf Milliarden Euro Umsatz schaffen - mit einer operativen Gewinnmarge von acht Prozent. Der bessere Produktmix mit einem starken Anteil an Delta4000-Orders ist laut Blanco ein Treiber. Daneben will der Chef die Lieferkette weiterentwickeln, die Kapazitäten ausbauen und von Skaleneffekten profitieren. Nordex schließe die Profitabilitätslücke zu den Wettbewerbern, auch die Bewertung der Aktie hole auf, begründete Analyst Guido Hoymann von Metzler die Anhebung seines Kursziels von 16 auf 22 Euro.
Wende: Analysten erwarten den Turnaround für 2021 und ein Jahr später starkes Gewinnwachstum. Rücksetzer nutzen.