Bei Nordex hat sich der Wind gedreht: Die Ergebnisse des TecDax-Konzerns lagen nach dem enttäuschenden Jahresbeginn deutlich über den Erwartungen der Analysten.
Der operative Gewinn (Ebitda) sank im ersten Halbjahr zwar um 14 Prozent auf 117,5 Millionen Euro. Experten hatten jedoch mit einem noch niedrigeren Wert gerechnet. "Nach einem verhaltenen Start in das Jahr 2017 hat unser Geschäft im zweiten Quartal wieder Fahrt aufgenommen," schrieb Nordex-Chef José Luis Blanco in einem Aktionärsbrief.
Nordex steigerte den Umsatz in den ersten sechs Monaten leicht und erzielte ein Plus von 1,2 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro. Analysten hatten sinkende Erlöse erwartet. Treiber war vor allem das Service-Segment, das um 24 Prozent auf 150,4 Millionen Euro wuchs. Der Konzern erreichte eine Ebitda-Marge von 7,8 Prozent (1. HJ 2016: 9,2 Prozent).
Aufträge besser als erwartet
Der Auftragseingang entwickelte sich besser als erwartet. Dieser Wert sank zwar um 32 Prozent auf 904,6 Millionen Euro (1,3 Milliarden) - Experten hatten aber mit noch weniger gerechnet. Grund für das Minus war vor allem das Geschäft in Europa. Nur 43 Prozent der Aufträge kamen vom heimischen Kontinent. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 68 Prozent.
Trotz überraschender Ebitda-, Umsatz- und Auftragszahlen brach der Nettogewinn um 55,7 Prozent auf 22,6 Millionen Euro ein (51,0 Millionen). Blanco kündigte am Donnerstag an, die Kosten zu senken. "Das Geschäftsvolumen in Europa schrumpft und dem müssen wir uns anpassen." Es droht ein Stellenabbau: "Wir sind mit den Arbeitnehmervertretern bereits in Verhandlungen," sagte der seit Februar amtierende Chef. Von insgesamt 5200 Mitarbeitern sind 3500 in Deutschland beschäftigt.
Prognose unverändert nach Gewinnwarnung
Dank guter Zahlen aus den USA und Südamerika ist der Konzern zuversichtlich, seine Jahresziele zu erreichen. "Wir begegnen den Veränderungen im Geschäftsvolumen mit einer verstärkten Disziplin bei den Kosten, um unsere Profitabilität zu stützen." Blanco hoffe zudem auf ein starkes zweites Halbjahr.
Der Umsatz soll im laufenden Jahr zwischen 3,1 und 3,3 Milliarden Euro liegen. Damit würden die Erlöse im Vergleich zum Vorjahr sinken: 2016 hatte Nordex noch 3,4 Milliarden Euro umgesetzt. Der Windanlagenbauer peilt für 2017 eine Ebitda-Marge zwischen 7,8 und 8,2 Prozent an.
Im Februar hatten die Rostocker die Anleger mit einer Gewinnwarnung wegen verschobener Großprojekte geschockt.
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Einschätzung der Redaktion
Anleger feierten die Zahlen von Nordex am Donnerstag. Die Aktie setzte sich mit einem Plus von zeitweise sechs Prozent an die TecDax-Spitze und blieb damit auf Erholungskurs. Nach der Gewinnwarnung im Februar brach der Kurs innerhalb von zwei Handelstagen um fast 30 Prozent ein.
Die Bilanz von Nordex hat aber auch Tücken: Der Konzern verdiente im Vergleich zum Vorjahr weniger, Auftragseingang und Ebitda-Marge sanken, der Umsatz stieg nur minimal. Ob das die Trendwende ist, bleibt fraglich. Im zweiten Halbjahr werden mehr denn je die Auftragseingänge im Fokus stehen. Diese müssen deutlich schneller und stärker zunehmen.
Nordex muss die Stromgestehung günstiger machen. Das sind die Kosten, die bei der Erzeugung von Strom durch erneuerbare Energien entstehen. Dazu stellt der Konzern im Spätsommer ein neues Produkt vor. Dies befände sich "auf Augenhöhe mit den führenden Anbietern," so Blanco. Die Serienproduktion beginne im Jahr 2019. Der Artikel sei schon von einigen Kunden in die Planung aufgenommen worden.
Das Geschäftsumfeld des TecDax-Konzerns bleibt weiter schwierig. Der chinesische Staat subventioniert heimische Firmen, was auf die Preise drückt. Im großen US-Markt könnte US-Präsident Donald Trump - ein Kohle-Befürworter - Probleme bereiten: Er verkündete jüngst den Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen.
Charttechnisch ist das Papier vielversprechend. Im laufenden Jahr ist der Kurs bereits um fast 40 Prozent gefallen. Mittlerweile deutet sich aber ein leichter Aufwärtstrend an, bei der Marke von 11,50 Euro bildet sich ein Boden. Mit dem Kurssprung vom Donnerstag schaffte es das Papier über die 55-Tage-Linie bei 11,89 Euro. Nun bleibt abzuwarten, ob diese Schwelle nachhaltig durchbrochen wird. In diesem Fall würden sich große Chancen auf Gewinne von bis zu 33 Prozent ergeben: Durch den Kurssturz im Februar wartet zwischen 16,35 und 15,60 Euro ein Gap. Spekulative Anleger setzen auf ein Comeback.
Empfehlung: Kaufen.
Kursziel: 16,35 Euro
Stoppkurs: 10,00 Euro