Susanne Klatten, größte Aktionärin, hat Nordex schon vor Jahren überzeugt. Mit einem Vermögen von geschätzten acht Milliarden Euro ist Susanne Klatten die reichste Frau Deutschland. Der Grundstock ihres Vermögens war neben dem Aktienpaket an BMW der Altana-Konzern. Susanne Klatten gehört nicht der Generation Erben an, die sich auf dem Vermögen ausruhen, sie hat auch den Unternehmersinn geerbt. Vermögen muss investiert und gemehrt werden. 2006 gründete Susanne Klatten ihre Investmentgesellschaft Skion mit einer klar umrissenen Philosophie.
Das Geld wird in wachstumsstarke Zukunftstechnologien investiert. So sind im Beteiligungsportfolio Unternehmen zu finden, die sich mit Wasseraufbereitung beschäftigen. Ein anderes recycelt Altöl. Was allen Beteiligungen gemein ist, sie sollten Potenzial haben für ein überdurchschnittliches Wachstum. Nordex scheint nach einer langen Durststrecke wieder beides zu haben.
Mit 300 Millionen Euro stieg Klatten im Sommer 2008 beim Windanlagenbauer Nordex ein und erwarb ein 20Prozent-Aktienpaket. Aus heutiger Sicht ein schlechter Einstiegszeitpunkt. Die Nordex-Aktie notierte bei über 32 Euro. Die Lehmann-Pleite und die folgende Weltwirtschaftskrise drückten den Kurs zum Jahresende 2008 in einstelligen Regionen. Die katastrophalen Kursverluste die im Tief bei 2,65 Euro endeten, dauerten an bis 2012. Klatten blieb ihrem Investment bis heute treu.
In der Krise signalisierte sie ihre Unterstützung und sie zog auch bei der Kapitalerhöhung im vergangenen Jahr mit. Die Kapitalmaßnahme hat Nordex’ Bilanz im vergangenen Jahr um rund 70 Millionen Euro aufgebessert und die Gespräche mit den Banken unterstützt. Nordex konnte kurzfristige Kredite mit schlechten Konditionen in eine stabile Finanzierung bis 2017 erreichen.
Als im März 2012 Jürgen Zeschky neuer Vorstandsvorsitzender wurde, startete der eine konsequente Neuausrichtung. In Zeschkys Worten: Wir holen den Konzern auf den Boden zurück. Aus dem internationalen Konzern, wird ein Spezialanbieter für komplexe Lösungen, der keinen Wert auf Masse, sondern auf Klasse legt. Die Offshore-Geschäfte wurde aufgegeben. "Wir können nicht überall die Besten sein", erklärt Zeschky. Nordex zog sich auch aus China zurück und machte unrentable Fertigungswerke in den USA dicht. Dafür wurde der Produktionsstandort in Rostock ausgebaut. Der Fokus wurde auf kleine und mittlere Windparks geschärft, die auch in schwierigen, windschwachen Gebieten unter Kälte oder brütender Sonne Strom liefern. Der Schlüssel zum Erfolg sind die sogenannten Turnkey-Projekte.
Nordex bietet seinen Kunden von der Planung, dem Bau bis hin zur Steuerung und Überwachung sowie der Wartung und Betriebsführung, bei Bedarf sogar die Finanzierung, praktisch alles aus einer Hand an. Das garantiert regelmäßige Einkünfte durch Service- und Betriebsgebühren. Die Neuausrichtung brachte die operative Trendwende. Nach verlustreichen Jahren kehrte Nordex 2013 in die Gewinnzone zurück. Seit 2012 legte der Umsatz um gut 55 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro zu. Bereits im laufenden Jahr werden die Rostocker, die ursprünglich erst für 2015 angestrebten Umsatz- und Renditeziele erreichen. 2014 soll der Umsatz auf bis zu 1,5 Milliarden Euro steigen und die EBIT-Marge zwischen 3,5 und 4,5 Prozent liegen.
Die Weichen sind gestellt. Auf einem Investoren-Tag Ende September stellte Zeschky die längerfristigen Ziele vor. In den kommenden Jahren will sich Nordex vor allem auf die Steigerung der Profitabilität konzentrieren. Bis 2017 soll der Umsatz auf zwei Milliarden Euro steigen und die operative Ebit-Marge sieben bis acht Prozent erreichen. Vor allem im Design eines Windparks sieht Zeschky das Potenzial für Ertragssteigerungen.
Starken Rückenwind für die gesamte Branche gab es vergangene Woche von der Messe "Wind Energy" in Hamburg. Ein Heimspiel für Nordex, die auf der Messe ihre neueste Anlagengeneration Delta für Schwachwindlagen vorstellte. Die Rotordurchmesser reichen bis 131 Meter, die Höhen der Windräder können 141 Meter erreichen. Bereits mehr als 110 Turbinen hat Nordex nach Schweden, Finnland, Großbritannien, den Niederlanden und in die Türkei schon fest verkauft. Der jüngste Auftrag für diese Delta-Gattung kam aus Nordrhein-Westfahlen. Aus Deutschland kommt auch der bisher größte Einzelauftrag, den Nordex im September meldete. Süd-östlich von Berlin wird ein Windpark errichtet für den Nordex 24 Windenergieanlagen liefern wird.
Durchwegs positiv beurteilen auch die Analysten, die den Tec-Dax-Titel beobachten die Aussichten des Unternehmens. Alleine im September gaben sechs Investmentbanken ein positives Analystenurteil ab. Die Kursziele reichen bis 19,50 Euro. Ausgehend vom aktuellen Kurs ein zweistelliges Renditepotenzial. Neben den guten Aussichten und dem Wachstumspotenzial könnte man einen dritten Baustein vermissen: die Dividende. Vor 2015 rechnet niemand mit einer Ausschüttung. Voraussetzung dafür sei erst einmal ein operativer Gewinn und ein hoher freier Cashflow, sagt das Unternehmen. Für Zeschky ist sowieso klar: "Die meisten unserer Aktionäre kaufen die Nordex-Aktie meiner Einschätzung nach nicht wegen einer möglichen Dividende, sondern wegen der Kursentwicklung."
Susanne Klatten nimmt sich hier nicht aus. Dividende erhält sie ja jedes Jahr aus ihrem BMW-Paket in Millionenhöhe. Kräftige Kursgewinne dagegen erhofft sie sich von Nordex.