An der Börse allerdings zünden solche Meldungen nur ein kurzes Strohfeuer. Die Aktie ist auf Jahressicht um ein gutes Drittel gefallen. Es geht aber auch anders, wie die Anteilscheine des großen dänischen Wettbewerbers Vestas Wind Systems zeigen. Sie legten um 25 Prozent im gleichen Zeitraum zu und notieren so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Offensichtlich ist also mehr drin. Dass das Aufholpotenzial beträchtlich ist, offenbart auch der Bewertungsvergleich. Die Relation zwischen Unternehmenswert (Börsenwert plus Schulden) und Betriebsergebnis liegt bei Nordex bei 6,5. Bei den Dänen hingegen sind die Investoren bereit, fast das Doppelte zu zahlen. Was ist die Erklärung für diesen Unterschied, und kann Nordex diese Lücke schließen?
Margen sind noch zu niedrig
Vor nicht ganz fünf Jahren übernahm Nordex die Windenergiesparte des spanischen Mischkonzerns Acciona. Der Deal, der Acciona zum Hauptaktionär machte, verschaffte dem Konzern mehr internationale Präsenz, verursachte aber Sonderkosten. Die Neuaufstellung drückt immer noch auf die Margen. Aktuell kommt noch hinzu, dass die Corona-Pandemie Nordex wohl stärker trifft. Das Unternehmen hat keine großen Offshore-Projekte und ist auch in Schwellenländern aktiv. Hier behindern etwa Reiseeinschränkungen die Abwicklung. Die für dieses Jahr geplante Ertragsverbesserung liegt deshalb auf Eis.
Sie wird aber kommen. Nordex hat eine neue Turbinengeneration entwickelt, die rentabler produziert werden kann. Im Auftragseingang 2019 betrug der Anteil der Delta4000-Plattform mehr als 40 Prozent. Beim Auftragseingang im ersten Quartal lag ihr Anteil bei über 80 Prozent. Das heißt: Mit hoher Wahrscheinlichkeit kommt der Moment, an dem die Margen in die Höhe springen werden. Dann baut die Aktie den Bewertungsabschlag ab. Sie könnte sich verdoppeln. Anleger mit Geduld haben ein Sicherheitspolster. Das Servicegeschäft, also die Wartung der installierten Anlagen, erreicht bald eine halbe Milliarde Euro an Erlösen. Hier lagen die Margen im ersten Quartal bei 18 Prozent. Heißt: Der Wert des Servicegeschäfts deckt den aktuellen Börsenwert von fast einer Milliarde Euro ab.