von Herausgeber Frank-B. Werner
Nach der Ankündigung des Rekordverlustes von 6,7 Milliarden Euro für 2015 in der vergangenen Woche kommt vielen ein Satz von Deutsche-Bank-Co-Chef John Cryan aus dem November wieder in Erinnerung: "Ich glaube, dass die Leute im Banksektor zu viel Geld verdienen", erklärte er auf einer Veranstaltung der Universität Frankfurt. Bei der anstehenden Festlegung der Boni für 2015 muss Cryan nun Nägel mit Köpfen machen. Den Aktionären hat er für 2015 und 2016 die Dividende gestrichen, die für 2014 immerhin in Summe eine Milliarde Euro ausmachte. Die Boni betrugen im vergangenen Jahr insgesamt 2,7 Milliarden. Meint es Cryan mit Sparen und Kulturwandel ernst, muss er da nun ran. Das dürfte ihm in diesem Jahr sogar relativ leicht fallen, weil das traditionelle Argument gegen eine Kürzung der Prämien - die besten Kräfte wandern zur Konkurrenz ab - in schlechten Zeiten nicht mehr zieht. Überall im Investmentbanking werden derzeit Jobs abgebaut oder gar ganze Geschäftsfelder aufgegeben. Ohne Wechselmöglichkeit ist schlecht wechseln.
Julia Klöckner beteuert brav das Gegenteil, aber ihre Vorschläge für eine nationale Begrenzung der Migrationsbewegungen sind natürlich eine Korrektur am Kurs der Kanzlerin. Ob die rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende wenige Wochen vor den Landtagswahlen damit das Ruder herumreißen kann, steht in den Sternen. Doch so oder so hat sie den Skeptikern in der Union eine hochrangige Stimme gegeben. Auch wenn Klöckners Motiv vordergründig auf die Eindämmung des sich abzeichnenden Aufstiegs der AfD abzielt - weshalb Angela Merkel wohl auch schweigt - am Ende geht es tatsächlich darum, in den nächsten Wochen einen pragmatischen Kurs zu finden. Je mehr Spitzenpersonal der Union darauf drängt, umso besser für das Land.
Eine gute Nachricht in Zeiten, die von rückläufigen Konjunkturdaten und pessimistischen Erwartungen geprägt sind: Siemens hat die Gewinnprognose für 2016 angehoben. Noch kann man günstig kaufen.