von Herausgeber Frank-B. Werner
Mit großem Trara wird uns seit dem Wochenende ein sogenanntes Swiss-Leak
präsentiert. NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung, Teil des aus Medien aus
40 Ländern bestehenden "Consortium of Investigative Journalists", berichten
über Namen, die zu 106 458 Kontoverbindungen von Firmen und Personen aus
203 Staaten gehören, die der HSBC-Informatiker Hervé Falciani 2007 seinem
Arbeitgeber gestohlen und den französischen Steuerbehörden übergeben
hatte. Ohne dass man weiß, ob sie etwas Unrechtes getan haben, werden nun
einige Prominente in einen unappetitlichen Zusammenhang gerückt: Die seit
den 90er-Jahren in der Schweiz lebende Sängerin Tina Turner, der Popstar
David Bowie sowie die Schauspieler Joan Collins und John Malkovich. Sie
geben den Neuigkeitswert, um einen alten Hut als brandheiße Geschichte zu
verkaufen - dass die HSBC nämlich über viele Jahre überall auf der Welt die
Augen zudrückte und sich so nicht nur in Steuerhinterziehung, sondern auch
in Terrorfinanzierung und Geldwäsche im Zusammenhang mit Drogen- und
Waffenhandel verstrickte: HSBC-, nicht Swiss-Leak. Bereits vor drei Jahren hat
die (an der Marktkapitalisierung gemessen) größte Bank Europas die damit
zusammenhängenden Verfahren in den USA mit einer Buße von 1,9 Milliarden
Dollar abgeschlossen, in Frankreich und der Schweiz zahlte sie wegen ihres
Fehlverhaltens ebenfalls hohe Bußen. Auch für Journalisten scheint es ein
Recht auf Vergessen zu geben - zumindest, wenn es ihnen in den Kram passt,
um ein paar Prominente hinzuhängen. Dass eine der größten Banken der Welt
auch ehrliche Kunden haben könnte, würde die "Enthüllung" kaputtmachen.
Ganz gegen seine Gewohnheit redete der frühere Fed-Chef Alan Greenspan
einmal Klartext. Der Ausstieg Griechenlands aus dem Euro sei unvermeidlich,
war der Meister zu Beginn der Woche zu vernehmen. Vor vier Jahren wäre es
der richtige Ratschlag gewesen, heute sind die Griechen mit ihrer Rosskur fast
durch: positiver Primärhaushalt, positive Leistungsbilanz. Auch wenn seine
Rhetorik anders klingt, Herr Tsipras wird das nicht aufs Spiel setzen.