Dazu passen die Erkenntnisse der Frankfurter Firma Sentix, die sich auf Börsen­psychologie spezialisiert hat. Während sich einige Wirtschaftsforschungsinsti­tute und die Bundesregierung noch schwertun, ihre Wachstumsprognosen fürs laufende Jahr nach unten zu korrigieren, liefert der zeit-­ und markt­nähere Sentix­-Index ein eindeutiges Bild: Die Erwartungen der mehr als 1200 befragten Marktteilnehmer für die Zukunft sind so stark gefallen wie nie zuvor. Im Klartext: Weder in der Finanzkrise 2007/08 noch beim Corona­-Crash 2020 war die Stimmung so schlecht wie heute.

Angesichts der Schreckensbilder aus der Ukraine und der immer schärferen Drohungen von Russlands Präsident Wladimir Putin gegenüber EU und Nato ist das kein Wunder. Woraus leiten wir in einem solchen Umfeld die Annahme ab, dass 2023 alles besser wird? Da ist zum einen der menschliche Selbsterhaltungstrieb, der die russische Seite hoffent­lich dazu bewegen wird, dass der Konflikt wenigstens regional begrenzt bleibt. Zum anderen gewöhnen sich die Kapitalmärkte, so brutal das klingt, erstaunlich schnell an neue und eben auch an bedrohliche Situationen.

Nicht vorenthalten wollen wir Ihnen jedoch ein Statement, das uns der Det­molder Vermögensverwalter Markus Schön zukommen ließ: "Vielleicht ver­folgt Putin mit dem Krieg ein weiteres Ziel - das überschuldete westliche Finanzsystem zu zerstören. Erste Risse werden mit den Panikverkäufen sicht­bar." Die westlichen Sanktionen zielen darauf ab, die russische Gesellschaft zu spalten und den Kremlführer dadurch zu schwächen. Sollte es Putin gelingen, den Spieß umzudrehen und den sozialen Frieden im demokratischen Teil der Welt zu sprengen - etwa durch unbezahlbare Energiekosten und die Gefähr­dung der Alterssicherung infolge einer lang anhaltenden Talfahrt der Kurse -, wäre sein Plan noch perfider, als unsere Politiker ihm zugetraut hätten.