So wie Börsianer zunächst überhaupt nichts vom Coronavirus wissen wollten, so ignorieren sie derzeit jede positive Meldung: Die Lage in China, wo das Unheil seinen Anfang nahm, stabilisiert sich. Es gibt kaum noch Neuinfektionen, die Zahl der Heilungen hat die 60 000 überschritten, nur noch knapp 20 000 Fälle werden akut behandelt, die ersten Notkrankenhäuser sind geschlossen. Die Produktionskapazitäten werden wieder angefahren; Ende des Monats soll die Auslastung landesweit im Durchschnitt wieder bei 90 Prozent liegen. Durch Überbrückungskredite hatte man es geschafft, fast alle Unternehmen vor einer Insolvenz zu bewahren. Nach dem scharfen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts-Wachstums im ersten Quartal wird für das zweite nun bereits mit einer Erholung gerechnet. Sollte das die Blaupause auch für das weitere Geschehen in Europa sein? Dann haben wir zu Anfang der Woche Kaufkurse gesehen. Übrigens: Vor elf Jahren markierte der MSCI World sein Tief in der Finanzkrise. Wer damals zugriff, hat das nicht bereut.
Die Korrektur könnte aber auch weit stärker ausfallen, wenn das Szenario zutrifft, das Konrad Hummler, langjähriger Miteigentümer der Schweizer Vermögensverwaltungsbank Wegelin, zeichnet. Er geht davon aus, dass die Unterbrechung der Lieferketten viele Unternehmen zu einem Umdenken bringt: Aufbau von Lagerkapazitäten und Redundanzen im Produktionsapparat, Erhöhung der geografischen Diversifikation von Lieferbeziehungen und Produktionsstätten. Das verbessert für die Zukunft die Versorgungssicherheit, hat aber unmittelbare Kostenfolgen. Behält er recht, kann sich die Konsolidierung durchaus noch fortsetzen.
Der Rekordsturz des Ölpreises zu Wochenanfang ist zwar bitter für Anleger, die in dieser Branche investiert sind. Für die Weltwirtschaft dürften die dramatisch gesunkenen Energiepreise indes wie ein kleines Konjunkturprogramm wirken.