von Herausgeber Frank-B. Werner
Mitte des Monats ist John Gutfreund gestorben. Der eine oder andere erinnert sich an ihn als Figur in dem Roman "Wall Street Poker" von Michael Lewis. Darin wird der Partner der berühmt-berüchtigten Investmentbank Salomon Brothers nicht gerade freundlich beschrieben: Ein Rauhbein, das im Handelssaal Zigarren raucht und mit Kollegen um eine Million Dollar wettet, ob die Seriennummer auf einem beliebigen Dollarschein gerade oder ungerade ist. Der frühere New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg, mit der gleichnamigen Finanzinformationsfirma zum Milliardär geworden, hat ihn anders in Erinnerung: "Brilliant, ehrlich, fürsorglich, zäh." Gutfreund steht gleichermaßen für die gute wie für die schlechte alte Zeit. Als er mit 49 Jahren Salomon-Chef wurde, verdiente er drei Millionen Dollar im Jahr - ein Betrag, der bei den großen Jungs der Branche heute mildes Lächeln auslösen dürfte. Kurz darauf bildete ihn die "Business Week" als "King of Wall Street" auf der Titelseite ab, und Gutfreund wurde einer der ersten der Finanzszene, der sich mit seiner zweiten Frau, der ehemaligen PanAm-Stewardess Susan Kaposta, als Glamourpaar inszenierte - im Badezimmer brauchte es immerhin einen Kühlschrank für Parfümfläschchen. Unter seiner Ägide erfand Salomon Brothers die hypothekengesicherten Anleihen, genau jene Wertpapiere, deren unsachgemäßer Gebrauch 25 Jahre später dem globalen Finanzsystem seine bislang eindrücklichste Nahtoderfahrung brachte. John Gutfreund wurde 86 Jahre alt.
"Rettet unsere Börse", titelte die "Daily Mail". Damit stellte sich die Boulevardzeitung an die Spitze der Gegner der von London Stock Exchange und Deutsche Börse Frankfurt geplanten Fusion. Mehr als zwei Jahrhunderte habe die Londoner Börse "die Kriege gegen Napoleon und Hitler überlebt", da dürfe man doch dieses Kronjuwel nicht an die Deutschen verscherbeln, so die "Mail".
Das ist eine gute Nachricht: Trotz der Anschläge in Brüssel blickten Börsianer an Ostern auf eine gute Woche zurück. Wir lassen uns nicht einschüchtern!